Neben den Ausspähskandalen der NSA rückt ein weiteres Thema immer stärker in den Vordergrund: Die zunehmende Überwachung von Mitarbeitern durch ihre Arbeitgeber bei der Nutzung von Telekommunikationsmitteln. Regelmäßig geschieht dies, um Beweismittel zur Rechtfertigung einer späteren Kündigung eines Mitarbeiters zu erhalten. Trotz einer gemeinhin negativen Wahrnehmung solcher Überwachungsvorgänge sollte dabei nicht aus dem Blick verloren werden, dass neben dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Mitarbeiters durchaus berechtigte Interessen des Arbeitgebers solche Maßnahmen rechtfertigen können. Dies gilt vor allem, wenn der Verdacht besteht, dass Mitarbeiter im Rahmen des Beschäftigungsverhältnisses Straftaten oder schwere Pflichtverletzungen zulasten des Arbeitgebers begehen.
Die Rechtslage ist aber nach wie vor unklar. Häufig müssen erst die Gerichte klären, wie die geltenden Vorschriften auszulegen sind. Dennoch müssen bei der Einrichtung oder Durchführung solcher Überwachungsmaßnahmen bestimmte gesetzliche und von der Rechtsprechung entwickelte Anforderungen berücksichtigt werden, bei deren Nichtbeachtung die im Rahmen einer solchen Überwachungsmaßnahme gewonnenen Beweismittel einem Beweisverwertungsverbot unterliegen können.
Grundloses Abhören von Telefonaten ist strafbar
Bei der Überwachung von Telefonaten ist zwischen dem reinen „Mithören“ und dem darüber hinausgehenden „Aufzeichnen“ zum Zwecke der Beweissicherung zu differenzieren. Ohne Einwilligung der Mitarbeiter sieht das Bundesarbeitsgericht das Mithören von Telefonaten beispielsweise dann als zulässig an, wenn dies offen im Rahmen eines Anlernprozesses während der Probezeit geschieht. Die Datenschutzaufsichtsbehörden lassen darüber hinaus offenes Mithören zu, wenn dies durch überwiegende Firmeninteressen gekennzeichnet ist. Dies gilt etwa im Rahmen der Einarbeitungsphase, bei Nachschulungen oder der Qualitätssicherung, wenn die Mitarbeiter hierüber informiert werden.
Zur Aufklärung von Straftaten erfolgt die Überwachung jedoch nicht offen, sondern durch heimliches Aufzeichnen von Telefonaten mit dem Ziel, den Gesprächsinhalt in einem späteren gerichtlichen Verfahren als Beweismittel zu verwerten. Allerdings ist dabei zu beachten, dass das Aufzeichnen von Telefonaten strafbar sein kann. Deshalb bedarf es hierfür einer besonderen Rechtfertigung in der Form eines konkreten Verdachts auf das Vorliegen von Straftaten, wie insbesondere beim Verrat von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen, der ebenfalls eine Straftat darstellt.
In Bezug auf die heimliche Überwachung durch Videoanlagen hat das Bundesarbeitsgericht in einem relativ aktuellen Urteil vom Juni 2012 entschieden, dass die Nutzung von heimlichen Videoaufzeichnungen in einem gerichtlichen Verfahren nicht per se einem Beweisverwertungsverbot unterliegt. Vielmehr muss eine Abwägung zwischen dem Interesse an der Verwertung der so gewonnenen Erkenntnisse mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht der betroffenen Mitarbeiter vorgenommen werden (Az.: 2 AZR 153/11). Die von den Erfurter Richtern gestellten Anforderungen sind jedoch hoch. Danach müssen derartige Kontroll- oder Überwachungsmaßnahmen soweit wie möglich begrenzt werden, der Kreis der überwachten Mitarbeiter ist strikt auf diejenigen Personen zu begrenzen, die konkret tatverdächtig sind. Zudem darf nur überwacht werden, wenn es das letzte verfügbare Mittel zum Nachweis der Straftat oder der Pflichtverletzung ist.
Die Unternehmen müssen diese Umstände vor Gericht dokumentieren können. Zu beachten ist, dass diese Grundsätze bislang nur für die heimliche Videoüberwachung aufgestellt wurden, die anders als das heimliche Aufzeichnen des gesprochenen Wortes nicht per se strafbar ist. Dementsprechend sind Unternehmen gut beraten, wenn sie trotz aller Unwägbarkeiten, die die erforderliche Güterabwägung mit sich bringt, in jedem Fall die Einschränkungen des höchsten deutschen Arbeitsgerichts beachten.
