Die Fahndung nach Steuersündern in Deutschland läuft weiterhin auf Hochtouren. Das gilt nicht nur für Geldanlagen in der Schweiz, sondern für alle Steueroasen von Singapur bis Bermuda. Die aktuellen Fälle um Scheinversicherungen bei der Credit Suisse und die CD mit Daten der Privatbank Coutts zeigen, dass der Fiskus jede Chance ergreift, hinterzogene Steuern zurückzuholen und die Täter zu bestrafen. Entgegen immer kolportierter Aussagen ist für Steuerhinterzieher aber auch im aktuellen Fall eine Selbstanzeige möglich und sinnvoll. Denn selbst, wenn die Tat rechtlich gesehen schon entdeckt sein sollte, wirkt sie sich dennoch strafmildernd aus.
Prinzipiell gilt: Eine strafbefreiende Selbstanzeige ist unter anderem nur dann wirksam, wenn sie vor „Entdeckung“ der Tat abgegeben wird. Tatentdeckung liegt jedenfalls dann vor, wenn ein Abgleich mit den Steuerakten erfolgt ist und der Steuerpflichtige mit einer Entdeckung rechnen können muss. Sie tritt auch ein, wenn der Steuerpflichtige von nahestehenden Personen beim Finanzamt „angeschwärzt“ wurde. Aber Vorsicht: Bei typischen Steuerhinterziehungsgestaltungen, wie zum Beispiel Nummern- und Treuhandkonten, kann die Tatentdeckung schon viel früher gegeben sein. Ob die sich aktuell im Gespräch befindlichen Versicherungsmäntel auch zu derartigen Gestaltungen gezählt werden, ist noch offen.
Details zu Daten weiter im Dunkeln
Erfahrungsgemäß kann ein Abgleich mit den Steuerakten sehr zügig von Statten gehen. Im aktuellen Fall der Credit Suisse ist aber völlig unklar, wie konkret die Daten sind, an die die Behörden durch das Datenleck gelangt sind. Die Medienberichte deuten eher daraufhin, dass es selbst bei den Hausdurchsuchungen noch um die Feststellung der Besteuerungsgrundlage an sich geht. Auch Details zu den Daten der Privatbank Coutts, die die Steuerfahndung in NRW gekauft haben soll, sind noch nicht publik geworden.
So erstatten Steuersünder Selbstanzeige
Eine Selbstanzeige kann persönlich oder durch einen bevollmächtigten Vertreter erstattet werden. Achtung: Eine Vollmacht kann nicht nachgereicht werden.
Auch wenn es keine Formvorschriften gibt. Papier ist angesagt. Die Anzeige sollte schriftlich erfolgen und den Eingangsstempel des Finanzamtes tragen. Denn das erleichtert im Falle eines Falles die Beweisführung.
Adressat ist das Finanzamt, nicht die Staatsanwaltschaft. Wer aber sicher gehen will und eine Durchsuchung oder ähnliches befürchtet, kann auch dem Staatsanwalt eine Kopie schicken.
Alles muss angegeben werden. Wirklich alles. Gradmesser hierfür: Der Fiskus muss mit den Angaben ohne langwierige Nachforschungen in der Lage sein, die Steuer festzusetzen.
Gerade wer Geld aus der Schweiz weiß waschen will, sollte mit Wartezeiten rechnen. Denn es müssen bei der eidgenössischen Bank Zins- und Erträgnis-Aufstellungen angefordert werden. Meistens dauert es dann zwei bis drei Monate bis die Papiere da sind. Und dann müssen die Unterlagen auch noch ausgewertet werden.
Straffreiheit gibt es nur bei pünktlicher Zahlung. In einer bestimmten Frist, die recht knapp sein kann, müssen die hinterzogenen Steuern nachgezahlt werden. Klappt das nicht, droht Strafe.
Eben wegen dieser schnellen Zahlungsverpflichtung, sollten Betroffene sich vorbereiten. Die finanziellen Mittel sollten verfügbar sein, sonst kann die Sache ins Auge gehen.
Wer sich nicht wirklich gut auskennt, sollte einen Fachmann hinzuziehen. Kleine Fehler in einer Selbstanzeige können sich später böse rächen. Es gibt genügend Anwälte, die sich auf dieses Gebiet spezialisiert haben.
Nicht bei jeder Unehrlichkeit ist eine Selbstanzeige angesagt. Sind die falschen oder unterbliebenen Angaben nicht „steuerlich erheblich", so entfällt auch die Grundlage für eine strafbare Steuerhinterziehung. Und dann ist eine Selbstanzeige gar nicht nötig.
Der stets zitierte Hinweis der Credit Suisse, dass seine Kunden die jeweils eigene steuerliche Situation einer Überprüfung unterziehen sollten, führt aber noch nicht dazu, dass der Kunde mit einer Tatentdeckung rechnen muss. Denn auch der Credit Suisse ist nicht bekannt, ob und wann welche Tat im Sinne einer Steuerhinterziehung durch das für den Kunden zuständige Finanzamt entdeckt wird. In der Vergangenheit wurden hier auch immer wieder Pressemeldungen als Argument angeführt, dass der Täter mit einer Entdeckung rechnen musste. Aber auch hier bedarf es sowohl der objektiven (Abgleich der Steuerakte) als auch der subjektiven (mit Entdeckungen rechnen zu müssen) Komponente.
Geständnis ist strafmildernd
Die Abgabe einer Selbstanzeige ist aber selbst bei erheblichen Zweifeln an deren späterer Wirksamkeit in der Regel ratsam. Denn die Verfolgungsbehörden werten die Selbstoffenbarung gegenüber dem Fiskus wie ein klassisches Geständnis als strafmildernd. Sie dokumentiert die Reue des Täters, sie bedeutet die unverzügliche Nachzahlung der Steuerschuld nebst Zinsen, gegebenenfalls mit Strafzuschlag bei großem Ausmaß, und erleichtert die Arbeit der Fahnder.
Auch unwirksame Selbstanzeige hilft
Bei der Strafzumessung kann also auch eine unwirksame Selbstanzeige das Zünglein an der Waage sein und sich mildernd auf die Höhe der Strafe auswirken. Sie ist aber nach den jüngsten Urteilen des Bundesgerichtshofs kein erheblicher Grund mehr, auf dessen Grundlage bei Steuerhinterziehung im hohen sechstelligen Bereich die Strafe noch zur Bewährung ausgesetzt und der Gang ins Gefängnis vermieden werden kann.
Als Wunschdenken dürfte sich im Übrigen die Hoffnung herausstellen, die Verabschiedung des Deutsch-Schweizer-Steuerabkommens würde die jetzt aufgeflogenen Anleger reinwaschen. Denn eine solche rückwirkende Regelung beinhaltet das Abkommen gerade nicht. Der aktuelle Entwurf des Steuerabkommens sieht vielmehr vor, dass bei einer Tatentdeckung vor Inkrafttreten weder eine steuerliche noch eine strafbefreiende Abgeltung stattfindet. Die Pauschalsteuer durch die schweizerischen Banken wird lediglich auf die Steuerschuld angerechnet. Auch der zukünftige Ankauf von Daten-CDs ist vom Abkommen gedeckt, solange er von den Fahndern nicht aktiv betrieben wird.