Rein rechtlich

Kindergeld auch nach Heirat der Sprößlinge

Ab 2012 haben Eltern auch für verheiratete Kinder einen Anspruch auf Kindergeld selbst dann, wenn die Ehegattin bzw. der Ehegatte ausreichende Einkünfte bezieht. Dies hat der Bundesfinanzhof nun klargestellt.

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Diese Urteile sind für Familien bares Geld wert
Kindergeld auch für verheiratete KinderEltern haben auch dann noch Anspruch auf Kindergeld, wenn ihr Kind bereits verheiratet ist. Es müsse nur unter 25 Jahren alt sein und sich in seiner ersten Ausbildung befinden, urteilte das Finanzgericht Köln nach eigenen Angaben vom 15. August. In dem betreffenden Fall hatte die Familienkasse einer Mutter das Kindergeld für ihre 21 Jahre alte Tochter verweigert. Begründung: Die Tochter verfüge dank ihrer Ausbildungsvergütung und dem Unterhaltsbeitrag ihres Ehemanns über ausreichende Einkünfte. Die Eltern würden nicht mehr durch die Tochter belastet und bräuchten folglich auch keine staatliche Unterstützung mehr. Dagegen klagte die Mutter und bekam Recht: Das Finanzgericht gewährte das Kindergeld (Az: 9 K 935/13). Seit einer Gesetzesänderung zum 1. Januar 2012 seien die Bezüge des Kindes ohne Bedeutung, begründeten die Richter ihre Entscheidung. Eine typische Unterhaltssituation müsse nicht mehr vorliegen. Das gelte auch für verheiratete Kinder. Quelle: dpa
Ex-Mann bleibt auf Kosten für GPS-Bespitzelung sitzenDie totale Überwachung der Ex-Frau ging dem Bundesgerichtshof (BGH) dann doch zu weit: Ein Mann hatte seine Ex-Frau von einem Detektiv überwachen lassen, weil er wegen des neuen Partners der Frau den Unterhalt nicht zahlen wollte. Dafür ließ er am Auto der Frau einen GPS-Sender anbringen. Vor Gericht bekam er Recht, und die Frau musste auf den Unterhalt verzichten und die Kosten des Verfahrens übernehmen. Außerdem sollte sie die Detektivkosten des Klägers erstatten. In einer am 12. Juli in Karlsruhe veröffentlichten Entscheidung betonte der BGH zwar, dass zu den Prozesskosten auch Detektivkosten gehören können, „wenn sie auf der Grundlage eines konkreten Verdachts zur Durchsetzung des Rechts notwendig waren“ (Az.: XII ZB 107/08). Der heimlich angebrachte GPS-Sender am Auto der Frau, der ihre Fahrten überwachen sollte, sei aber unverhältnismäßig gewesen. Das umfassende personenbezogene Bewegungsprofil verstoße gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Der Mann hätte aus Sicht des BGH die neue Beziehung auch „mit einer punktuellen persönlichen Beobachtung“ nachweisen können. Er bleibt deshalb auf den Kosten für die GPS-Bespitzelung sitzen. Quelle: Blumenbüro Holland/dpa/gms
Eltern müssen Ausbildung auch bei späterem Beginn finanzierenEltern müssen die Erstausbildung ihrer Kinder auch dann finanzieren, wenn zwischen Schulabschluss und Ausbildungsbeginn drei Jahre liegen. Das entschied der BGH in einem am 3. Juli verkündeten Urteil (Az. : XII ZB 220/129). Im Streitfall hatte das Gericht einer jungen Frau monatliche Zahlungen durch ihren Vater zugebilligt, obwohl sich der Beginn ihrer Ausbildung als Verkäuferin um drei Jahre verzögert hatte. Doch: Eltern müssen ihren Kinder eine Erstausbildung nicht in jedem Fall und nicht ewig finanzieren: Der Elternpflicht steht laut BGH die "Obliegenheit" der Kinder gegenüber, ihre Ausbildung planvoll und zielstrebig aufzunehmen und sie in angemessener Zeit zu beenden. Keinen Ausbildungsunterhalt müssen die Eltern zahlen, wenn ihre Sprösslinge sich beim Studium zu viel Zeit lassen oder die Ausbildung abbrechen, um eine andere in einer anderen Branche zu beginnen. Quelle: dpa
