Sparkassen und Volksbanken in der Kritik Schlichtungsstellen entscheiden oft gegen Bankkunden

Laut Werbeprospekt lösen Schlichtungsstellen Streitfälle zwischen Banken und Kunden schnell, kostenlos und unbürokratisch. Doch Recht bekommt meist die Bank – besonders Volksbanken und Sparkassen fallen negativ auf.

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Ein Schlichter soll im Streitfall zwischen Banken und Kunden vermitteln. Das funktioniert aber nicht immer ganz unparteiisch Quelle: dpa

Geht es nach den Sparkassen und Volksbanken, geht bei Streit mit Kunden nichts über eine Schlichtung. "Schlichten statt richten", wirbt etwa der Bundesverband der Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR), "der Ombudsmann versucht, die Meinungsverschiedenheit schnell, unbürokratisch und für den Kunden kostenfrei zu lösen."  Der Deutsche Sparkassen- und Giroverband (DSGV) lobhudelt in einer Broschüre zu seiner Schlichtungsstelle: "Ein Schlichtungsverfahren bringt keine Rechtsnachteile mit sich: Ist ein Kunde mit dem Schlichtungsvorschlag des Ombudsmannes nicht einverstanden, kann er nach wie vor die ordentlichen Gerichte anrufen."

Kunden bekommen nur selten Recht

Die Theorie klingt also prima, doch die Realität ist eine andere als die der Werbebroschüren. Recht bekommen Kunden bei den Schlichtungsstellen selten, Geld noch viel seltener. Verbraucherschützer betrachten die Schlichter deshalb mit einigem Argwohn - ausgerechnet die genossenschaftlichen Volksbanken und die kommunalen Sparkassen tun sich aus ihrer Sicht besonders unrühmlich hervor. "Die Ombudsleute der Sparkassen und der Volksbanken erscheinen uns eingefärbt", sagt Susanne Götz, Finanzexpertin bei der Verbraucherzentrale Bayern. "Wir haben den Eindruck, es werde in der Regel im Interesse der jeweiligen Bank entschieden, aber nicht im Sinne des Verbrauchers." Ihre Mandanten, so Götz, schicke sie da nicht mehr hin. "Zumindest warne ich die Verbraucher vor, dass sie dort damit rechnen müssen, dass ihre Beschwerde abgelehnt wird", sagt Götz.

Die Spitzenverbände der Banken sehen das anders. „Unsere Ombudsmänner - beide ehemalige OLG-Präsidenten - sind unabhängig und an Weisungen nicht gebunden“, betont der DSGV auf Nachfrage. "Wie der Ombudsmann über die ihm vorgelegten Fälle entscheidet, liegt selbstredend an den eingereichten Sachverhalten", erklärt der BVR zu dem Vorwurf, häufig gegen den Kunden zu entscheiden. Schließlich sei der Beschwerdeführer nicht immer im Recht.

Auffällig viele Ungereimtheiten

Doch es gibt es zunehmend Fälle, die nicht ins schöne Selbstbild passen. "Gerade bei der Schlichtungsstelle der Volksbanken gibt es auffällig viele Ungereimtheiten", sagt Achim Tiffe, der Direktor des Hamburger Instituts für Finanzdienstleistungen. Weil van Gelder bei seinen Entscheidungen auf geltende Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) nicht eingehe, so Tiffe, halte er die Entscheidungen für rechtlich fragwürdig. Verbraucher, die auf die Unabhängigkeit des Schlichters vertrauen, könnten so um Teile ihrer Ansprüche gebracht werden, findet Tiffe. Die Schlichtungsstelle des BVR dagegen bestreitet das. Die Vermutung, dass entgegen der BGH-Rechtsprechung entschieden werde, treffe nicht zu, erklärt der BVR auf Anfrage.

