
Ziel des Vorhabens von Commerzbank-Chef Blessing ist es, im Vorstand selbst sowie in den mittleren und unteren Führungsriege zu sparen. Die Managementstruktur sei zu komplex und überladen. Juristisch betrachtet ist das Vorgehen des Vorstandsvorsitzenden allerdings fragwürdig. Die Verkleinerung des Vorstands liegt ausschließlich in der Hand des Aufsichtsrats. Der Vorstand kann dies nicht selbst entscheiden. Doch der Aufsichtsrat der Commerzbank zögert noch mit seiner Entscheidung.

Die Funktionen der verschiedenen Organe einer Aktiengesellschaft sind gesetzlich streng voneinander abgegrenzt. Der Vorstand leitet die Gesellschaft, er ist geschäftsführendes Organ und wird durch den Aufsichtsrat überwacht. Das Kontrollgremium hat zudem die Personalkompetenz in Bezug auf die Bestellung und Abberufung von Vorstandsmitgliedern. Dementsprechend liegt ausschließlich bei ihm die Entscheidung über die Verkleinerung des Vorstandsgremiums. An Vorschläge oder Pläne des Vorstandsvorsitzenden sind die Kontrolleure nicht gebunden.
Chronik der Commerzbank seit der Krise 2008
Die Commerzbank kündigt an, die Dresdner Bank für rund zehn Milliarden Euro von der Allianz zu übernehmen.
Die Insolvenz der US-Investmentbank Lehman Brothers verschärft die Finanzkrise dramatisch und bringt Banken rund um den Globus ins Wanken.
Die Commerzbank verhandelt den Preis für die Dresdner Bank auf knapp sechs Milliarden Euro herunter und zieht die Übernahme vom zweiten Halbjahr 2009 auf Januar 2009 vor. Die Allianz schießt der Commerzbank 750 Millionen Euro in Form einer Stillen Einlage zu.
Die Commerzbank entdeckt höhere Kreditrisiken bei der verlustreichen Dresdner Bank. Um die Übernahme trotzdem stemmen zu können, zapft die Commerzbank den staatlichen Bankenrettungsfonds (SoFFin) an. Die Bank erhält 8,2 Milliarden Euro an Stillen Einlagen, die jährlich mit neun Prozent verzinst werden sollen, und staatliche Garantien über 15 Milliarden Euro.
Der SoFFin übernimmt für 1,8 Milliarden Euro - sechs Euro je Papier - 25 Prozent plus eine Aktie an der Commerzbank (Teilverstaatlichung) und pumpt zusätzlich weitere 8,2 Milliarden Euro an Stillen Einlagen in die Bank.
Die Commerzbank kündigt an, von den Stillen Einlagen des SoFFin über 16,4 Milliarden Euro bis Juni rund 14,3 Milliarden zurückzugeben. Das gilt als erster Befreiungsschlag. Das Geld kommt aus der Platzierung von Pflichtumtauschanleihen und einer Kapitalerhöhung über 5,3 Milliarden Euro. Weitere gut drei Milliarden Euro kann die Bank so zurückgeben, weil sie das Kapital nach damaliger Einschätzung nicht braucht.
Commerzbank-Chef Martin Blessing schließt weitere Staatshilfen kategorisch aus, nachdem die EU-Bankenaufsicht EBA bei dem Institut im Zuge der Euro-Schuldenkrise ein Kapitalloch von gut fünf Milliarden Euro ausgemacht hat. "Da geh ich nicht nochmal hin", sagt er und meint den SoFFin. Er hält Wort - die Bank stopft das Loch in den Folgemonaten aus eigener Kraft: Hybridpapiere werden in echtes Eigenkapital getauscht, Führungskräfte erhalten ihre Boni in Aktien statt in bar, Risiken im Kreditbuch werden neu bewertet und toxische Wertpapiere ausgemistet.
Für die Bonus-Aktien startet die Bank eine kleine Kapitalerhöhung und wirft 128 Millionen Papiere auf den Markt. Der Großteil der Mitarbeiter verkauft die Aktien aber anschließend gleich wieder. Der SoFFin wandelt zeitgleich zur Kapitalerhöhung weitere Stille Einlagen in Aktien um, um seine Beteiligungsquote von 25 Prozent an der Bank zu halten.
Die Bank kündigt an, rund zwei Milliarden Euro in die Modernisierung ihres Geschäfts zu stecken.
Der SoFFin lässt die Beteiligung an der Commerzbank erstmals unter 25 Prozent fallen. Mit einer Kapitalerhöhung um 2,5 Milliarden Euro will die Bank bis Anfang Juni nicht nur die restlichen Stillen Einlagen des SoFFin von 1,6 Milliarden Euro zurückzahlen, sondern auch die 750 Millionen schwere Finanzspritze der Allianz.
Die Zahl der Aktien wird eingedampft, aus zehn Aktien wird eine.
Die Commerzbank zahlt den Rest der stillen Einlagen des Staates und der Allianz zurück.
Das Management ringt den Arbeitnehmervertretern den Abbau von 5200 Stellen ab.
Die interne Bad Bank der Commerzbank kann ihr Portfolio britischer Gewerbeimmobilien verkaufen.
Der Aufsichtsrat beschließt die Verkleinerung des Vorstands von neun auf sieben Köpfe.
Die Zahl der Vorstandsmitglieder oder die Regeln, nach denen diese Zahl festgelegt wird, werden in der Satzung bestimmt. Der Aufsichtsrat ist bei seiner Entscheidung über die Größe des Vorstandes an diese Vorgabe gebunden.
Aktienrechtlich sind dem Aufsichtsrat im Übrigen bei der Abberufung von Vorstandsmitgliedern enge Grenzen gesetzt. Hintergrund dieser gesetzlichen Regelung ist die Sicherung der eigenverantwortlichen und weisungsfreien Leitung der Gesellschaft durch den Vorstand. Er soll eigenständig nach freiem Ermessen zum Wohle der Gesellschaft handeln. Das gesetzliche Leitbild der Unabhängigkeit und Weisungsfreiheit sowohl gegenüber gesellschaftsfremden Personen als auch gegenüber anderen Gesellschaftsorganen würde durch eine jederzeitige Abberufungskompetenz des Aufsichtsrates ausgehöhlt werden.