Steuer auf Kryptowährungen Finanzamt unsicher, Investoren in Gefahr

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Fehlende Kenntnis kann zu Problemen führen

Was gilt, wenn ich Kryptowährungen geschenkt bekomme oder geerbt habe?

Als Anschaffungszeitpunkt gilt dann jeweils der Zeitpunkt der Schenkung und als Anschaffungspreis der Wert der Kryptowährung zu diesem Zeitpunkt.

Erfährt ein Beschenkter aber erst später von der Schenkung, ist dieser spätere Zeitpunkt maßgeblich. Nur bei Minderjährigen kann das anders aussehen, wenn etwa die Eltern ihnen Kryptowährungen schenken oder von der Schenkung wussten und einverstanden waren. Dann würde eventuell auch ohne Kenntnis des Kindes von der Schenkung steuerlich bereits der Zeitpunkt der Schenkung selbst als Stichtag herangezogen werden können.

In der Praxis kann die fehlende Kenntnis zu Problemen führen, auch beim Thema Erbschaftsteuer, wie die Buchautoren an einem Beispiel erläutern. Sie schildern den fiktiven Fall eines jungen Mannes, der von seinem verstorbenen Vater einen Gebrauchtwagen für 20.000 Euro und Bargeld in Höhe von 30.000 Euro geerbt hat. Erst zwei Jahre nach dem Tod des Vaters entdeckt er den Zugang zu einer Wallet, ein digitaler Geldbeutel, in dem 20 Bitcoins liegen. Mittlerweile ist der Preis des Bitcoins abgestürzt. Doch zum Zeitpunkt des Erbfalls hatten die 20 Coins einen Wert von zwei Millionen Euro. Der Steuerberater informiert den Sohn nun, dass auch nach Abzug des Steuerfreibetrags von 400.000 Euro noch eine Summe von 1,65 Millionen Euro als steuerpflichtiges Erbe verbleibt. Bei 19 Prozent Steuersatz würde die fällige Erbschaftsteuer auf 313.500 Euro steigen, zuzüglich Zinsen von 0,5 Prozent pro Monat. Jetzt könnte der Sohn das Erbe allenfalls noch anzufechten versuchen und auf einen Irrtum verweisen. Ob dies gelingt, hängt vom Einzelfall ab.

Greift eine längere Frist für die Steuerfreiheit, wenn ich Bitcoins anderen verleihe oder überlasse?

Diese Auffassung kursiert teils im Internet. Dort heißt es, dass bei einer solchen Leihe, etwa über Peer-to-Peer-Kredite (also Kredite von einer Privatperson an eine andere) oder an Online-Börsen, die nötige Haltedauer auf zehn Jahre steigen würde, um von der Steuerfreiheit zu profitieren. Die Buchautoren halten das für eher unwahrscheinlich. Auch beim Verleihen von Bitcoins dürfte es ihrer Auffassung nach bei der einjährigen Spekulationsfrist bleiben. Sicher ist das aber noch nicht.

Welche Steuerregeln gelten, wenn ich Kryptowährungen selbst schürfe ("Mining")?
Das private Schürfen von Kryptowährungen am heimischen PC ist mittlerweile, etwa beim Bitcoin, kaum noch möglich. Je mehr Kryptowährungen schon geschürft worden sind, desto größere Rechenleistung ist für jeden weiteren Coin nötig. Allenfalls im Verbund mit vielen anderen Rechnern, sogenannten Miningpools, ist es in der Praxis meist noch möglich, Kryptowährungen erfolgreich zu schürfen. Im Buch wird zu den dann relevanten Steuerfragen unter anderem auf eine Stellungnahme der Bundesregierung vom 29. Dezember 2017 verwiesen. Stellt das Mining nur eine gelegentliche Tätigkeit dar, wären solche Einkünfte demnach erst ab einer Höhe von 256 Euro im Jahr einkommensteuerpflichtig. Liegt hingegen eine gewerbliche Tätigkeit vor, wären Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu erfassen.

Wie behalte ich den Überblick über meine Trades?

Das ist keine leichte Aufgabe, zumal Krypto-Investoren idealerweise nicht nur dokumentiert haben sollten, wann sie jeweils Orders aufgegeben haben, sondern auch, was die jeweilige Kryptowährung zu diesem Zeitpunkt in Euro wert war, etwa wenn sie von einer Kryptowährung in die andere Geld tauschen. Eine klassische Liste, etwa mit einem Tabellen-Kalkulations-Programm wie Excel, reicht dann schnell nicht mehr.

Im Buch werden hierzu mehrere Tools vorgestellt, die Investoren und Steuerberatern dabei helfen. Dies ist zum einen CoinTracking.info, das grundsätzlich kostenlos nutzbar ist. Erst bei der Erstellung von Steuerreports mit über 100 Trades pro Jahr fällt eine Gebühr an, etwa 100 Euro. Zeitnah soll mit CryptoTax.io ein weiterer Dienst verfügbar sein. Dahinter steckt eine neue spezielle App, die besonders auf steuerliche Aspekte bei Geschäften mit Kryptowährungen ausgerichtet ist.

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