Strittig ist zum Beispiel ein Fall in Rosenheim. Im vergangenen Jahr beschwerte sich eine Kundin der dortigen Volksbank bei der Schlichtungsstelle BVR. 1995 hatte sie bei der Bank einen langfristigen Sparvertrag mit einem anfänglichen variablen Zins von 3,5 Prozent abgeschlossen. Im Laufe der Zeit senkte die Bank die Zinsen der Sparerin immer weiter. Daraufhin beanstandete die Kundin die vorgenommenen Anpassungen der Zinsen seitens der Bank und forderte eine erneute Berechnung.

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Zum Hintergrund: Bei variabel verzinsten Sparkonten ist die Bank oder Sparkasse berechtigt, die gezahlten Zinsen innerhalb der Laufzeit anzupassen. Sinken die Zinsen wie in den zurückliegenden Jahren, dann wird auch die Verzinsung der langfristigen Sparverträge nach unten angepasst.

Allerdings müssen sich Banken nicht nach dem Marktzins richten. Während die Anpassung nach unten in der Regel schnell geht, sind die Geldinstitute bei steigenden Zinsen knauserig und geben die verbesserten Konditionen nicht immer ausreichend an ihre Kunden weiter. Bereits im Jahr 2004 hat der BGH derart willkürlich Zinsanpassungen seitens der Banken allerdings untersagt, 2010 wurde das Urteil noch einmal konkretisiert. Deshalb können Kunden, die den Eindruck haben ihre Bank habe die Zinsen falsch berechnet, eine Nachberechnung fordern.

Fragwürdige Entscheidungen

Auch die Kundin der Volksbank in Rosenheim-Chiemsee versprach sich eine Rückzahlung durch die erneute Überprüfung der Zinsanpassung durch den unabhängigen Ombudsmann der genossenschaftlichen Banken, van Gelder. Der ehemaligen Richter am Bundesgerichtshof sah das allerdings anders und gestand der Kundin lediglich eine Zinsnachzahlung in Höhe der anfänglichen 3,5 Prozent für die letzten drei Jahre, von 2009 bis 2012 zu. Alle weiteren Ansprüche seien verjährt, schreibt van Gelder in seinem Schlichtungsvorschlag, der WirtschaftsWoche Online in Kopie vorliegt.

Van Gelder beruft sich bei seinem Urteil also auf eine kurze, dreijährige, Verjährungsfrist bei Zinsen. Es gibt allerdings mehrere Urteile, die eine solche Entscheidung van Gelders in Frage stellen. Vor allem aus einem BGH-Urteil von 2002 (Az. XI ZR 361/01) interpretieren Juristen, dass Zinsen gleichlaufend mit dem Sparguthaben verjähren – also nicht nach drei Jahren, sondern erst nach der Kündigung eines Sparvertrags. Gerichte begründen das damit, dass Sparzinsen "grundsätzlich zum Ende eines Kalendervierteljahres gutgeschrieben werden und, soweit der Sparer darüber nicht innerhalb der vereinbarten Frist verfügt, der Spareinlage zugerechnet" werden (OLG Frankfurt, Az. 2 U 12/04). Entsprechend gelte für Zinsen die gleiche Verjährungsfrist wie für Sparguthaben – und die beginnt erst nach der Kündigung des Vertrags. Die Schlichtungsstelle des BVR erklärte dazu gegenüber WirtschaftsWoche Online, dass genannte BGH-Urteil befasse sich mit der Behandlung von Zinsen bei jahrelang nicht vorgelegten Sparbüchern und habe daher mit der hier interessierenden Frage nichts zu tun.

Verbraucherzentrale gewann

Ein weiteres Beispiel für fragwürdige Entscheidungen van Gelders: 2011 entschied der Ombudsmann gegen einen Kunden, der seinen Immobilienkredit bei der Volksbank Raiffeisen Oberbayern Südost vorzeitig auflösen wollte und daraufhin von dem Institut zu einer Vorfälligkeitsentschädigung über 4228 Euro verdonnert wurde. Da dem Kunden die Summe sehr hoch erschien, wendete er sich an die Verbraucherzentrale Hamburg – die wiederum stellte fest, dass die Entschädigung um mehr als 4000 Euro zu hoch war. Ombudsmann van Gelder sollte Klarheit in die Sache bringen. Der allerdings erklärte die berechnete Summe zum Nachteil des Verbrauchers für richtig. Die Verbraucherzentrale Hamburg klagte – und gewann. Die Bank musste dem Kunden die einbehaltenen 4228 Euro erstatten. (Az. 2 C 25/11).