Doppeltes Elterngeld bei ZwillingenBerufstätige Eltern können bei Zwillingen doppeltes Elterngeld erhalten. Das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel gab am 27. Juni einer Familie aus Bayern Recht. Im vorliegenden Fall wollten beide Elternteile zu Hause bleiben: Der Vater hatte zwölf Monate Elterngeld für seinen Sohn Robin und weitere zwei Monate für seine Tochter Enya beantragt, die Mutter zwölf Monate für Enya und zwei weitere für Robin. Das Amt hatte das Elterngeld zunächst für nur 14 Monate für beide Kinder und beide Eltern zusammen bewilligt. Einen grundsätzlichen Anspruch gebe es aber bis zum 14. Lebensmonat, urteilte das BSG (Az.: B 10 EG 3/12 R und B 10 EG 8/12 R). Das Elterngeld sei auf das jeweilige Kind begründet, betonte der Vorsitzende Richter. Zudem stehen dem Beamtenpaar jeweils 300 Euro monatlich als Elterngeld-Erhöhung für Mehrlingsgeburten zu. Quelle: dpa
Einkommen des Stiefvaters wird bei Hartz IV angerechnetKinder haben weiterhin keinen Anspruch auf Hartz-IV-Leistungen, wenn sie mit ihrer Mutter und einem „unechten Stiefvater“ mit ausreichendem Einkommen zusammenleben. Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe wies eine dagegen gerichtete Verfassungsbeschwerde mit einem am Freitag veröffentlichten Beschluss ab - überwiegend allerdings aus formalen Gründen. (Az.: 1 BvR 1083/09). Es nahm die Verfassungsbeschwerde eines im Streitjahr 2006 13-jährigen Mädchens nicht zur Entscheidung an. Es lebte mit seiner Mutter und deren neuem Partner zusammen und bezog zunächst Hartz-IV-Leistungen für Kinder. Das Jobcenter in Hamm strich dieses sogenannte Sozialgeld zum 1. August 2006, denn die 13-Jährige sei nicht mehr bedürftig. Quelle: dpa
Ehegattensplitting gilt auch für Eingetragene LebensgemeinschaftenDas Bundesverfassungsgericht hat die Partner einer Homo-Ehe im Steuerrecht mit Eheleuten gleichgestellt. Der Ausschluss eingetragener Lebenspartnerschaften vom Ehegattensplitting benachteiligt Homosexuelle wegen ihrer sexuellen Orientierung und ist deshalb verfassungswidrig, entschieden die Karlsruher Richter in drei am 6. Juni veröffentlichen Beschlüssen (Az.: 2 BvR 909/06 u.a.). Das Bundesverfassungsgericht stellte damit gleichgeschlechtliche Lebenspartner im Steuerrecht mit Eheleuten völlig gleich, weil es seiner Auffassung nach keine „gewichtigen Sachgründe für eine Ungleichbehandlung“ gibt. Quelle: dpa
Bett ist Erstausstattung für wachsende KinderHartz-IV-Familien steht für ihre Kinder ein Jugendbett als Erstausstattung zu, wenn das Kinderbett zu klein wird. Das hat das Bundessozialgericht in Kassel entschieden. Geklagt hatte eine alleinerziehende Mutter aus Freiburg, weil ihr dreijähriger Sohn nicht mehr in das Gitterbett passte (Az: B 4 AS 79/12 R). Ein Jugendbett sei eine erstmalige Anschaffung und dem Grunde nach angemessen, urteilte das höchste deutsche Sozialgericht. „Der Kläger benötigt zum ersten Mal in seinem Leben ein größeres Bett“, sagte der Vorsitzende Richter. Durch die Entscheidung des BSG könnten auf den Staat Mehrkosten zukommen. Quelle: dpa

