Spekulationssucht Süchtig nach dem Glücksspiel Börse

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Kick an der Börse

Steuerhinterziehung: Vom Kavaliersdelikt zum Verbrechen
Die schweizer Flagge vor einer Bank Quelle: dpa
Ein Bild vom 11. September 2001 Quelle: REUTERS
Hans Eichel Quelle: REUTERS
Schweizer Käse Quelle: AP
Klaus Zumwinkel Quelle: dpa
Das Logo der UBS Quelle: dapd
Schweizer Fahne auf einer CD Quelle: dpa

Aber auch, wenn Hoeneß keine riesigen Verluste anhäufte, so ging er bei seinen Geschäften doch hohe Risiken ein. Offenbar hatte sich der erfolgreiche Fußballmanager vor allem bei Devisengeschäften einiges zugetraut – einem Markt, der besonders schwer vorhersagbar ist und in kurzen Abständen die Richtung wechselt. Um mit Spekulationen auf Dollar, Pfund oder Yen trotz der geringen Preisdifferenzen nennenswerten Gewinne zu machen, muss ein Anleger sehr hohe Beträge einsetzen.

Vor allem zwischen 2002 und 2006 will Hoeneß permanent dem Kick an der Börse nachgejagt haben. Die Kurse verfolgte er auf seinem Pager, per Telefon hat er dann seine Kauf- und Verkaufsaufträge an die Händler der Bank Vontobel erteilt. 2006 begannen dann seine verlustreichen Jahre. "Es wurde richtig eng", bekannte Hoeneß. Sein Freund, der frühere Adidas-Chef Robert Louis-Dreyfus, habe ihm mit Millionenbeträgen aus der Patsche geholfen. In der Finanzkrise 2008 seien seine Anlagen „endgültig in den Keller“ gegangen und er habe seine Geschäfte stark reduziert.

Glaubt man das, hätte Hoeneß etwas geschafft, was Glücksspielsüchtigen aus eigener Kraft nur selten gelingt. Oft benötigen sie Unterstützung von außen, durch Angehörige, Freunde oder auch Ärzte und Kliniken. „Eine solche Krankheit ist nicht im klassischen Sinne ausheilbar. Die Betroffenen bleiben ein Leben lang gefährdet und müssen sich entscheiden, abstinent zu leben. Nur so kann man die Erkrankung stoppen“, sagt der Sozialpädagoge Hölzel. Wie alle abstinenten Suchterkrankten bleibt immer die Gefahr eines Rückfalls. Im Interview mit der Zeit bezeichnete sich der Bayern-Präsident bereits als kuriert. Sein Sohn Florian ergänzte gegenüber der Zeitung allerdings, die Familie sehe das etwas anders.

Bislang hat Hoeneß seine Zockerei freimütig eingeräumt und im Prozess auch als einen Grund für sein Fehlverhalten genannt. Ob die Strafkammer das jedoch in ihrem Urteil als eine Krankheit einstuft und berücksichtigt, ist angesichts der Schwere der nun verhandelten Steuerhinterziehung fraglich. Hoeneß wird sich nicht darauf berufen können, in den Jahren seiner Zockerei die 27 Millionen Euro schwere Steuerpflicht schlicht vergessen oder die Spekulationsgewinne nur aus einem Zwang heraus erwirtschaftet zu haben. Diese Form der Spielsucht mag das Verständnis für den Menschen Hoeneß wecken, nicht aber für den Steuerhinterzieher Hoeneß.

In den typischen Fällen ist das regelmäßig anders. „Suchterkrankungen wirken sich eigentlich immer strafmildernd aus. Letztlich entscheidet die Strafkammer, ob sie die Erkrankung in ihrem Urteil würdigt“, sagt Hölzel.

Seit 2001 ist Glücksspielsucht als Krankheit anerkannt. Die Krankenkassen und Rentenversicherungsträger übernehmen seitdem auch Reha-Maßnahmen in den zahlreichen Fachkliniken. Dort lernen die Betroffenen, ihre Einstellung zum Geld und ihren Umgang damit neu zu ordnen. Das ist auch Uli Hoeneß zu empfehlen.

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