Schönrechnerei

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Eine Passantin geht am Mittwoch (14.04.2004) an einer Filiale der Hamburger Sparkasse vorbei. Quelle: dpa/dpaweb
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Taschenrechner mit dem Logo der Commerzbank Quelle: dpa
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sparda-bank
TARGOBANK Quelle: obs

Auch die Statistiken der BVR-Beschwerdestelle zeichnen ein ziemlich kundenunfreundliches Bild. Der jüngste verfügbare Tätigkeitsbericht umfasst die Schlichtungsverfahren des Jahres 2011. In dem Jahr sind insgesamt 2652 Beschwerden bei der Schlichtungsstelle eingegangen. Davon wurden immerhin noch rund 1800 dem Ombudsmann vorgelegt, in den anderen Fällen wurde die Beschwerde entweder von den Kunden zurückgezogen oder im sogenannten Vorprüfungsverfahren entschieden. Von den mehr als 1800 vorgelegten Verfahren lehnte van Gelder allerdings mehr als drei Viertel als unzulässig ab. Meist wegen Verjährung oder weil zur Klärung der Sachlage eine umfangreiche Beweisaufnahme nötig wäre – in solch aufwändigen Fällen lehnt die Schlichtungsstelle ein Verfahren ab. "Wenn ein Unzulässigkeitsgrund vorliegt, kann eben nicht in der Sache entschieden werden", teilt die Schlichtungsstelle des BVR dazu auf Anfrage mit.

Nur 431 Schlichtungsvorschläge machte Ombudsmann van Gelder, das sind gerade mal 16 Prozent der insgesamt 2652 eingereichten Beschwerden. Nur 51 Schlichtungsvorschläge fielen zu Gunsten des Kunden aus, in allen anderen Fällen gab van Gelder der Bank recht oder regte einen Vergleich an. Von den 51 Schlichtersprüchen zu Gunsten der Kunden lehnten die beteiligten Volksbanken schließlich auch noch 13 ab, nur 38 Kunden erhielten tatsächlich Geld ihr zurück. Heißt im Endeffekt: Nur 8,8 Prozent der 431 Schlichtungsvorschläge waren für den Kunden erfolgreich.

Dagegen verweist der BVR auf die im Vorprüfungsverfahren bereits im Sinne des Kunden entschiedenen 389 Fälle. Zusammen mit den Fällen, in denen der Ombudsmann Anlass für einen Vergleich sah, würden so laut BVR über 50 Prozent der zulässigen und erlassenen Schlichtungen im Sinne des Kunden entschieden. Doch selbst solchen Fällen entnimmt der BVR positives. In einigen Fällen hätten die Kunden zwar nicht recht bekommen, heißt es im Bericht der Schlichtungsstelle. "Da der Ombudsmann sie aber davon überzeugen konnte, dass sie sich in einem Rechtsirrtum befanden, sind auch diese Fälle letztendlich zur Zufriedenheit (beider Parteien) geklärt worden", so der BVR.

Zusätzlich verweist der BVR darauf, dass es gerade 2011 besonders viele Unzulässigkeitsentscheidungen gegeben habe. "Mehr als 1.300 der insgesamt 2.652 Beschwerden wurden in den letzten Dezembertagen des Jahres 2011 von einigen wenigen Anwaltskanzleien eingereicht. Sie betrafen im Wesentlichen Anlageberatungsfälle aus den 1990er Jahren, die allesamt nicht in der Sache entschieden werden konnten, weil sie verjährt waren und/oder der Sachverhalt streitig war", erklärt der BVR.

