




Für Steuerbetrüger wird es künftig teurer und schwieriger, mit einer Selbstanzeige straffrei davonzukommen. Die Finanzminister der Länder verständigten sich am Donnerstag in Berlin darauf, die Regeln für die umstrittene strafbefreiende Selbstanzeige bei Steuerhinterziehung nochmals deutlich zu verschärfen.
So soll der Zuschlag bei schwerer Steuerhinterziehung künftig erhöht und der Zeitraum zur Offenlegung von bisher fünf auf zehn Jahre verlängert werden. Differenzen gibt es unter anderem in der Frage, ob der Hinterziehungsbetrag, ab dem der Strafzuschlag fällig wird, von derzeit 50.000 Euro gesenkt werden sollte. Auslöser für die strengeren Regeln war auch der Fall des Steuersünders und früheren FC-Bayern-Präsidenten Uli Hoeneß.
Zehn goldene Regeln für die Selbstanzeige
Die Selbstanzeige ist nur strafbefreiend, wenn die Tat noch nicht entdeckt ist. Daher ist Eile geboten.
Quelle: BRANDI Rechtsanwälte
Stand: Oktober 2017
Ist die Tat schon entdeckt, wirkt selbst eine unwirksame Selbstanzeige strafmildernd wie ein Geständnis. Es ist also nie zu spät für die Offenlegung.
Nur wer in vollem Umfang die Steuererklärungen einer Steuerart der letzten zehn Kalenderjahre korrigiert, bleibt straffrei. „Vergessene“ Sachverhalte gefährden die Wirksamkeit der Selbstanzeige.
Mit Abgabe der Selbstanzeige müssen sämtliche hinterzogenen Steuern samt Zinsen und gegebenenfalls Strafzuschlag bezahlt werden. Wer nicht zahlen kann, sollte Alternativen erörtern.
Eine Selbstanzeige erfordert strafrechtliche und steuerrechtliche Erfahrung. Ziehen Sie auf jeden Fall Berater hinzu. Die Tücke steckt im Detail.
Weihen Sie ihren Steuerberater nie in etwaige Steuerhinterziehung ein. Sollte keine Selbstanzeige abgegeben werden können, macht er sich der Beihilfe zur Steuerhinterziehung schuldig, wenn er weiterhin ihre Steuererklärungen bearbeitet, ohne die Hinterziehung offenzulegen.
Eine Selbstanzeige ist meist erst der Anfang. Ohne intensive Verhandlungen mit dem Finanzamt und gegebenenfalls ein gerichtliches Verfahren läuft die Selbstanzeige nur selten ab.
Es sollte genau geprüft werden, ob durch die Selbstanzeige Außenstehende oder etwa Familienangehörige belastet werden. In einem solchen Fall ist ein koordiniertes Vorgehen bis hin zur gleichzeitigen Abgabe der Selbstanzeige ratsam.
Beamten – auch verbeamteten Lehrern – und Angehörigen des öffentlichen Dienstes sowie Berufsträgern wie Ärzten, Rechtsanwälten, Steuerberatern oder Wirtschaftsprüfern droht bei einer Selbstanzeige ein disziplinarrechtliches oder berufsrechtliches Verfahren. Dies kann bis hin zum Verlust von Pensionsansprüchen führen.
Die Finanzverwaltung ist verpflichtet, Kenntnisse über Straftaten wie Korruption oder Geldwäsche an andere Behörden weiterzuleiten. So kann eine Selbstanzeige weiterte Ermittlungen und Anklagen auslösen, selbst wenn die Steuerhinterziehung straffrei bleibt.
Offen ist auch, wie stark Zuschläge bei schwerer Steuerhinterziehung angehoben werden sollen. Die strittigen Fragen sollen bis Anfang Mai geklärt werden. Die Unions-Fraktion warnte vor zu hohen Hürden. Die Selbstanzeige müsse weiter handhabbar bleiben. Auch angesichts der geplanten Verschärfungen meldeten Finanzämter zuletzt einen deutlichen Anstieg der Selbstanzeigen reuiger Steuerbetrüger.
Nach Länder-Angaben soll nach jetzigem Stand der Strafzuschlag bei hinterzogenen Beträgen über 50.000 Euro künftig 10 Prozent betragen. Er beträgt bisher fünf Prozent und wird zusätzlich zum Verzugszins von sechs Prozent erhoben. Zudem müssten Steuerhinterzieher künftig in allen Fällen Angaben für einen Zeitraum von mindestens zehn Jahren offenlegen. Damit sei auch die umgehende Nachzahlung der hinterzogenen Steuern für den Zehn-Jahreszeitraum zwingend, um straffrei zu bleiben. Die Strafverfolgungsverjährung solle dazu auch bei einfacher Hinterziehung auf zehn Jahre ausgedehnt werden.
