Schäuble-Berater Wie Banken den Fiskus hintergehen

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"Mehr Transparenz schaffen"

Beteiligte an diesen Gestaltungen sagen dagegen, der Bundesfinanzhof habe entschieden, dass beim Dividenden Stripping kein Gestaltungsmissbrauch vorliege. Stimmt das?

Diese Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ist zu einer seit 2002 nicht mehr geltenden Rechtslage ergangen. Soweit ich es überblicke, erging das letzte einschlägige Urteil des Bundesfinanzhofs am 20. November 2007 zu einem Sachverhalt, der das Jahr 1988 betraf.

Bitte sehen Sie mir nach, dass ich jetzt kurz ein wenig technisch werde: Bis einschließlich 2001 hat das Einkommensteuergesetz in § 50 c Absatz 8 eine Börsenklausel enthalten, welche „über die Börse“ ausgeführte Geschäfte unabhängig von der Motivation der Beteiligten und von etwaigen Individualabsprachen erfasst hat. Diese Börsenklausel hat nach damals geltender Rechtslage die Dividenden Stripper vor der Anwendung der allgemeinen Missbrauchsnorm des § 42 Abgabenordnung geschützt. Der § 50 c Absatz 8 Einkommensteuergesetz ist aber durch das Standortsicherungsgesetz mit Wirkung für die Jahre ab 2002 entfallen. Deswegen rate ich bei der Einschätzung der seitdem geltenden Rechtslage zur Vorsicht. Man kann den Marktteilnehmern bei diesen Geschäften nur nachdrücklich empfehlen, den ganzen Sachverhalt offenzulegen, um sich nicht dem Verdacht der aktiven Steuerhinterziehung auszusetzen.

Was könnte der Gesetzgeber unternehmen, um missbräuchliches Dividenden Stripping zu erschweren bzw. leichter zu erkennen?

Man könnte etwa mehr Transparenz schaffen, welche die Meldepflichten des Wertpapierhandelsgesetzes derzeit ungewollt verhindern. Australien hat eine 45-Tage-Regel eingeführt. Danach müssen Investoren Aktien mindestens 45 Tage rund um den Dividendenstichtag halten und dürfen den Kurs nicht absichern, um sich die Kapitalertragsteuer erstatten zu lassen. Das erhöht erstens die Transaktionskosten für die ausländischen Investoren. Zum zweiten entsteht so auch abseits von § 42 Abgabenordnung eine Meldepflicht gegenüber dem Fiskus, der dann leichter nachvollziehen kann, welche Art von Transaktion zugrunde liegt. Eine solche 45-Tage-Regel wäre auch für Deutschland ein geeignetes Instrument gegen missbräuchliches Dividenden Stripping.

Kritiker sagen, dass deutsche Aktien für ausländische Investoren uninteressant werden, wenn diese am Ende die 25 Prozent Kapitalertragsteuer zahlen müssen. Muss man dieses Argument unter dem Stichwort „Attraktiver Standort Deutschland“ nicht berücksichtigen?

Der Aufbau von Drohkulissen ist rechtlich bestandslos. Wer Steuern zu Unrecht nach § 42 Abgabenordnung verkürzt, muss sich den rechtlichen Konsequenzen stellen, ob er mag oder nicht. Außerdem ist diese von Steuerrechtspraktikern gestreute Behauptung durch nichts belegt. Im Gegenteil: Solange deutsche Unternehmen besser als ihre Konkurrenten wirtschaften, sind sie für Anleger im In- und Ausland attraktiv. Dies gilt mit und ohne Kapitalertragsteuerpflicht der Dividenden. Wie bereits oben gesagt, kommt man auch in der Schweiz in ähnlich gelagerten Fällen seit kurzem nicht mehr um die Kapitalertragsteuer herum.

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