Für den Aufsichtsrat, der damit öffentlich an den Pranger gestellt wird, kann die Entlastungsverweigerung daher auch ohne rechtliche Konsequenzen durchaus schmerzhaft sein. Dennoch stehen ihm kaum Rechtsmittel zu, um sich gegen das Misstrauensvotum zu wehren. Ein Anspruch auf Entlastung besteht nicht.
Aus der ThyssenKrupp-Bilanz 2011/2012
2010/2011: 50,2 Milliarden Euro
2011/2012: 48,7 Milliarden Euro. Das entspricht einem Minus von drei Prozent.
2010/2011: 49 Milliarden Euro
2011/2012: 47 Milliarden Euro. Das entspricht eine Minus von vier Prozent.
2010/2011: - 1,3 Milliarden Euro
2011/2012: - 4,7 Milliarden Euro
2010/2011: 10,4 Milliarden Euro
2011/2012: 4,5 Milliarden Euro. Damit hat ThyssenKrupp sein Eigenkapital mehr als halbiert ( - 56 Prozent)
2010/2011: 3,6 Milliarden Euro
2011/2012: 5,8 Milliarden Euro. Die Nettofinanzschulden sind damit gegenüber dem Vorjahr um mehr als 60 Prozent gestiegen.
2010/2011: 0,45 Euro
2011/2012: keine Dividende
Zum Stichtag am 30. September 2012 beschäftigte ThyssenKrupp 167.961 Mitarbeiter. Das sind mehr als 12.000 weniger als im Vorjahr.
Das Aufsichtsratsmitglied kann weder den von der Hauptversammlung gefassten Beschluss über die Verweigerung der Entlastung anfechten, noch kann es per Klage durchsetzen, dass ihm positiv Entlastung zu erteilen ist. Auch stehen ihm keine Schadensersatzansprüche zu, wenn ihm zu Unrecht die Entlastung verweigert wird. Dies ist das Spiegelbild zu den fehlenden rechtlichen Konsequenzen der Entscheidung. Das Aufsichtsratsmitglied muss das Votum der Aktionäre daher im Zweifel hinnehmen.
Lediglich dann, wenn die Entlastung willkürlich oder aus völlig sachfremden Bestrebungen heraus verweigert wird, kann ein Grund für eine Amtsniederlegung oder eine Anfechtungsklage gegeben sein. Allerdings ist die Beschreitung des Klageweges für einen Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft strategisch fragwürdig.
Die Entlastung entfaltet keine Verzichtswirkung für etwaige Schadensersatzansprüche. Deshalb hat das Aufsichtsratsmitglied auch keine eigenständige Klagebefugnis, sondern ist auf die Aktion der Aktionäre oder des Vorstandes angewiesen. Und ob die Reputation eines Aufsichtsrats über ein langandauerndes Gerichtsverfahren wiederhergestellt werden kann, darf bezweifelt werden.
Für Aufsichtsräte wie auch für die Aktionäre ist die Rechtslage unbefriedigend. Eine Reform der Corporate Governance in diesem Punkt könnte für mehr Rechtssicherheit sorgen.