Es drohen perfide Fallen

Etwas besser sieht die Statistik bei den Sparkassen aus. Hier gingen 2011 insgesamt 2430 Beschwerden ein. Abgewiesen wurden laut Schlichtungsbericht des DSGV nur rund 13 Prozent der Beschwerden, knapp ein Viertel wurde von den Beschwerdeführern zurückgezogen oder nicht weiter verfolgt. Immerhin 16 Prozent der Schlichtungen gingen vollumfänglich zugunsten der Kunden aus, 28 Prozent zugunsten der Sparkassen. In 19 Prozent der Fälle schlug der Schlichter einen Vergleich vor. Wie oft das Institut einen Spruch zugunsten des Kunden annahm, weist der Sparkassen-Bericht allerdings nicht aus. Der DSGV schätzt, dass 30 Prozent der Schlichtersprüche pro Kunde von den Sparkassen abgelehnt werden.

Der DSGV verweist darauf, dass die Sparkassen häufig bereits im Vorprüfungsverfahren auf Beschwerden von Kunden eingingen, ohne dass der Ombudsmann überhaupt tätig werden müsse. „Die Fälle, die letztlich dem Ombudsmann vorgelegt werden, sind dann entweder die strittigen Fälle, die mangels Beweiserhebung auch vom Ombudsmann nicht entschieden werden können, oder oft tatsächlich unbegründete Beschwerden“, heißt es beim DSGV. 

Bei den Schlichtungsstellen der Sparkassen bekommen Kunden also öfter Recht als bei den Volksbanken, allerdings drohen hilfesuchenden Kunden bei den Sparkassen auch besonders perfide Fallen. Viele Kunden gehen davon aus, dass mit einer Beschwerde an die Ombudsstelle die Verjährung ihrer Ansprüche gehemmt wird. Der Deutsche Sparkassen- und Giroverband wirbt auf seiner Website als Vorzug des Schlichtungsverfahrens auch damit: „Mögliche Ansprüche des Kunden verjähren während des Schlichtungsverfahrens nicht.“ Doch Vorsicht: Das gilt nicht für jede Schlichtungsstelle der Sparkassen.

Jede Schlichtungsstelle hat eine eigene Ordnung

Das Sparkassen-Reich ist zersplittert in viele kleine regionale Institute und deren meist landesweite Zusammenschlüsse. Der DSGV als Bundesverband hat eine Schlichtungsstelle, die aber nicht für das gesamte Bundesgebiet zuständig ist. Sie regelt die Streitigkeiten für die Sparkassen in Bayern, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen und Sachsen-Anhalt, außerdem in Berlin, Hamburg, Bremen und Bremerhaven. Andere Sparkassenverbände wie Baden-Württemberg, Niedersachsen oder Hessen-Thüringen unterhalten dagegen eigene Schlichtungsstellen. In Nordrhein-Westfalen gibt es sogar zwei: Beim Rheinischen Sparkassen- und Giroverband in Düsseldorf und beim Sparkassenverband Westfalen-Lippe in Münster.

Jede dieser regionalen Schlichtungsstellen hat eine eigene Schlichtungsordnung, die zwar zumeist sehr ähnlich ist zu der des Bundesverbands – aber in entscheidenden Details mitunter auch folgenschwer abweicht. So heißt es in der Schlichtungsordnung des DSGV klipp und klar: „Für die Dauer des Schlichtungsverfahrens (Vorprüfungsverfahren einschließlich der Schlichtung vor dem Ombudsmann) gilt die Verjährung für Ansprüche, die Gegenstand des Verfahrens sind, als gehemmt.“ In der Verfahrensordnung des Rheinischen Sparkassen- und Giroverbands dagegen findet sich diese Formulierung nicht. 

