Steuerapp im Praxistest Tax@home: Sympathisch, aber unbrauchbar

Quelle: Screenshot

Drei junge Menschen aus Wien wollen der Steuererklärung ihren Schrecken nehmen.  Klingt nach einer netten Story, nur hapert es an der Umsetzung.

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Auf den ersten Blick scheint die App Tax@home ihren Zweck noch durchaus zu erfüllen. Wären da nicht einige Schreibfehler, die den ersten Eindruck schon gleich wieder trüben („Du muss eine Einkommensteuererklärung bis zum 30. Juni des Folgejahres abgeben“, „Du befindest Dich im der leicht verständlichen interaktiven Steuer-Dialog“). Schwamm drüber, noch bleibt der Sympathievorsprung dem Team erhalten!

Eine „Steuerfee“ stellt zu Beginn fest, ob der jeweilige Sachverhalt verarbeitet werden kann. Wenn nicht - etwa auch bei der Nennung von Kapitalerträgen - schickt die App einen nur zum Steuerberater. In Standardfällen soll die direkte Abgabe per App möglich sein – oder doch nicht? Auf der Website steht „Die direkte Übermittlung im App“ und „tax@home ist die Plattform für Familien und ArbeitnehmerInnen, um ihre Steuererklärung mobil und gut informiert zu erledigen“.

Falsche Frist, eingeschränkte Funktion

Doch wer deshalb meint, mit der App könne eine Steuererklärung abgegeben werden, der irrt. Die App spuckt auch dann nur den PDF-Bericht aus. Die Werte daraus können dann in ein anderes Programm oder eine andere App übertragen werden. Die Funktion von Tax@home beschränkt sich also darauf, eventuell schon im Laufe des Jahres Werte zu „Abzugsposten“ zu sammeln und diese einigermaßen übersichtlich und geordnet aufzubereiten.

Die für die Abgabe der Steuererklärung gleich zu Beginn genannte Frist (der bereits erwähnte 30. Juni) war offensichtlich falsch. Tatsächlich galt das Datum für Österreich – das neben Deutschland zu den Zielmärkten von Tax@home gehört. Erst durch Umstellung des Steuersitzes in den Einstellungen der App auf Deutschland wurde die korrekte Abgabefrist genannt. Allerdings hatte das Programm direkt zu Beginn nach dem Land gefragt und wusste eigentlich also bereits von der Steuerpflicht in Deutschland.

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Im Anschluss fragt die App zahlreiche steuerlich relevante Ausgaben (die „Abzugsposten“) ab. Eigentlich können dafür mit der Kamera auch Fotos der Belege gemacht werden. Dies führte im Test aber zu einem Absturz der App. Nur das Laden von bereits vorher erstellten Fotos klappte, wenn auch mit hoher Fehlerquote, etwa was die Zahlenwerte oder Daten angeht.

Verwirrende Nutzerführung

Die Fragelogik der App ist insgesamt eigenwillig. Eigentlich wären auf Basis der Fragestellungen als Antwortoption ja/nein zu erwarten. Tatsächlich wird aber immer nur der jeweilige Abzugsposten beziehungsweise „Weiter“ angeboten. Solche Kleinigkeiten verwirren immer wieder bei der Benutzung. Die genutzten Bezeichnungen sind auch nicht immer intuitiv verständlich. Erklärungen gibt es teils, doch die bleiben oberflächlich. Bei der Frage nach einem Arbeitszimmer gibt es beispielsweise keine Erläuterungen zu den Voraussetzungen für dessen Absetzbarkeit. Dabei ist das Thema alles andere als einfach und wurde durch die neu eingeführte Homeoffice-Pauschale sogar noch komplexer.

Am Ende soll ein PDF-Bericht zu den relevanten Steuerdaten angeblich kostenfrei einsehbar sein (bis maximal fünf Abzugsposten). Trotz der Anzeige „gratis“ sollten im Test dafür aber plötzlich 6,99 Euro abgebucht werden; das ist der normale Preis. Im Test haben wir zudem lange gesucht, wo wir denn nun Einkünfte eintragen können – und nicht nur Abzugsposten. Erst ganz am Schluss wurde deutlich, dass dies kein Fehler ist, sondern gewollt („It’s not a bug, it’s a feature.“, wie Programmierer gerne witzeln). Auch in Bewertungen (mit Gesamtnote 2,3 von 5 im Google Playstore) wurden solche Probleme angesprochen.

Fazit: Insgesamt macht die App bislang leider keinen ausgereiften Eindruck. Beim für viele ohnehin abschreckenden Thema Steuer macht Tax@home die Bearbeitung nur scheinbar einfacher. In Wirklichkeit dürfte diese App die Steuererklärung sogar noch zusätzlich erschweren. Das ist – bei aller Sympathie – wirklich überflüssig.

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