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Rein rechtlich

Rechtsanspruch auf Heimarbeit

Per Weisung hat Yahoo Arbeiten im Home-Office untersagt – so radikal wäre das in Deutschland kaum durchsetzbar. Einmal gewährte flexible Arbeitsmodelle lassen sich nicht einfach wieder abschaffen.

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Yahoo-Chefin Marissa Mayer will die Heimarbeit abschaffen Quelle: REUTERS

Die Anweisung der Yahoo-Chefin Marissa Mayer, das Home-Office-Programm des Unternehmens zu beenden, hat für reichlich Diskussionsstoff in der Personalabteilung weltweit gesorgt. Alle Mitarbeiter, hieß es in einem Schreiben der Personalabteilung des Internet-Konzerns, müssten ab Juni ihre Tätigkeit wieder vom Büro aus verrichten - oder sich einen neuen Job suchen. Doch ist ein solch drastischer  Schritt rechtlich überhaupt möglich? Kann man Angestellte, die konkrete Gründe für eine Tätigkeit von zuhause aus haben, wieder ins Büro zurückbeordern?

Aus arbeitsrechtlicher Sicht erscheint es zumindest in Deutschland als hoch problematisch, eine solche Entscheidung einseitig durchzusetzen. Die Reichweite des Direktionsrechts, nachdem der Arbeitgeber über seine Mitarbeiter weisungsbefugt ist, bestimmt sich grundsätzlich durch Auslegung des jeweiligen Arbeitsvertrags. Ist dort der Arbeitsort bezeichnet, spricht dies in der Regel dafür, dass der Arbeitgeber den Ort der Arbeitsleistung nicht einseitig ohne Zustimmung des Angestellten ändern kann.

Dr. Simona Markert, Rechtsanwältin bei Rödl & Partner

Stimmt der Arbeitnehmer einer Änderung des Arbeitsortes nicht zu, und ist der Arbeitsort arbeitsvertraglich konkret bestimmt, bedarf es zur Änderung einer Änderungskündigung. Ist also ein Anspruch auf eine Tätigkeit im Home-Office vertraglich vereinbart, kann dies nur im Einvernehmen mit dem Mitarbeiter geändert werden. Dabei sind unter Umständen auch Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats zu beachten.

Tipps für die Heimarbeiter selbst

Ist im Arbeitsvertrag keine ausdrückliche Regelung getroffen, wird die Zuweisung der Tätigkeit am neuen Betriebsort jedenfalls nur dann vom allgemeinen Direktionsrecht umfasst, wenn die Änderung auch billigem Ermessen entspricht. Dabei ist insbesondere zu beachten, ob der Mitarbeiter durch die dauerhaft gewährte Tätigkeit im Home-Office - die sich ja häufig nur auf 1-2 Tage oder Nachmittage pro Woche bezieht - nicht darauf vertrauen können musste, dass dies auch in Zukunft gewährt wird. Eine so entstandene "betriebliche Übung", als eine regelmäßig gewährte Vergünstigung, kann einen Anspruch des Arbeitnehmers begründen, der nicht durch das Direktionsrecht des Arbeitgebers widerrufen werden kann. Auch in diesem Fall ist eine Änderungskündigung erforderlich, falls mit dem Arbeitnehmer keine Einigung erzielt werden kann.

Viele Unternehmen gewähren heute flexible Modelle für Arbeitszeit und Arbeitsort. Sie werden von den Mitarbeitern häufig als "Bonus" empfunden. An die Stelle der Präsenzpflicht rückt in diesem Falle die Vertrauensarbeitszeit. Die Variante Home-Office ermöglicht es vielen Menschen, berufstätig zu sein, ohne jeden Tag lange Wege ins Büro auf sich zu nehmen. Nicht nur für die Arbeitnehmer bringt dies Vorteile. Unternehmen nutzen diese Art von Flexibilisierung auch gezielt dafür, um qualifizierte Fachkräfte am Markt zu finden und dauerhaft an das Unternehmen zu binden.

Vor diesem Hintergrund wäre der Weg der Yahoo-Chefin in Deutschland nur schwer denkbar. Wer als Unternehmen den Mitarbeitern Home-Office-Arbeitsplätze vertraglich zusichert, kann dies nur im Einvernehmen mit den Mitarbeitern - und gegebenenfalls dem Betriebsrat - wieder rückgängig machen. Selbst wenn der Arbeitsvertrag nur das Büro als Arbeitsort vorsieht, lässt sich ein dauerhaft gewährtes Home-Office nicht ohne weiteres abschaffen. Und dies selbst dann, wenn gute Gründe dafür sprechen, dass die Mitarbeiter regelmäßig einen persönlichen Austausch im Büro pflegen.

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