Kinder und Jugendliche sind heute eine kaufkräftige Zielgruppe und damit Adressaten zahlreicher Werbekampagnen. Doch Vorsicht: Für Werbung gegenüber Minderjährigen gelten strenge Regeln. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat sich jüngst allerdings auf die Seite eines werbenden Unternehmens gestellt: Die „Zeugnisaktion“ eines Elektronikmarkts rief Schüler nicht dazu auf, ein bestimmtes Produkt zu kaufen – damit war sie zulässig (Aktenzeichen I ZR 96/13).
In dem Fall vor dem BGH war der Bundesverband der Verbraucherzentralen gegen eine Zeitungsanzeige von Media Markt vorgegangen. Die Elektronikmarktkette versprach Schülern für jede Eins im Zeugnis zwei Euro Rabatt auf ein beliebiges Produkt aus dem gesamten Sortiment. Die geschäftlich unerfahrenen Schüler würden dadurch unzulässig zum Kauf von Media Markt Produkten aufgefordert, argumentierten die Verbraucherschützer. Und sie klagten gegen die vermeintlich unlautere Werbung.
Die Gerichte entschieden für die Werbung: Der BGH – wie auch schon die Vorinstanzen – sah in der Aktion keinen Kaufappell für ein bestimmtes Produkt. Schließlich galt die Vergünstigung für die gesamte Produktpalette. Und nach dem Gesetz ist nur der Aufruf, ein bestimmtes Produkt zu kaufen, gegenüber Kindern und Jugendlichen verboten. Außerdem konnte der BGH in der Werbeaktion kein Ausnutzen der geschäftlichen Unerfahrenheit und auch keinen unsachlichen Einfluss auf die Entscheidungsfreiheit der Schulkinder erkennen. Im Ergebnis war die Aktion damit rechtlich nicht zu beanstanden.
Grenzen in der Grauzone
Der Fall zeigt exemplarisch, wie viele Rechtsfragen bei der Werbung gegenüber Kindern und Jugendlichen noch ungeklärt sind. Ganz abgesehen davon, wie kontrovers und häufig emotional darüber öffentlich diskutiert wird: Auf der einen Seite wird die Meinung vertreten, Werbung würde Kinder und Jugendliche grundsätzlich in ihrer Entwicklung stören und sie zum gedankenlosen Konsum verführen. Im anderen Extrem werden junge Kunden als willkommene Beeinflusser ihrer Eltern bei deren Kaufentscheidung gesehen, die man möglichst früh auch selbst als Konsumenten gewinnen möchte.
Diesem Spannungsfeld versucht der Gesetzgeber gerecht zu werden, indem er Werbung gegenüber Kindern grundsätzlich erlaubt, ihr allerdings gleichzeitig enge Grenzen setzt. Ob eine Werbung zulässig ist oder nicht, richtet sich in erster Linie nach dem Gesetz gegen den Unlauteren Wettbewerb (UWG); weitere Regeln enthalten das Jugendschutzgesetz, der Rundfunkstaatsvertrag sowie – mit Blick auf die Online-Werbung – der Jugendmedienschutz-Staatsvertrag und das Telemediengesetz.
Kinder und Jugendliche sind besonders schutzwürdig
Alle Gesetze sehen Kinder und Jugendliche als besonders schutzwürdig an, weil sie sich noch nicht so kritisch mit Medien auseinander setzen können und weil sie meist spontan und gefühlsmäßig handeln. Diese geschäftliche Unerfahrenheit darf die Werbung nicht ausnutzen, um Minderjährige zum Kauf überteuerter Produkte oder zu Geschäften, deren finanzielle Folgen für sie nicht überschaubar sind, zu verleiten. Auch darf die Art der Werbung nicht derart die Sammelleidenschaft oder den Spieltrieb von Minderjährigen ausnutzen, dass diese die so beworbenen Produkte über ihren eigentlichen Bedarf hinaus kaufen. Schließlich darf die Werbung nicht direkt zum Kauf eines bestimmten Produktes auffordern. Verboten wäre im geschilderten Fall zum Beispiel eine Werbung gewesen mit dem Slogan: „Hol die für jede Eins die CD von xyz und spare zwei Euro“.
Werber und Unternehmen stehen in der Praxis vor dem Problem, dass alle diese gesetzlichen Regeln zwar den groben Rahmen definieren. Sie können aber bei weitem nicht alle Werbeformen im Einzelnen abbilden, zumal die technische und mediale Entwicklung rasant fortschreitet. Vor allem im Bereich Onlinewerbung kämpft der Bundesverband der Verbraucherzentralen teils nahezu verbissen dafür, Kinder und Jugendliche vor Werbung zu bewahren. Dank der Klagefreudigkeit des Verbands steht mittlerweile fast jede Online-Werbeform auf dem gerichtlichen Prüfstand – von der klassischen Pop-up-Werbung über Banderole-Werbung, bei der sich ein Banner über die Internetseite legt, bis hin zu Content-Ads, bei denen die Werbung besonders gut zum Inhalt der jeweiligen Seite passt. Die Kreativität der Online-Werber schränkt dies teils erheblich ein.
Werbung gegenüber Kindern und Jugendlichen bleibt ein schwieriges und emotional besetztes Thema. Die Werbeformen entwickeln sich immer weiter und für viele Formen hat das Gesetz noch keine Antwort, ob sie nun erlaubt sind oder nicht. Auch in Zukunft werden daher viele Fragen zur Zulässigkeit von Werbemaßnahmen gegenüber Käufern unter 18 erst vor den Gerichten geklärt werden.
Wer Werbung an die Adresse von Kindern und Jugendlichen plant und sicher gehen will, damit nicht gegen das Recht zu verstoßen, kann sich beispielsweise an den Grundsätzen des Deutschen Werberats zur Werbung gegenüber Kindern und Jugendlichen orientieren. Im Übrigen hilft der Rat eines kundigen Fachanwalts.