Rein rechtlich

Ausspähsoftware zur Mitarbeiterüberwachung geht zu weit

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Ausdrückliches Einverständnis und Abmahnung erforderlich

Eine Einwilligung des Mitarbeiters als Erlaubnis für die Datenverarbeitung scheidet ebenfalls aus, da eine solche stets ausdrücklich zu erfolgen hat. Dass der Mitarbeiter auf die Ankündigung des Arbeitgebers, dieser wolle den "Internet-Traffic" und die Benutzung der Systeme überwachen, nicht widersprochen hat, ist daher unerheblich. Bloßes Schweigen von Arbeitnehmern stellt keine formgerechte Einwilligung dar.

Beweisverwertungsverbot

Datenschutzrechtswidrig erhobene Daten sind im arbeitsgerichtlichen Verfahren nicht per se unverwertbar. Vielmehr ist die gerichtliche Verwertbarkeit im Rahmen einer Interessensabwägung im Einzelfall zu beurteilen, die am Maßstab des Verfassungsrechts zu erfolgen hat, urteilte das BAG im September 2016 (Az.: 2 AZR 848/15).

Hier kam das BAG ebenso wie die Vorinstanzen zum Ergebnis, dass die Überwachungsmaßnahme den Mitarbeiter in seinem verfassungsmäßig gewährten Recht auf informationelle Selbstbestimmung verletzt, welches die Befugnis garantiert, selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten zu entscheiden. Dies entspricht der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung, nach der das Recht auf informationelle Selbstbestimmung den Arbeitnehmer vor einer lückenlosen technischen Überwachung am Arbeitsplatz schützt. Die im Rahmen der unzulässigen Überwachungsmaßnahme gewonnenen Erkenntnisse über die Privattätigkeiten des Mitarbeiters durften also im gerichtlichen Verfahren nicht verwertet werden.

Dass der Mitarbeiter selbst einräumte, in geringerem Umfang seine Arbeitszeit mit privaten Tätigkeiten verbracht zu haben, rechtfertigte die Kündigung nicht. Eine hierauf gestützte Kündigung hätte einer vorherigen Abmahnung bedurft, die der Arbeitgeber jedoch nicht erteilt hatte.

Das Urteil zeigt, dass die verdeckte Überwachung von Mitarbeitern nur in engen Grenzen zulässig ist und in Hinblick auf eine prozessuale Verwertbarkeit der gewonnenen Erkenntnisse erhebliche Risiken birgt. Dies gilt nicht nur für die verwendeten Keylogger sondern betrifft alle heimlichen und dauerhaften Überwachungsmaßnahmen, etwa durch Videokameras. Überwachungsmaßnahmen bedürfen im Übrigen der Zustimmung des Betriebsrates.

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