Steueranwalt Koblenzer Schweizer Abkommen hat viele Schlupflöcher

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Risiko durch Stichproben?

Deutschlands absurdeste Steuern
A customer sips her coffee in Starbucks' Mayfair Vigo Street branch in central London Quelle: REUTERS
Die Bettensteuer war ein besonders beliebtes Abkassier-Instrument der deutschen Kommunen. Rund 20 Städte und Kommunen hatte sie eingeführt, mehr als 70 hatten die Abgabe geplant – bis das Bundesverwaltungsgericht die Abgabe gestoppt hat. Gäste in Pensionen oder Ferienwohnungen sollten pro Nacht 1 Euro zahlen, Hotelgäste 1,50 Euro. Für eine Übernachtung im Vier-Sterne-Hotel allerdings wurden 2 Euro fällig. Die Mehreinnahmen sollten für die Tourismusförderung eingesetzt werden. Als eine der erste Städte hatten Köln die Bettensteuer eingeführt. Seitdem müssen Hoteliers fünf Prozent auf Übernachtungen zahlen. Die Einnahmen sollten in den Kulturetat fließen, die Stadt hofft auf sieben Millionen Euro pro Jahr. Quelle: dpa
Hotel Adlon in Berlin Quelle: dpa-dpaweb
Grand Elysée Hotel in Hamburg Quelle: Presse
Jäger sammelt erlegte Wildschweine ein Quelle: dpa
Blaulicht eines Polizeifahrzeugs Quelle: dpa
Sonnenbank in Düsseldorf Quelle: dapd

In Zukunft sollen deutsche Finanzämter stichprobenartig Abfragen stellen dürfen, 1300 binnen zwei Jahren. Besteht da denn keine Entdeckungsgefahr?

Die gibt es schon. Allerdings betrifft das ab 2013 nicht mehr die verbuchten Alt-Vermögen, die ja dann pauschal besteuert werden und damit amnestiert sind. Es handelt sich in diesen Fällen um ein sogenanntes nicht auskunftspflichtiges Konto beziehungsweise Depot. Dann bleiben nur noch Schließfächer übrig, die allerdings – man mag es kaum glauben – eben gerade nicht vom Auskunftsanspruch der Bundesrepublik Deutschland erfasst werden. Ein auf Schließfachvermögen ausgerichtetes Auskunftsersuchen geht also ins Leere. Das betrifft auch den Fall, soweit neben dem Schließfach noch ein Konto oder Depot in der Schweiz unterhalten wird. Auch in diesen Fällen würde sich die Auskunft nur auf die auf Konten und Depots verbuchten und nicht bereits nachversteuerten Vermögenswerte beschränken.

Ein Restrisiko gibt es dennoch.

Gut, wer allergrößten Wert auf das Bankgeheimnis legt und sicher sein will, dass der deutsche Fiskus keinen Zugriff bekommt, der zieht sein Geld einfach aus der Schweiz unter Auflösung seiner Konto- und Depotbeziehung ab und geht nach Singapur, Abu Dhabi oder Dubai, auf die selbst die Amerikaner keinen Zugriff haben. Viele dreistellige Millionäre haben sich schon 2004 mit Blick auf die EU-Zinsrichtlinie aus der Schweiz verabschiedet. Auch die Türkei verbucht in jüngster Zeit enorme Kapitalzuflüsse.

Man hört, dass Schweizer Banken sich weigern, wenn Deutsche Geld von ihren Konten abheben wollen.

In der Tat gibt es solche Fälle. Grund dafür ist eine Regelung in Artikel 33 des Steuerabkommens. Danach kann eine Bank regresspflichtig werden, wenn sie beim Schaffen von Umgehungsstrukturen hilft, die die Nachversteuerung verhindern. Davor fürchten sich die Banken. Allerdings greift die Regel erst, wenn das Abkommen in Kraft tritt. Und wenn jemand einfach nur sein Geld abbuchen will, dann bedeutet das ohnehin nicht, dass Strukturen zur Steuervermeidung geschaffen werden. Also: Weigert sich die Bank, dann brauchen Sie über Ihren Anwalt nur eine einstweilige Verfügung erwirken und die Bank muss das komplette Geld herausrücken.

Kann man denn noch Geld aus der Schweiz in andere Länder transferieren, ohne dass der deutsche Fiskus die Fährte aufnehmen kann?

Wenn Sie Geld aus der Schweiz abziehen oder ins Ausland überweisen, werden Sie möglicherweise registriert beziehungsweise hinterlassen Spuren. Das geschieht aber nicht, wenn Ihr Depot einen Wertverlust erleidet, selbst wenn der massiv ist. Es gibt entsprechende hochkomplexe Investmentstrukturen, die einen Vermögenstransfer über Wertverluste in der Schweiz und korrespondierende Wertzuwächse in Auslandsdepots ermöglichen. So kann man ohne weiteres Millionen einfach „verschwinden“ lassen.

Heißt das, dass der deutsche Fiskus die ganz großen Fische nie zu packen bekommt?

Jeder, der partout in der Anonymität bleiben und keine Steuern zahlen möchte, wird das auch in Zukunft können, wenn er sich entsprechender Profis bedient. Beratern sei aber gesagt, dass sie sich sehr schnell selbst im Wege der Beihilfe oder Begünstigung strafbar machen können, sofern sie nicht unter die auch für Berater geltende Amnestieregelung des Artikels 17 Absatz 1 des Abkommens fallen. Eine seriöse Beratung sieht nach meinem berufsethischen Verständnis allerdings anders aus, zumal man auf völlig legalem Wege Hilfestellung leisten kann. Das Steuerabkommen baut aber allen, die steuerehrlich werden wollen, eine alternative Brücke. Und das ist meiner Meinung nach die große Mehrzahl der Deutschen, die Vermögen in der Schweiz haben. Für den deutschen Fiskus gibt es im Hinblick auf die drohende Verjährung von Steuerstraftaten aus ökonomischer Sicht eigentlich keine Alternative zu diesem Abkommen – unter anderem, weil die Schweiz klar und unmissverständlich signalisiert hat, dass sie zu weiteren Zugeständnissen nicht bereit ist. Das werden am Ende auch die SPD-regierten Bundesländer einsehen und deshalb dem Abkommen ihr Plazet erteilen.

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