Rein rechtlich

Öko-Labels taugen nicht als Vergabekriterium

Es könnte so einfach sein. Will die Öffentliche Hand bei der Vergabe von Aufträgen ökologische oder sozial orientierte Anbieter fördern, sollen diese einfach eines der bekannten Labels wie den „Blauen Engel“ oder „Fairtrade“ vorweisen können. Doch der EuGH macht dieser Praxis einen Strich durch die Rechnung und hat die Nutzung solcher Label stark eingeschränkt. Öffentliche Auftraggeber, die fair, nachhaltig und umweltbewusst beschaffen wollen, müssen die Anforderungen en detail in den Vergabekatalog aufnehmen, zeigt unser Gastkommentar.

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Die EuGH hat die Richtlinien zur Verwendung von Öko-Labeln wie

Bei der Vergabe öffentlicher Aufträge dürfen ökologische und soziale Standards eingefordert werden. Der bloße Verweis auf ein Umweltsiegel genügt aber nicht, um ökologische Anforderungen an die nachgefragte Leistung hinreichend zu beschreiben und Zuschlagskriterien festzulegen. Vielmehr müssen öffentliche Auftraggeber die den Öko-Labeln zugrundeliegenden ökologischen Anforderungen detailliert benennen, betont der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) in einem Grundsatzurteil (Az.: Rs. C-368/10).

Die Luxemburger Richter stärkten damit der Europäischen Kommission den Rücken, die gegen die Niederlande geklagt hatte. Im Verfahren ging es um einen öffentlichen Auftrag über die Lieferung und Bewirtschaftung von Kaffeeautomaten. Hierbei hatte der holländische Auftraggeber auf ein bestimmtes Ökosiegel („EKO“, entspricht dem europäischen Bio-Logo) und ein besonderes Soziallabel („Max Havelaar“, entspricht dem internationalen Fairtrade-Siegel) Bezug genommen. Dadurch sollte sichergestellt werden, dass der Auftragnehmer nachhaltige Produkte verwendet, die sich vor allem durch ihre soziale und ökologische Verträglichkeit auszeichnen.

Holger Schröder, Leiter der Vergaberechtspraxis der Kanzlei Rödl & Partner

Vergaberechtlich unzulässig

Eine grüner und fairer Einkauf ist zwar grundsätzlich möglich, die Vorgehensweise vergaberechtlich aber unzulässig. Der EuGH hat sich gegen eine Verwendung von Umweltgütezeichen zum Zwecke der Leistungsbeschreibung ausgesprochen. Vergabestellen können aber ökologische Kriterien einfordern, indem sie die einem Öko-Siegel zugrundeliegenden Umwelteigenschaften im Einzelnen zur Leistungsbeschreibung nutzen. Ein Umweltgütezeichen kann dann dazu dienen, die Einhaltung der ausgeschriebenen Leistungsanforderungen zu vermuten. Ob diese Erwägungen auch im Falle der Verwendung spezieller Fairtrade-Labels gelten, hat der EuGH dagegen offen gelassen.

Enge Grenzen

Das A bis Z der unsinnigsten Regelungen
Aufbewahrungsfrist Quelle: vision photos/R.Klostermeier
B - Bananenmarktordnung der EU: Wie müssen Bananen aussehen? Eine Banane ist nur dann für EU-Bürger geeignet, wenn sie mindestens 14 Zentimeter lang und 2,7 Zentimeter dick ist, sie darf keine Beschädigungen aufweisen und noch nicht gereift sein, schließlich muss sie noch transportiert werden können und nachreifen. Diese Verordnung gibt es seit 1993 - ursprüngliches Ziel: In der EU produzierte Bananen gegenüber Importen aus Mittel- und Südamerika konkurrenzfähig zu machen und zu halten. Damit nicht genug: Weil Qualitätsanforderungen nicht genügten, um die Bananen konkurrenzfähig zu machen wurde eben diese Verordnung eingeführt. Seit dem gibt es drei Arten von Bananen, die, die direkt aus einem EU-Staat kommen, solche, die in Afrika, der Karibik oder dem Pazifikraum angebaut werden und Bananen aus allen anderen Anbaugebieten. Je nach Herkunft werden unterschiedliche Einfuhrzölle erhoben - zumindest für die Bananen aus Übersee. Quelle: AP
Corporate Social Responsibility-Katalog Quelle: dpa
Dienstwagenbesteuerung Quelle: ullstein bild
E-Bilanz-Pflichtangaben Quelle: ap
Fachkräfte-Visaantragsprozess Quelle: ap
Gelangensbestätigung Quelle: dpa

Auf der Berücksichtigung von Umwelt- oder Sozialsiegeln als Kriterien zur Begründung des Zuschlags für einen Anbieter haben die Luxemburger Richter eine Absage erteilt. Im Rahmen der Angebotswertung können allenfalls die Kriterien einfließen, die das Öko- oder Sozialsiegel beinhaltet. Ein Zuschlagskriterium, das z.B. darauf abstellt, dass ein Produkt fair gehandelt wurde, ist daher grundsätzlich möglich. Die vom niederländischen Auftraggeber geforderten Eignungskriterien „Nachhaltigkeit der Einkäufe“ und „gesellschaftlich verantwortliches Handeln“ hat der EuGH hingegen als vergaberechtswidrig abgelehnt.

Der EuGH schafft damit letztlich einen Ausgleich zwischen einem transparenten Wettbewerb und sozial- und umweltpolitischen Anliegen. Mit dem Urteil betont der EuGH den Grundsatz, dass soziale und ökologische Nachhaltigkeitsaspekte nicht per se vergabefremde Kriterien sind. Er setzt für die Verwendung von Umwelt- und Sozialsiegeln aber enge Grenzen.

Labels überlegt verwenden

Trotzdem gilt: Mit der überlegten Handhabung von Nachhaltigkeitsaspekten kann die öffentliche Beschaffung grüner und gerechter werden. Öffentliche Auftraggeber können beim Einkauf auf umweltfreundliche und fair gehandelte Produkte und Leistungen setzen. Hierbei können die Kriterien von Umwelt- und Fairtrade-Siegeln den Vergabestellen wichtige Anregungen bieten.

Für Unternehmen bedeutet dies, dass sie die auf ihrem Markt verwendeten Umwelt- und Soziallabel und deren Merkmale durchaus kennen sollten, um erfolgreich öffentliche Aufträge akquirieren zu können. Sie brauchen sich aber nicht vorschreiben zu lassen, ob und welches der zahlreichen Gütesiegel sie für ihr Unternehmen benötigen.

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