Rein rechtlich

Kinderbetreuung in Wohnungen braucht Genehmigung

Der Bundesgerichtshof hat nun klargestellt, dass die Betreuung fremder Kinder als Tagesmutter nicht mehr zum „Wohnen“ gehört. Denn Kinderhüten ist ein Gewerbe, das in der Regel von der Eigentümergemeinschaft genehmigt werden muss.

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Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass Tagesmütter zukünftig die Genehmigung vom Wohnungsverwalter brauchen Quelle: dpa

Angesichts 260.000 fehlender KITA-Plätze wird bundesweit auch die Nachwuchsbetreuung durch Tagesmütter massiv ausgebaut. Streit über die vermeintliche Lärmbelastung durch die Kinder bleibt dabei nicht aus. Die Erwartungen an den Bundesgerichtshof waren hoch gesteckt. Doch wer eine Grundsatzentscheidung darüber erwartet hatte, ob Mitbewohner eine Tagesmutter im Haus dulden müssen, die dort mehrere Kinder kostenpflichtig betreut, wurde enttäuscht. Vielmehr lässt sich das Urteil aus Karlsruhe leicht zusammenfassen: Beschließt die Eigentümerversammlung, dass die Tätigkeit einer Tagesmutter im Haus zu unterlassen ist, muss der Eigentümer der Wohnung diesen Beschluss befolgen oder ihn anfechten. Denn eine regelmäßige Kinderbetreuung gegen Geld ist eine gewerbliche Tätigkeit. Diese ist nach den meisten Teilungserklärungen, in denen die Nutzungsbestimmungen eines in Eigentumswohnung aufgeteilten Gebäudes festgelegt sind, genehmigungspflichtig.

Manja Schwien Quelle: Pressebild

Im entschiedenen Fall hatten die Vermieter aber weder vom Verwalter noch von den Miteigentümern eine Erlaubnis erbeten. Auch gegen den Beschluss der Eigentümerversammlung, mit welchem die Tagesmuttertätigkeit untersagt wurde, hatten sie nichts unternommen. Daher bestätigten die Karlsruher Richter, dass die Tätigkeit der Tagesmutter mit sofortiger Wirkung einzustellen sei. Hätten die Eigentümer hingegen den Untersagungsbeschluss fristgerecht angefochten und die Zustimmung des Verwalters bzw. der Wohnungseigentümergemeinschaft zur Tagesmuttertätigkeit verlangt, wäre im Rahmen dieses Rechtsstreits zu entscheiden gewesen, ob die Eigentümergemeinschaft diese Nutzung überhaupt untersagen darf, oder ob sie bzw. der Verwalter nicht sogar verpflichtet gewesen wären, ihre Zustimmung zu erteilen.

Tagesmütter haben gute Chancen auf gerichtlichen Beistand

Der BGH stellte aber – auch in Hinblick auf die öffentliche Erwartungshaltung –in diesem Zusammenhang klar, dass die Genehmigung durch Verwalter oder Miteigentümer nicht ohne Weiteres wegen des zu erwartenden Kinderlärms verboten werden könne. Denn nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz seien „Geräuscheinwirkungen, die von Kindertageseinrichtungen, Kinderspielplätzen und ähnlichen Einrichtungen wie beispielsweise Ballspielplätzen durch Kinder hervorgerufen werden […] im Regelfall keine schädliche Umwelteinwirkung.“ Entsprechende Immissionsgrenz- und -richtwerte fielen bei der Beurteilung des Lärms also gar nicht ins Gewicht. Und diese Regelung soll nach dem Willen des Gesetzgebers auch auf das Wohnungseigentumsrecht ausstrahlen. Heißt im Klartext: Wegen einer vermeintlichen Lärmbelastung kann die Tätigkeit einer Tagesmutter in der Regel nicht verboten werden.

Wer eine Eigentumswohnung an eine Tagesmutter vermietet, muss sich also um die Zustimmung des Verwalters bzw. der Miteigentümer bemühen. Gleichzeitig sollte er im Mietvertrag einen Widerrufsvorbehalt für den Fall vorsehen, dass die Tagesmuttertätigkeit in der Wohnung untersagt wird. Nur so kann er vermeiden, dass er im Falle der Untersagung von seinen Mietern in Anspruch genommen wird.

Wird nämlich dem Wohnungseigentümer diese Nutzung untersagt, kann er seine Pflichten aus dem Mietvertrag gegenüber dem Mieter nicht mehr vollständig erfüllen. Den Mietern stehen in diesem Fall in der Regel eine Mietminderung, die außerordentliche Kündigung oder sogar Schadensersatz zu – letzterer aber nur, wenn ein Verschulden des Vermieters vorliegt. Im entschiedenen Fall hatte der Vermieter die Frist verstreichen lassen, den Untersagungsbeschluss anzufechten bzw. die Zustimmung des Verwalters einzuholen. Hierin könnte ein Verschulden des Vermieters erblickt werden. Man darf daher gespannt sein, wie Fälle dieser Art mietrechtlich bewertet werden.

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