Keine offiziell anerkannte Schlichtungsstelle

Das sind Deutschlands finanzstärkste Banken
Die Postbank ist, gemessen an ihrer Bilanzsumme, die Nummer zehn der finanzstärksten Banken Deutschlands. Im Jahr 2011 belegte sie noch Platz elf. Das Institut verfügt über eine Bilanzsumme von rund 193,8 Milliarden Euro und 6,309 Milliarden Euro Eigenkapital. Der Jahresüberschuss im Jahr 2012 betrug 279 Millionen Euro. Quelle: AP
Die Bilanzsumme der Landesbank Hessen Thüringen (Helaba ) ist in der Zeit von 2011 bis 2012 ebenfalls gestiegen. Sie wuchs um 21,5 Prozent auf 199,3 Milliarden Euro an, was die Helaba von Platz 13 auf Platz neun der finanzstärksten Häuser beförderte. Quelle: dpa
Bei der Norddeutschen Landesbank (NordLB ) hat man dagegen schon 2012 begonnen, die Bilanzsumme zu schrumpfen. Um 0,9 Prozent wurde die Summe verringert. Dennoch stehen stattliche 225,55 Milliarden Euro bei der NordLB in den Büchern. Demgegenüber stehen 7,7 Milliarden Euro Eigenkapital. Quelle: dpa
Die Bayerische Landesbank (Bayern LB ) hat ihre Bilanzsumme um 7,2 Prozent reduziert und belegt jetzt mit 286,82 Milliarden Euro den siebten Rang. Das Eigenkapital der Bank beträgt rund 15,2 Milliarden Euro. Quelle: dpa
Die größte Reduzierung hat die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW ) im letzten Jahr hinter sich gebracht. Sie reduzierte ihre Bilanzsumme um 9,8 Prozent auf 336,3 Milliarden Euro. Demgegenüber stehen 10,3 Milliarden Euro Eigenkapital. Quelle: dapd
Bei der UniCredit Bank ging es im Jahr 2012 um 6,4 Prozent runter auf eine Bilanzsumme von 348,3 Milliarden Euro. Das macht Platz fünf im Ranking der finanzstärksten Geldinstitute Deutschlands. Quelle: dpa
Bei der Deutschen Zentral-Genossenschaftsbank (DZ Bank ) ist die Summe aller Aktiva oder sämtliche Passiva dagegen um 0,3 Prozent auf 407,236 Milliarden Euro gestiegen. Damit belegt die DZ Bank Platz vier im Ranking. Mit rund 1,32 Milliarden Euro erwirtschaftete die DZ Bank außerdem einen der höchsten Jahresüberschüsse der Top Ten-Häuser in Deutschland. Quelle: Presse

Für die Kunden bedeutet das: Sie müssen sich erst einmal schlau machen, ob die jeweilige Schlichtungsstelle eine mit Verjährungshemmung ist oder eine ohne. Sonst kann es teuer werden. Wie für ein Ehepaar, das mit geschlossenen Immobilienfonds, die es über die Sparkasse Köln-Bonn gekauft hatte, viel Geld verlor. Im April dieses Jahres urteilte das Landgericht Köln, dass die Ansprüche des Paares gegen die Sparkasse Köln-Bonn verjährt sind. Die Beschwerde bei der Ombudsstelle des Rheinischen Sparkassen- und Giroverbands war nicht geeignet, die Verjährung zu hemmen (LG Köln, Az. 21 O 271/12).

Der Grund: Es handelt sich bei der Kundenbeschwerdestelle des Rheinischen Sparkassen- und Giroverbands nicht um eine offiziell anerkannte Schlichtungsstelle. Die Schlichtungsordnung ist zwar vom Bundesjustizministerium genehmigt – um als offiziell zu gelten, muss eine Schlichtungsstelle allerdings von der Landesjustizverwaltung anerkannt sein. Grundsätzlich kann zwar auch ein Verfahren bei einer nicht-offiziellen Schlichtungsstelle die Verjährung hemmen. Dann aber muss der Schlichtungsversuch von beiden Streitparteien einvernehmlich gestartet worden sein. Das klingt trivial, ist aber richtig vertrackt.

