Rein rechtlich

Nicht alle Rabatte für Mitarbeiter sind lohnsteuerpflichtig

Gewährt ein Unternehmen seinen Mitarbeitern Preisnachlässe, schlägt der Fiskus häufig zu. Der BFH stellt jetzt klar: Nicht immer müssen Rabatte versteuert werden.

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Nicht jede Vergünstigung, die ein Arbeitgeber seinen Mitarbeitern gewährt, stellt nach Ansicht des Bundesfinanzhofs steuerpflichtigen Lohn dar. Quelle: Fotolia

Im Streitfall hatten Autohersteller ihren Mitarbeitern Neufahrzeuge günstiger verkauft – mit deutlichen Abschlägen zum Listenpreis. Die Finanzämter sahen in den Vorteilen teilweise steuerpflichtigen Arbeitslohn und forderten dafür Einkommensteuer ein. Und das, obwohl vergleichbare Rabatte auch anderen Käufern gewährt wurden, die nicht bei dem Hersteller tätig waren.

Der Bundesfinanzhof hat die Steuerbehörden nun in ihre Schranken verwiesen. Nicht jede Vergünstigung, die ein Arbeitgeber seinen Mitarbeitern gewährt, stellt nach Ansicht der Münchener Richter steuerpflichtigen Lohn dar. Insbesondere marktübliche Rabatte sind kein lohnsteuerpflichtiger geldwerter Vorteil und müssen nicht versteuert werden (Az.: VI R 30/09 und VI R 27/11).

Dr. Rolf Leuner, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer von Rödl & Partner, Nürnberg. Quelle: Presse

Die Begründung ist zunächst einfach: Solange entsprechende Preisnachlässe marktüblich sind, also auch Nicht-Mitarbeiter erhalten, können sie umgekehrt nicht wegen des Dienstverhältnisses eingeräumt worden sein. Damit scheidet ein zu versteuernder Vorteil aus, selbst wenn dem eine Gesetzesnorm wortwörtlich entgegensteht.

Die zweite Begründung eröffnet für Steuerpflichtige auch über den konkreten Fall des Autokaufs hinaus interessante Perspektiven. Denn gesetzlich dem Mitarbeiter gewährte Begünstigungsnormen dürfen nicht, wenn sie ins Gegenteil umschlagen, andere allgemeinere Normen verdrängen. Der Arbeitnehmer hat dann die Wahl: Im Fall durfte er die Höhe des geldwerten Vorteils entweder nach der geltenden Sachbezugsnorm oder nach der für Rabattfreibeträge geltenden Spezialnorm berechnen und besteuern. Da die Spezialnorm für vom Arbeitgeber gewährte Preisnachlässe hier den Arbeitnehmer benachteiligte, darf der Fiskus sie hier nicht anwenden.

