Mit dieser Sicherheit ist es nun vorbei. Der BGH weicht die Millionengrenze auf. Die Vollstreckung einer Freiheitsstrafe könne „aus generalpräventiven Gründen“ notwendig sein, weil Steuerhinterziehung in weiten Bevölkerungskreisen nach wie vor als Kavaliersdelikt empfunden werde. Auch bei Hinterziehungsbeträgen unterhalb der Millionengrenze dürften daher Gefängnisstrafen hilfreich sein, um – so der BGH – „die Rechtstreue der Bevölkerung auch auf dem Gebiet des Steuerrechts zu erhalten“. Das sei der Fall, wenn die Tat Ausdruck einer verbreiteten Einstellung sei, welche den Straftatbestand der Steuerhinterziehung letztlich nicht ernst nimmt und von vornherein auf die Strafaussetzung vertraut.
Wann Steuerstraftaten verjähren
Steuerstraftaten verjähren grundsätzlich nach fünf Jahren. Die Verjährung beginnt mit Beendigung der Tat, also in der Regel mit Ergehen des betreffenden Steuerbescheides. Danach kann der Steuersünder nicht mehr bestraft werden, auch wenn die Tat entdeckt wird.
Als Folge aus der Liechtenstein-Steueraffäre haben die Politiker mit dem Jahressteuergesetz 2009 die strafrechtliche Verjährungsfrist für besonders schwere Fälle von Steuerhinterziehung bereits von 5 Jahren auf 10 Jahre verlängert.
Mit der Steuernachzahlung ist jedoch anders. Bei der Steuerfestsetzung geht es um die Frage, wie lange das Finanzamt noch Steuernachzahlungen fordern kann. Die Festsetzungsverjährung beträgt bei einer Steuerhinterziehung zehn Jahre. Die Festsetzungsverjährung ist unabhängig von der Strafverfolgungsverjährung. Das bedeutet, dass Steuern gegebenenfalls auch ohne strafrechtliche Verfolgung noch nachgezahlt werden müssen.
Zugleich machten die Bundesrichter klar, dass bei Steuerschäden im Millionenbereich kaum einer mehr auf eine Bewährungsstrafe hoffen darf.
Mildernde Umstände schützen nicht vor Gefängnis
Dem BGH genügt es nicht, dass der Angeklagte im konkreten Fall strafrechtlich noch eine weiße Weste hatte. Weder sein Geständnis noch seine Entschuldigung, weder die lange Verfahrensdauer von mehr als drei Jahren noch die psychische Belastung reichen aus, um als „besonders gewichtige Milderungsgründe“ ausnahmsweise noch eine Bewährungsstrafe zu rechtfertigen. Auch die vollständige Nachzahlung der hinterzogenen Steuern half ihm nicht, weil sie für den - sehr vermögenden - Angeklagten keinen besonderen Verzicht darstellte.
Für Steuersünder hat dies sehr weitreichende Folgen. Sie können davon ausgehen, dass sich die untergeordneten Gerichte an die klaren Vorgaben des Bundesgerichthofs halten werden. Auf den Automatismus „Hinterziehung in Millionenhöhe = Gefängnis; Hinterziehung geringerer Beträge = Bewährungsstrafe“ kann man sich jetzt noch weniger verlassen.
Dies ist ein weiterer guter Grund, mit einer – vor allem vollständigen - Selbstanzeige mit dem Fiskus reinen Tisch zu machen. Sie bleibt der wichtigste Ausweg, schwedischen Gardinen zu entgehen.