Wie ein haarspalterischer Exzess

Die Sparkasse Köln-Bonn und ihre Anwälte bestritten erfolgreich, dass der Einigungsversuch einvernehmlich war. Das Urteil liest sich wie ein haarspalterischer Exzess, der Sparkassen-Anwälte glücklich machen mag, für normale Kunden allerdings kaum mehr verständlich ist. Im Kern geht es um die Frage, ob zuerst ein Schlichtungsversuch unternommen werden muss, bevor überhaupt vor Gericht geklagt werden darf. Das Zivilprozessrecht sieht diese Schlichtung zum Beispiel bei kleinen Streitwerten zwingend vor. Juristen sprechen dann von einer „obligatorischen“ Schlichtung.

Reicht nun ein Kunde eine obligatorische Beschwerde ein, so handelt es sich automatisch um einen einvernehmlichen Einigungsversuch. Alleine aus der Tatsache, dass eine Schlichtungsstelle eingerichtet worden ist, wird dann automatisch auf die Bereitschaft zu Verhandlungen über eine gütliche Einigung geschlossen. Der Clou: In Fällen, in denen die Schlichtung nicht obligatorisch ist, ist sie für das Landgericht Köln auch nicht einvernehmlich. Wer also eine Beschwerde einreicht, die nicht obligatorisch ist, hat in puncto Verjährung Pech. Die Sparkasse Köln-Bonn teilt mit, sie habe ihre rechtlichen Möglichkeiten genutzt. „Die Kundin und ihr Rechtsvertreter hatten fast zehn Jahre Zeit und eine Vielzahl von Möglichkeiten, fristgerecht eine staatlich anerkannte Beschwerdestelle einzuschalten und damit die Verjährung auszusetzen.“

Immer wieder der selbe Fall

Aktuell läuft in Köln ein ähnliches Verfahren. Wieder klagen Anleger wegen Verlusten bei geschlossenen Fonds, in diesem Fall sind es Medienfonds. Wieder argumentiert die Sparkasse Köln-Bonn, die Ansprüche des Klägers seien verjährt, die Beschwerde an die Ombudsstelle des Sparkassenverbands habe die Verjährung nicht gehemmt. Aus genau denselben Gründen: Die Schlichtungsstelle des Rheinischen Sparkassen- und Giroverbands sei nicht offiziell anerkannt, der Schlichtungsversuch nicht einvernehmlich. Und außerdem: In der Schlichtungsordnung stehe nichts von Verjährungshemmung (LG Köln, Az. 15 O 341/12).

„In gewisser Weise werden die Kunden hinters Licht geführt“, sagt Rechtsanwalt Martin Seidel, der die Kläger gegen die Sparkasse vertritt. Der Anwalt von der Düsseldorfer Anlegerschutzkanzlei Baum, Reiter & Collegen fragt: „Wenn die Schlichtungsstelle nicht zum Zweck einer einvernehmlichen Einigung eingerichtet wurde, wozu denn bitteschön sonst?“ Die Sparkasse Köln-Bonn will sich zum laufenden Verfahren auf Nachfrage nicht äußern.