Wie sich die Steuern 2013 verändern
Aufbewahrungsfristen: Für Unternehmen soll es eine weitere Steuervereinfachung gebe – einige Aktenordner können bald aussortiert werden. Künftig müssen Firmen Rechnungen und Belege nicht mehr zehn Jahre aufbewahren. Von 2013 an gilt eine Aufbewahrungsfrist von acht Jahren und ab 2015 von dann dauerhaft sieben Jahren. Nach Angaben der Koalition kann sich der Aufwand für die Unternehmen damit um bis zu 2,5 Milliarden Euro reduzieren. Quelle: dpa
„Goldfinger“: Die schwarz-gelbe Koalition geht gegen ein Steuersparmodell vor, mit dem Top-Verdiener mit Goldanlagen den Fiskus zunehmend austricksen. Dabei werden Rohstoffe oder Edelmetalle über Auslandsgesellschaften gekauft, was zunächst zu Verlusten führt und die Steuerlast senkt. Quelle: dpa
„Goldfinger“: Werden die Metalle später verkauft, entstehen zwar Gewinne. Diese wirken sich aber bei Top-Verdienern wegen der Doppelbesteuerungsabkommen nicht auf die Besteuerung in Deutschland aus. Die Einnahmeausfälle für den Staat summieren sich Schätzungen zufolge auf jährlich 700 Millionen Euro – aufgrund der zweifelhaften Legalität wurde der Steuertrick nach dem James-Bond-Bösewicht benannt, der seine Opfer in Gold hüllte. Quelle: dapd
Elektroautos: Teil des Gesetzespakets sind weitere Steueranreize für Elektroautos als Dienstwagen. Nach heutigem Recht muss ein Arbeitnehmer, der seinen Firmenwagen privat nutzt, monatlich ein Prozent des Listenpreises als geldwerten Vorteil versteuern. Bei dieser Regelung gilt das Elektroauto wegen der höheren Anschaffungskosten finanziell aber als unattraktiv – doch das soll sich ändern. Quelle: dpa
Elektroautos: Denn Nutzer eines Strom-Firmenwagens hätten wegen des höheren Listenpreises einen weit größeren geldwerten Vorteil zu versteuern. Bei E-Fahrzeugen soll nun die sehr teure Batterie ausgeklammert werden; ihr Anteil am Wert des Fahrzeugs würde dann nicht mehr die Steuerlast erhöhen. Quelle: dpa
Private Bildungseinrichtungen: Umsatzsteuerfrei bleiben private Musik-, Tanz- und Ballettschulen. Ursprünglich sollten alle privaten Bildungseinrichtungen, die nicht der Berufsvorbereitung dienen, mit der Umsatzsteuer von 19 Prozent belegt werden. Die Neuregelungen zur Umsatzsteuerfreiheit von Bildungsleistungen sind insgesamt aus dem Regierungsentwurf herausgenommen worden. Dies betrifft auch gewerbliche Fortbildungsinstitute, die damit wie gehabt vorsteuerberechtigt bei der Umsatzsteuer sind. Quelle: dpa
Wehrsold: Nicht mehr Bestandteil der Gesetzespläne ist die ursprünglich vorgesehene Besteuerung des Wehrsolds. Die Bezüge von Reservisten bleiben steuerfrei. Beim freiwilligen Wehrdienst wird der Grundwehrsold freigestellt. Durch den steuerlichen Grundfreibetrag und Pauschalen werden auch darüber hinausgehende Bezüge weitgehend steuerlich verschont. Verzichtet wird aber auf das vorgesehene Kindergeld für Eltern freiwillig Dienender. Quelle: dapd

Diese wichtige Auslegung des BFH ist grundsätzlich auf etliche weitere Gebiete übertragbar. Ein Beispiel hierfür ist die kostenfreie Zuwendung von Genussrechten an Mitarbeiter. Erhält der Mitarbeiter monatlich Genussrechte unter 44 Euro geschenkt, sind diese steuerfrei. Und dies, obwohl sich die Summe aller Zuwendungen hieraus aufs Jahr gerechnet auf mehr als 360 Euro summiert und damit über der gesetzlichen Grenze für sogenannte Belegschaftsaktien liegt. Die für den Arbeitnehmer günstigere Regelung verdrängt auch hier die prinzipiell bevorrechtigte Spezialnorm.

Damit stellt das höchste deutsche Finanzgericht einen wichtigen Grundsatz auf: Regelungen des Einkommensteuergesetzes zur Subvention von Mitarbeitern dürfen Arbeitnehmer nie benachteiligen, sie können sie allenfalls begünstigen. Das gilt für Jahreswagenrabatte, den berühmten Haustrunk, vergünstigte Arbeitgeberprodukte jeglicher Art bis hin zu Belegschaftsaktien, weitere Beispiele eingeschlossen. Ein schöner Sieg der Gerechtigkeit über das formelle Recht. Diese BFH-Linie kann man nur uneingeschränkt unterstützen und einen Übertrag auf andere Fälle fordern.

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