
Das höchste deutsche Arbeitsgericht entschied im Fall eines Verpackungsunternehmens, das während laufender Tarifverhandlungen mit der Gewerkschaft ver.di innerhalb des Arbeitgeberverbundes Druck und Medien Hessen e.V. (VDMH) in eine Mitgliedschaft ohne Tarifbindung gewechselt war. Obwohl das Unternehmen ver.di rechtzeitig in einem Gespräch informiert hatte, rief die Gewerkschaft die Arbeitnehmer des Unternehmens zu einem eintägigen Warnstreik auf, um die Forderung einer fünfprozentigen Lohnerhöhung in der Druckindustrie zu untermauern. Die Produktion stand daraufhin still, den Schaden bezifferte das Unternehmen auf ca. 35.000 Euro.
Die Klage hatte erst in der dritten Instanz Erfolg. Das Arbeitsgericht war zunächst der Meinung gefolgt, ver.di sei nicht rechtzeitig über den Statuswechsel informiert worden, die unmittelbare mündliche Information habe nicht ausgereicht.

Im Berufungsverfahren nahm das Landesarbeitsgericht Berlin einen – rechtlich zulässigen - Unterstützungsstreik an, da die Klägerin noch hinreichend Einfluss auf die Verhaltensweise des Verbandes in der Tarifauseinandersetzung habe. Beiden Einwänden folgten die Erfurter Richter nicht. Ver.di sei hinreichend transparent und rechtzeitig informiert worden. Dies musste nicht schriftlich erfolgen. Und ein Unterstützerstreik – wie unlängst beim Arbeitskampf der Fluglotsen in Frankfurt – habe nicht vorgelegen.
Damit hat ver.di durch den Arbeitskampf rechtswidrig agiert und muss für die Folgen einstehen. Ob die Forderung nach Schadenersatz von 35.000 Euro allerdings in der Höhe gerechtfertigt ist, muss noch geprüft werden – das BAG wies diesen Punkt zur Entscheidung an das LAG Berlin zurück.
Gute Chancen für Fluglinien
Nachdem im März 2012 eine Klage diverser Fluglinien gegen die Gewerkschaft GdF wegen des Fluglotsenstreiks am Frankfurter Flughafen vom Arbeitsgericht Frankfurt abgewiesen wurde, dürfte diese Entscheidung den Unternehmen Mut machen, gegen aus ihrer Sicht unzulässige Arbeitskampfmaßnahmen rechtliche Schritte einzuleiten.
Insbesondere bei den Fluglinien sind noch diverse Rechtsstreitigkeiten offen, auch wegen angekündigten und dann abgesagten Solidaritätsstreiks. Das Bundesarbeitsgericht hat nun aufgezeigt, dass sie gute Chancen haben, Schadensersatzansprüche durchzusetzen.
Schwer zu beweisen
Schwierig wird es aber, den durch einen Streik verursachten Schaden nicht nur zu beziffern, sondern auch zu beweisen. Von dessen Höhe wird auch abhängen, wie stark die Abschreckungswirkung auf allzu streikfreudige Gewerkschaften sein wird.
Trotzdem wird das Urteil nichts daran ändern, dass Schadenersatzprozesse gegen Gewerkschaften die Ausnahme bleiben werden. Schließlich will sich kein Unternehmen unnötig dem Vorwurf aussetzen, den sozialen Frieden zu gefährden.