
Wenn der Staatsanwalt zweimal klingelt, sind Unternehmen meist in heller Aufruhr. Oftmals sind unzureichende rechtliche Kenntnisse der staatlichen Befugnisse ein Grund, weshalb vorschnell Informationen preisgegeben werden. Dabei brauchen die Fahnder gute Gründe, um eine Durchsuchung zu rechtfertigen, hat das Bundesverfassungsgericht klargestellt.
Das Rüstungsunternehmen Heckler und Koch war 2010 aufgrund des Artikels eines Nachrichtenmagazins ins Visier der Ermittler geraten. Angeblich wären trotz fehlender Ausfuhrgenehmigungen Waffen nach Mexiko geliefert worden.

Der Prokurist des Unternehmens unterrichte daraufhin per E-Mail die Unternehmensleitung über einen Mitarbeiter, der seit 2006 Geschäftsreisen nach Mexiko unternommen hatte. In der Nachricht listete er Fragen auf, die aus Sicht der Staatsanwaltschaft von Interesse bzw. klärungsbedürftig waren. Mit einer weiteren E-Mail teilte er der Unternehmensleitung mit, alle IT-Daten des Mitarbeiters seien auf eine Festplatte gezogen und einer Rechtsanwaltskanzlei zur Auswertung übergeben worden. Von Papierunterlagen habe man Sicherungskopien gefertigt, die sich in der Rechtsabteilung unter Verschluss befänden. Als Vorbereitung auf einen Gesprächstermin mit den beratenden Anwälten würden einige typische Musterfälle erstellt werden, „die als Vorzeigefälle für die Staatsanwaltschaft dienen“ sollten.
Praxistipps zu Durchsuchungen
Es lohnt sich gut vorbereitet zu sein und den Durchsuchungsbeschluss genau unter die Lupe zu nehmen.
Beim Auftauchen der Staatsanwaltschaft oder der Steuerfahndung sollte der Empfang sofort den Leiter der Rechtsabteilung oder der Internen Revision informieren.
Quelle: Rödl & Partner; Stand: 28.03.2014
Bis zum Eintreffen der verantwortlichen Person sollte es im Unternehmen einen „Warteraum“ für die Ermittler geben. Vermeiden Sie, dass die Ermittler sowohl bei Mitarbeitern als auch bei Kunden großes Aufsehen erregen und „ziehen“ Sie die Fahnder aus dem Publikumsverkehr.
Für den wahrscheinlichen Fall, dass der Leiter der Rechtsabteilung bzw. der Internen Revision kein ausgebildeter Strafverteidiger ist: Suchen Sie sich einen und haben Sie dessen Nummer stets griffbereit.
Lassen Sie sich niemals zu Äußerungen oder Stellungnahmen hinreißen. Gerade Mitarbeiter sind mit der Dursuchungssituation oft psychologisch überfordert und denken, die Ermittler mit „Info-Häppchen“ schnell loswerden zu können.
Lassen Sie sich den Durchsuchungsbeschluss zeigen und achten Sie auf das Beschlussdatum! Ein Durchsuchungsbeschluss ist nur sechs Monate vollstreckbar. Hier liegt bereits die häufigste Fehlerquelle.
Wohnen Sie zu mehreren Personen der Durchsuchung bei und machen Sie von Ihrem Zeugenbeistandsrecht Gebrauch.
Seien sie auch digital vorbereitet: Sichern Sie Daten und Informationen, die für Ihre Arbeit wichtig sind, mehrfach. Sie müssen davon ausgehen, dass die Ermittler oft monatelang Ihre Rechner beschlagnahmen.
Passen Sie auf, inwieweit Sie Zutritt zu den im Beschluss genannten Räumlichkeiten gewähren. Gebäude und Räume müssen hinreichend konkret beschrieben sein. Oftmals sind sogenannte „Server-Räume“ gerade nicht mehr vom Beschluss umfasst.
Achten Sie darauf, ob Durchsuchungszweck, Art und Inhalt der Beweismittel ausreichend konkret angegeben sind.
Fertigen Sie ein Protokoll der Durchsuchung an. Notieren Sie alle beschlagnahmten Gegenstände, notieren Sie Auffälligkeiten während der Dursuchung.
Falls Sie keinen oder noch keinen Verteidiger zur Seite haben, sollten Sie sich jetzt dringlich darum bemühen.
Arbeiten sie das Geschehene mit ihren Mitarbeitern nach: was ist gut gelaufen, wo besteht noch Handlungs- und Verbesserungsbedarf?
Wohnung bleibt ohne begründeten Verdacht unverletzlich
Ein anderer Mitarbeiter des Unternehmens sagte gegenüber den Ermittlern aus, im Zusammenhang mit Waffenverkäufen in den Jahren 2005 bis 2010 seien auch Bestechungsgelder an mexikanische Amtsträger gezahlt worden.
Im November 2011 durchsuchte die Staatsanwaltschaft Stuttgart die Wohnräume des Prokuristen. Der Durchsuchungsbeschluss wurde auf die erste E-Mail des Beschwerdeführers gestützt, wonach diese zwar eine „normale rechtliche Vorbereitung“ auf eine anhand der damaligen Presseveröffentlichungen zu erwartende staatsanwaltschaftliche Durchsuchung darstellen könne. Sie könne laut Staatsanwaltschaft aber auch ein „Hinweis auf eine Beweismittelvernichtung, -verschleierung oder -entfernung sein. Gegen dieses Vorgehen wehrte sich der Prokurist erfolgreich. Mit der Durchsuchung seiner Privaträume sei die Staatsanwaltschaft deutlich zu weit gegangen und habe seine Grundrechte verletzt.
Aufgrund der verfassungsrechtlichen Garantie der Unverletzlichkeit der Wohnung erfährt die räumliche und von Öffentlichkeit abgeschirmte Privatsphäre durch eine Durchsuchung einen schwerwiegenden Eingriff. Dieser kann nur mit dem Verdacht einer begangenen Straftat gerechtfertigt werden. Die Einschätzung muss aber auf konkreten Tatsachen beruhen. Vage Anhaltspunkte und bloße Vermutungen reichen nicht aus. Anhaltspunkte für den konkreten Verdacht dürfen sich auch nicht erst bei der Durchsuchung ergeben.