Rein rechtlich
Skifahren Quelle: imago images

Risiko Skifahren – darf der Chef die Piste verbieten?

„Hals und Beinbruch“ wünscht man Skibegeisterten, aber Arbeitgeber würden ihren Mitarbeitern die Abfahrt am liebsten untersagen. Doch dabei sind ihnen die Hände gebunden, erklärt Arbeitsrechtsexperte Tobias Schmitt.

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Winterzeit ist Ski-Zeit. Aber nicht immer endet der Ausflug auf die Piste gut. Bis zu 46.000 deutsche Skifahrer – so eine Untersuchung der Auswertungsstelle für Ski-Unfälle (ASU) - haben sich geschätzt in der vergangenen Saison so schwer verletzt, dass eine ärztliche Behandlung erforderlich war. Das ist auch für Arbeitgeber unangenehm – oft genug kehrt der Arbeitnehmer arbeitsunfähig aus dem Ski-Urlaub zurück, fällt lange aus und verlangt Entgeltfortzahlung. Aber nicht immer muss der Arbeitgeber zahlen.

Freizeit ist Privatsache

Was der Arbeitnehmer in der Freizeit macht, ist seine Sache. Egal ob Skifahren, Golfen oder Drachenfliegen, der Arbeitgeber kann ihm nichts davon verbieten. Denn er würde damit in die grundrechtlich geschützte freie Entfaltung der Persönlichkeit eingreifen. Ausnahmen – beispielsweise bei Profisportlern – bestätigen allerdings die Regel. Verletzt sich der Arbeitnehmer dabei und kann nicht arbeiten, leidet der Arbeitgeber mit: Zunächst muss er den Ausfall kompensieren. Bei einem Kreuzbandriss – einer der häufigsten Skiverletzungen – kann es Monate dauern, bis der Mitarbeiter wieder einsatzfähig ist. Zudem muss er das Entgelt bis zu sechs Wochen weiterzahlen.

Tobias Schmitt ist Fachanwalt für Arbeitsrecht bei BRANDI Rechtsanwälte in Hannover. Quelle: PR

Meistens jedenfalls. Denn Entgeltfortzahlung kann der Arbeitnehmer nur verlangen, wenn er die Arbeitsunfähigkeit nicht selbst verschuldet hat. Die Rechtsprechung ist an dieser Stelle sehr arbeitnehmerfreundlich: Der Arbeitnehmer hat die Arbeitsunfähigkeit nur dann verschuldet, wenn er in grober Weise und leichtsinnig gegen anerkannte Regeln der Sportart verstößt oder wenn er den Sport in einer Weise ausübt, die seine Kräfte und Fähigkeiten deutlich übersteigt. Beim Skifahren bedeutet das im Klartext: Anfänger gehören nicht auf schwarze Pisten. Und auch geübte Fahrer dürfen sich nicht den Hang hinunterstürzen, wenn sie Beschädigungen an ihrer Ausrüstung bemerkt haben oder betrunken sind.

Bei Leichtsinn oder Selbstüberschätzung kann es teuer werden

Auch von anderen gefährlichen Sportarten sollten Arbeitnehmer die Finger lassen. Das sind Sportarten, bei denen sich auch ein gut ausgebildeter Sportler trotz Beachtung der Regeln unbeherrschbaren Gefahren aussetzt. Doch auch hier sind die Gerichte mehr als arbeitnehmerfreundlich: Arbeitnehmer dürfen nach Feierabend in den Boxring steigen und sich am Wochenende als Skispringer in die Tiefe stürzen, ohne dass man ihnen einen Vorwurf machen kann. Kickboxen allerdings wurde schon einmal als gefährliche Sportart eingeordnet – das ist aber eine vereinzelte Entscheidung eines Arbeitsgerichtes geblieben. Verglichen damit ist Skifahren fast schon langweilig.

Der beste Ratgeber ist daher, auch beim Sport, der gesunde Menschenverstand. Hört man auf ihn, reduziert sich das Verletzungsrisiko bereits deutlich. Schiefgehen kann es natürlich trotzdem. Einen Vorwurf kann man dem Arbeitnehmer dann aber nicht machen. Und der Anspruch auf Entgeltfortzahlung sichert gerade dieses Risiko ab.

Arbeitgebern sei geraten: Genau hinhören, wenn der Arbeitnehmer von seinem Unfall erzählt. Denn bei Leichtsinnigkeit oder Selbstüberschätzung muss der Arbeitnehmer doch die Folgen tragen: Entgeltfortzahlung vom Arbeitgeber gibt es dann nicht.

Ein Wermutstropfen bleibt aber dennoch: Streitet man sich, muss der Arbeitgeber beweisen, dass der Arbeitnehmer die Arbeitsunfähigkeit verschuldet hat – das Risiko liegt also beim Arbeitgeber.

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