Im Streitfall hatten Autohersteller ihren Mitarbeitern Neufahrzeuge günstiger verkauft – mit deutlichen Abschlägen zum Listenpreis. Die Finanzämter sahen in den Vorteilen teilweise steuerpflichtigen Arbeitslohn und forderten dafür Einkommensteuer ein. Und das, obwohl vergleichbare Rabatte auch anderen Käufern gewährt wurden, die nicht bei dem Hersteller tätig waren.
Der Bundesfinanzhof hat die Steuerbehörden nun in ihre Schranken verwiesen. Nicht jede Vergünstigung, die ein Arbeitgeber seinen Mitarbeitern gewährt, stellt nach Ansicht der Münchener Richter steuerpflichtigen Lohn dar. Insbesondere marktübliche Rabatte sind kein lohnsteuerpflichtiger geldwerter Vorteil und müssen nicht versteuert werden (Az.: VI R 30/09 und VI R 27/11).
Die Begründung ist zunächst einfach: Solange entsprechende Preisnachlässe marktüblich sind, also auch Nicht-Mitarbeiter erhalten, können sie umgekehrt nicht wegen des Dienstverhältnisses eingeräumt worden sein. Damit scheidet ein zu versteuernder Vorteil aus, selbst wenn dem eine Gesetzesnorm wortwörtlich entgegensteht.
Die zweite Begründung eröffnet für Steuerpflichtige auch über den konkreten Fall des Autokaufs hinaus interessante Perspektiven. Denn gesetzlich dem Mitarbeiter gewährte Begünstigungsnormen dürfen nicht, wenn sie ins Gegenteil umschlagen, andere allgemeinere Normen verdrängen. Der Arbeitnehmer hat dann die Wahl: Im Fall durfte er die Höhe des geldwerten Vorteils entweder nach der geltenden Sachbezugsnorm oder nach der für Rabattfreibeträge geltenden Spezialnorm berechnen und besteuern. Da die Spezialnorm für vom Arbeitgeber gewährte Preisnachlässe hier den Arbeitnehmer benachteiligte, darf der Fiskus sie hier nicht anwenden.
Diese wichtige Auslegung des BFH ist grundsätzlich auf etliche weitere Gebiete übertragbar. Ein Beispiel hierfür ist die kostenfreie Zuwendung von Genussrechten an Mitarbeiter. Erhält der Mitarbeiter monatlich Genussrechte unter 44 Euro geschenkt, sind diese steuerfrei. Und dies, obwohl sich die Summe aller Zuwendungen hieraus aufs Jahr gerechnet auf mehr als 360 Euro summiert und damit über der gesetzlichen Grenze für sogenannte Belegschaftsaktien liegt. Die für den Arbeitnehmer günstigere Regelung verdrängt auch hier die prinzipiell bevorrechtigte Spezialnorm.
Damit stellt das höchste deutsche Finanzgericht einen wichtigen Grundsatz auf: Regelungen des Einkommensteuergesetzes zur Subvention von Mitarbeitern dürfen Arbeitnehmer nie benachteiligen, sie können sie allenfalls begünstigen. Das gilt für Jahreswagenrabatte, den berühmten Haustrunk, vergünstigte Arbeitgeberprodukte jeglicher Art bis hin zu Belegschaftsaktien, weitere Beispiele eingeschlossen. Ein schöner Sieg der Gerechtigkeit über das formelle Recht. Diese BFH-Linie kann man nur uneingeschränkt unterstützen und einen Übertrag auf andere Fälle fordern.