Welche Strafen Steuertricksern drohen
Hier wird in der Regel eine Geldstrafe verhängt, die in etwa einem Jahresnettoeinkommen des Steuerpflichtigen entspricht.
Die Strafverfolgungsbehörden ermitteln die Geldstrafe nach so genannten Tagessätzen. Der Geldbetrag für einen Tagessatz soll dem Tagesnettoeinkommen entsprechen.
Hat jemand ein Jahreseinkommen von 50.000 Euro brutto und Abzüge von 20.000 Euro für Steuern, Versicherungen und ähnlichem, so wäre der Tagessatz 82 Euro (gerechnet: 30.000:365).
Bei einer Hinterziehung von 10.000 Euro werden in der Regel 365 Tagessätze verhängt. Das bedeutet im Beispielsfall 365x82 = 29.930 Euro. Die Geldstrafe läge also bei rund 30.000 Euro.
Bei hohen Einkommen kann laut Experten die Strafe durchaus höher als die hinterzogene Steuer sein. Schließlich soll sich Steuerhinterziehung ja nicht lohnen.
Bei 20.000 Euro kommt man zu rund 440 Tagessätzen. Die Strafe läge im Beispielsfall dann 36.080 Euro.
Es ist bekannt, dass in den verschiedenen Bundesländern unterschiedlich streng bestraft wird. Eine interne Tabelle weist dies nach. Insofern gelten die hier genannten Strafrahmen nicht absolut, sondern sind lediglich Faustregeln.
Nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofes (Az. 1 StR 525/11) ist die Chance, auch bei schweren Steuervergehen um eine Haftstrafe herumzukommen, deutlich gesunken. Die Karlsruher Richter haben mit ihrer Entscheidung ein Urteil des Landgerichts Augsburg kassiert, das einen Unternehmer wegen 1,1 Millionen Euro hinterzogener Steuern nur zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt hatte. Dieses Strafmaß sei zu gering, entschied der BGH. Das Urteil liegt im Trend, glaubt Martin Wulf von der auf Steuerstrafrecht spezialisierten Kanzlei Streck Mack Schwedhelm: „In der Tendenz ziehen die Sanktionen an“, sagt der Jurist.
Der rheinland-pfälzische Finanzminister Carsten Kühl (SPD) erklärte: „Wir werden am Ende eine gute Lösung vorlegen, davon bin ich überzeugt.“ In einer Vorlage der Ministerrunde vom Donnerstag heißt es: „Steuerhinterziehung ist kein Kavaliersdelikt und muss konsequent bekämpft werden.“ Sie dürfe daher im Interesse der ehrlichen Steuerzahler kein kalkulierbares und hinnehmbares Risiko für Steuerhinterzieher sein.
Die Finanzminister der Länder lassen prüfen, ob auch Zuschläge unterhalb 50.000 Euro möglich sind, der Strafzuschlag höher als zehn Prozent ausfallen kann und ob eine Obergrenze machbar ist. Auch soll erörtert werden, ob eine Obergrenze für die Wirksamkeit der Selbstanzeige möglich ist. Auch geht es darum, wie eine komplette, aller Steuerarten umfassende Selbstanzeige aussehen muss.
Der baden-württembergische Finanzminister Nils Schmid (SPD) sprach von einem Durchbruch für mehr Steuergerechtigkeit. Er hoffe, dass die Regeln Anfang 2015 in Kraft treten. Hessens Ressortchef Thomas Schäfer (CDU) sagte hr-INFO, nur wenn sich Steuerhinterzieher weiter selbst anzeigen, komme man auch an große Summen heran.
Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, Michael Meister (CDU), erklärte: „Die Selbstanzeige darf kein bequemer Ausweg für den Steuerhinterzieher sein.“ Da das Instrument der Selbstanzeige weiter rechtssicher und handhabbar ausgestaltet sein müsse, seien Details noch zu klären. Unions-Fraktionsvize Ralph Brinkhaus (CDU) warnte: „Wenn wir die Hürden so hoch ziehen, dass keiner sie mehr erfüllt, dann ist nichts gewonnen.“ Außerdem dürfe nicht jedes Fehlverhalten kriminalisiert werden. Die Selbstanzeige bringe ein Zigfaches mehr an Einnahmen als Steuer-CDs.
Bayerns Finanzminister Markus Söder (CSU) sagte in der ARD, es müsse geklärt werden, „ob es irgendwo eine Grenze geben muss, an der generell die Selbstanzeige nicht mehr greift“. Es sei schon ein Unterschied, ob man 500.000 Euro oder 30 Millionen anzeige.