E-Mails mitlesen – in Grenzen erlaubt
Das Arbeitsgericht Augsburg hat diese Grundsätze bereits im vergangenen Jahr auf einen Fall übertragen, in dem ein Betriebsratsmitglied, das im Verdacht stand, sein Arbeitszeitkonto manipuliert zu haben, durch eine heimlich installierte Software überführt werden sollte. Das Gericht ist im Rahmen der Güterabwägung zu dem Ergebnis gekommen, dass ein unverhältnismäßiger Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Betriebsratsmitglieds vorlag. Denn es waren nicht nur die Zugriffe auf das in Frage stehende Arbeitszeitkonto aufgezeichnet worden, sondern die Software lief bei Verlassen oder Unterbrechen des Arbeitszeitprogramms durch das Mitglied bis zum Ende des vorgesehenen Zeitintervalls weiter. So erfasste die Überwachung auch die bis dahin auf dem Bildschirm des Betriebsratsmitglieds stattfindenden Aktivitäten, obgleich diese mit dem Arbeitszeitkonto nichts mehr zu tun hatten (Az.: 1 BV 36/12). Der Arbeitgeber hätte die Software also so programmieren müssen, dass ausschließlich die Aktivitäten im Zusammenhang mit der Nutzung des Arbeitszeitkontos erfasst worden wären. Folge war ein Beweisverwertungsverbot der so gewonnenen Aufzeichnungen.
Rechtlich komplex wird es bei der einfachen Frage, ob ein Unternehmen Einblick in die tägliche elektronische Korrespondenz der Mitarbeiter nehmen darf. Entscheidend ist hier, ob der Arbeitgeber erlaubt hat, die E-Mail-Accounts auch privat zu nutzen. Denn dann gilt das Fernmeldegeheimnis und der Zugriff ist weitestgehend versagt.
Klare gesetzliche Vorgaben hinsichtlich der Nutzung von E-Mails bei dienstlicher oder privater Nutzung gibt es nicht. Die insbesondere im Jahre 2011 diskutierte Novelle des Beschäftigtendatenschutzes wurde bislang nicht verabschiedet. Die Rechtslage ist deshalb immer noch weitgehend unklar.
Bei der Nutzung von E-Mail-Accounts und den dort ein- sowie ausgehenden E-Mails ist zunächst danach zu differenzieren, ob der Arbeitgeber die private Nutzung erlaubt hat. Ist sie untersagt, sind sämtliche E-Mails dienstlich und damit der Geschäftspost des Arbeitgebers gleichzustellen. Ansonsten ist der Arbeitgeber nach überwiegender Meinung rechtlich gesehen Telekommunikationsdiensteanbieter und unterliegt dem Fernmeldegeheimnis. Er kann daher nur in sehr beschränktem Umfang auf den Account eines Mitarbeiters zugreifen. Dies gilt bei fehlender Trennung zwischen dienstlichen und privaten E-Mails auch hinsichtlich der dienstlichen E-Mails.
Will der Arbeitgeber diese Unsicherheiten vermeiden, muss er die private E-Mail Nutzung grundsätzlich untersagen und die Einhaltung dieses Verbotes ebenso laufend kontrollieren wie Verstöße dagegen sanktionieren. Tut er dies nicht, greift ansonsten der Grundsatz der betrieblichen Übung, wonach die Privatnutzung bei unterlassenen Kontrollen und Sanktionen zugelassen ist. Nur auf ein somit rein dienstlich genutztes Account darf ein Arbeitgeber unter bestimmten Voraussetzungen zugreifen, etwa wenn der begründete Verdacht besteht, dass der Arbeitnehmer im Beschäftigungsverhältnis Straftaten begeht oder mittels E-Mail-Korrespondenz Betriebs- und/ oder Geschäftsgeheimnisse oder Know-how oder sonstige vertrauliche Firmeninformationen verrät. Ein alltägliches „Mitlesen“ und vor allem ein Aufbewahren der Korrespondenz zur Dokumentation etwaiger Verstöße ist dem Arbeitgeber dagegen ohne konkrete und dokumentierte Anhaltspunkte für das Vorliegen von Straftaten verwehrt.