Geklagt hatte der Vater einer 1991 geborenen Tochter, die während ihrer Ausbildung im April 2011 geheiratet hatte. Auch ihr Ehemann befand sich in der Ausbildung und bezog eine entsprechende Vergütung. Die Familienkasse hatte seinen Antrag auf Kindergeld abgelehnt, weil die Tochter über eigenes Einkommen und den Unterhaltsbeitrag ihres Ehemannes verfügte. Das Finanzgericht und der Bundesfinanzhof (BFH) gaben dem Vater Recht (Az.: III R 22/13).

Bis 2011 wurde ein volljähriges Kind beim Kindergeld nur berücksichtigt, wenn seine Einkünfte und Bezüge inklusive der Unterhaltsleistungen des Ehegatten einen Grenzbetrag von zuletzt 8.004 Euro nicht überstiegen. Für ein verheiratetes Kind bestand grundsätzlich kein Anspruch auf Kindergeld. Dies beruhte auf der Annahme, dass die „typische Unterhaltssituation“ nach einer Heirat nicht mehr gegeben ist. Denn dann bestehen zivilrechtlich vorrangige Unterhaltsansprüche gegenüber dem Ehepartner.

Melanie Erhard, Steuerberaterin bei Rödl & Partner, Nürnberg. (zum Vergrößern bitte anklicken) Quelle: Presse

Der Anspruch auf Kindergeld blieb nur im sogenannten „Mangelfall“ erhalten, wenn wie beispielsweise in einer Studentenehe die Einkünfte des Ehepartners und die eigenen Einkünfte des Kindes nicht ausreichten, um den vollständigen Unterhalt sicherzustellen.

Zwar hatte der BFH bereits 2010 die „typische Unterhaltssituation“ nicht mehr als Voraussetzung für den Kindergeldanspruch betrachtet. Die Münchener Richter hielten aber trotzdem an der „Mangelfallrechtsprechung“ fest, so dass für verheiratete Kinder nur in Ausnahmefällen ein Kindergeldanspruch bestand.

Seit der Reform der Kindergeldansprüche durch das Steuervereinfachungsgesetz hängt der Kindergeldanspruch nicht mehr von der Höhe der Einkünfte und Bezüge des Kindes ab.

Damit wurde nach Ansicht der Finanzrichter auch der „Mangelfallrechtsprechung“ die Grundlage entzogen. Der Unterhaltsanspruch des Kindes gegenüber dem Ehepartner und damit die Verheiratung des Kindes an sich sind somit für den Anspruch auf Kindergeld nicht mehr relevant.

Denn hat ein Kind ausreichende Einkünfte, um für seinen Unterhalt aufzukommen, so beruht die Entlastung der Eltern allein auf der Einkommenssituation des Kindes, nicht auf dem Umstand, ob das Kind verheiratet ist oder nicht. Die Einkünfte des Kindes aber sind nach der neuen Gesetzeslage ab 2012 aber nicht mehr zu berücksichtigen.

Rückwirkend ab Januar 2012 können Eltern daher auch dann Kindergeld beanspruchen, wenn der Ehepartner des Kindes gut verdient, sofern die übrigen Voraussetzungen für die Berücksichtigung des Kindes erfüllt sind. Hilfreich ist, im Antrag bei der Familienkasse auf die geänderte Rechtsprechung des BFH hinzuweisen. Für die Genehmigung sollten Eltern aber ein wenig Zeit einplanen. Denn die Praxis zeigt, dass nicht alle Familienkassen mit der neuen Rechtslage vertraut sind.

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