Grundsätzlich sinnvoll

Milliardenklagen gegen Banken
Papiertüten mit dem aufgedrucktem Logo der Deutschen Bank Quelle: dpa
Logo der Royal Bank of Scotland (RBS) Quelle: dapd
A home for sale in Contra Costa County in the city of Antioch, California Quelle: dpa
A man walks past JP Morgan Chase's international headquarters on Park Avenue in New York Quelle: REUTERS
Die Verstrickung in den Libor-Skandal kommt die UBS teuer zu stehen. Die größte Schweizer Bank muss mit rund 1,4 Milliarden Franken (1,16 Milliarden Euro) die zweithöchste Geldstrafe berappen, zu der eine Bank jemals verdonnert wurde. Dutzende von Händlern und Mitarbeitern der Bank waren nach Erkenntnissen der Aufsichtsbehörden in die Manipulationen des Referenzzinses verwickelt. Sogar Schmiergeld wurde gezahlt, hieß es im Untersuchungsbericht der britischen Aufsichtsbehörde FSA. UBS habe in "schwerer Weise gegen Schweizerische Finanzmarktgesetze verstoßen", urteilte auch die Schweizer Bankenaufsicht FINMA. Das Kontrollsystem der Bank habe erhebliche Mängel aufgewiesen. Die Behörden fassten UBS erheblich härter an als die britische Großbank Barclays Bank, die ebenfalls wegen des Libor-Skandals eine hohe Strafe zahlen musste. Bankchef Sergio Ermotti, seit Herbst 2011 im Amt, bedauerte öffentlich dieses "unangemessene und unethische Verhalten zutiefst". UBS habe von sich aus bei den Behörden Meldung erstattet, nachdem sie das Fehlverhalten festgestellt habe. Es ist der zweite große Skandal für die Bank, nachdem der frühere UBS-Händler Kweku Adoboli vor mehr als einem Jahr gut 1,8 Milliarden Euro in den Sand setzte. Adoboli wurde inzwischen des Betrugs für schuldig befunden und zu sieben Jahren Haft verurteilt. Die Affäre kostete den damaligen UBS-Chef Oswald Grübel den Posten. Die Schweizer Großbank musste auf Geheiß der britischen Finanzaufsichtsbehörde FSA eine Strafe von knapp 30 Millionen Pfund (36,7 Millionen Euro) zahlen, weil ihr die unautorisierten Handelstransaktionen von Adoboli nicht auffielen. Die FINMA will der Großbank künftig genauer auf die Finger schauen und schickt einen Aufpasser ins Haus. Quelle: dapd
JP Morgan mit Bear-Stearns-FluchIn der Finanzkrise rettete sich die Investmentbank Bear Stearns in die Arme des Branchenprimus JP Morgan. Jetzt könnte die Übernahme auf Geheiß der US-Regierung eine teures Nachspiel haben. Die US-Aufsichtsbehörde National Credit Union Administration (NCUA) verklagte JP Morgan im Dezember 2012 auf Schadenersatz in Höhe von 3,6 Milliarden Dollar. Sie wirft Bear Stearns vor, mit Ramschhypotheken unterlegte Wertpapiere an vier Genossenschaftsbanken verkauft zu haben. Die vier Banken gingen nach hohen Verlusten mit den Papieren allesamt bankrott und mussten von der Aufsichtsbehörde abgewickelt werden. Die NCUA hatte JP Morgan bereits im Juni 2011 auf 1,4 Milliarden Dollar verklagt. Über die Zulassung der Klage wurde bislang noch nicht entschieden. Bisher konnte die NCUA von der Deutschen Bank, HSBC und der Citibank Schadenersatz in Höhe von 170 Millionen Dollar erstreiten. Verfahren gegen Barclays, Credit Suisse, Goldman Sachs, RBS, UBS und Wachovia sind noch offen. Im Oktober 2012 erhob der US-Generalstaatsanwalt Klage gegen JPMorgan Chase. Auch dabei ging es um hypothekenbesicherte Wertpapiere, deren Wert sich während der Finanzkrise nahezu in Luft auflöste. Anleger sollen durch die von Bear Stearns vermittelten Wertpapiere 22,5 Milliarden Dollar verloren haben. Am 19. November 2012 teilte JPMorgan mit, sich mit der US-Börsenaufsicht SEC auf einen Vergleich geeinigt zu haben: Gegen eine Strafzahlung von 297 Millionen Dollar (232 Millionen Euro) zieht die Behörde einen Schlussstrich unter das Verfahren. Quelle: REUTERS
Sal. Oppenheim: Milliardenrisiko für Deutsche BankVor dem Kölner Landgericht begann am 18. Dezember 2012 ein spektakulärer Schadenersatzprozess: Die Quelle-Erbin Madeleine Schickedanz fordert vom Bankhaus Sal. Oppenheim und dem Immobilienunternehmer Josef Esch Schadenersatz für ihr bei der Pleite des Handelskonzerns Arcandor, der einstigen Karstadt-Quelle AG, verlorenes Vermögen. Insgesamt beträgt der Streitwert 1,9 Milliarden Euro. Die Quelle-Erbin war einst eine der vermögendsten Frauen Deutschlands. Schickedanz wirft der Bank und ihrem ehemaligen Vermögensbetreuer Josef Esch und der einst schillernden Privatbank vor, sie falsch beraten und damit Vermögensbetreuungspflichten verletzt zu haben. Gleichzeitig sieht sich die Ex-Milliardärin aber mit Widerklagen der Bank und von Kreditbürgen in Höhe von rund 580 Millionen Euro konfrontiert. Das durch die Fehlspekulationen in Schieflage geratene Bankhaus gehört seit 2010 der Deutschen Bank. Im Februar oder März 2013 muss sich die einstige Führungsriege von Sal. Oppenheim zudem wegen besonders schwerer Untreue vor dem Kölner Landgericht verantworten. Angeklagt sind Christopher Freiherr von Oppenheim, Matthias Graf von Krockow und die Ex-Bank-Manager Friedrich Carl Janssen und Dieter Pfundt sowie Josef Esch, der eng mit der Führung von Sal. Oppenheim zusammengearbeitet hatte. Ihnen wird vorgeworfen, der Bank mit Immobiliengeschäften einen zweistelligen Millionenschaden zugefügt zu haben. Die Beschuldigten bestreiten dies. Quelle: pressebild

Grundsätzlich aber, das sehen selbst Verbraucherschützer so, ist die Einrichtung von Schlichtungsstellen durchaus sinnvoll. Denn für den Kunden ist das Verfahren kostenlos, ein lohnender Vorteil vor allem bei geringen Streitwerten. Gerichtsverfahren sind hier oft von vorherein sinnlos, weil das Kostenrisiko den möglichen Nutzen übersteigt.

Auch Deutschlands Privatbanken haben eine Schlichtungsstelle eingerichtet, sie sitzt beim Bundesverband Deutscher Banken (BdB) in Berlin. In puncto Kundenfreundlichkeit sind die Privaten den Sparkassen und Genossen sogar voraus: Hier ist ein Schlichtungsspruch bis zu einem Betrag von 5000 Euro bindend für die Institute, für den Kunden dagegen nicht. "Im Gegensatz zu Sparkassen und Volksbanken haben wir mit den Schlichtungsstellen der Privatbanken bisher gute Erfahrungen gemacht", sagt Verbraucherschützerin Götz.

Dennoch gibt es grundsätzliche Bedenken gegenüber dem Verfahren. Kritiker wie Tiffe mahnen, die Entscheidungen der Bank-Ombudsleute müssten transparenter und vor allem unabhängiger werden. "Solange die Schlichtungsstellen direkt bei den Bank- und Sparkassenverbänden angesiedelt sind, ist ein unabhängiges Urteil kaum möglich", sagt Christian Schmid-Burgk von der Verbraucherzentrale Hamburg. Auch finanziell seien unabhängige Entscheidungen schwierig. "Man schlägt ja nicht die Hand, die einen nährt", sagt Schmid-Burgk. Laut dem Düsseldorfer Anlegeranwalt Julius Reiter fängt das Dilemma schon bei der Auswahl der Ombudsleute an. "Ombudsmänner werden von Bankenseite gestellt und sind meist pensionierte Richter, die durch bankenfreundliche Rechtsprechung aufgefallen sind", sagt Reiter.

Dass unabhängige Schlichtungsstellen möglich sind, zeigt ein Blick nach Schweden. Dort hat sich das Schiedsverfahren im frühen 19. Jahrhundert entwickelt, der Begriff Ombudsmann stammt vom Wort ombud, auf altnordisch Vollmacht. Im Gegensatz zu ihren deutschen Kollegen sitzen beispielsweise schwedische und britische Schlichter nicht bei den jeweiligen Banken, sondern direkt bei der Finanzaufsicht.

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