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Es ist zwar eine Mär, dass Deutschland die meiste Steuerliteratur der Welt hat. Doch es mangelt nicht an Themen, mit denen sich Steuerberater, Finanzrichter, Finanzbeamte und – vor allem – Steuerzahler beschäftigen müssen. Das ist einerseits ärgerlich. Es sorgt aber andererseits dafür, dass sich die Steuerlast mit Wissen oft deutlich drücken lässt.
Spielraum gibt es etwa bei Prozesskosten. Steuerzahler bleiben bei rechtlichem Ärger auf ihren Ausgaben für Anwalt und Gericht mittlerweile oft sitzen, wenn es keinen Bezug zu ihrem Beruf gibt, sodass diese nicht als Werbungskosten zählen. Nur ein Abzug als außergewöhnliche Belastung ist dann möglich.
Das kommt aber nur infrage, wenn ein Verfahren für den Steuerzahler existenziell wichtig ist. Ob dies zum Beispiel für gerichtliche Auseinandersetzungen bei einer Scheidung gilt, ist strittig. Hierzu laufen Verfahren am Bundesfinanzhof (BFH). Betroffene sollten ihre Ausgaben geltend machen und, nach Ablehnung durch das Finanzamt, Einspruch mit Verweis auf die anhängigen Verfahren einlegen (VI R 66/14, VI R 81/14, VI R 19/15 und VI R 9/16).
Neue Rechenregeln vom Bundesfinanzhof
Gelten die Ausgaben steuerlich als außergewöhnliche Belastung, senkt – wie bei anderen außergewöhnlichen Belastungen – ein als zumutbar eingestufter Teil („zumutbare Belastung“) den ansetzbaren Betrag. Wie viel zumutbar ist, hängt von Familienstand und Einkommen ab. Jüngst änderte der Bundesfinanzhof die Rechenregeln: Nun müssen schrittweise verschiedene, gesetzlich fixierte Prozentwerte auf die jeweilige Stufe der Einkünfte angewendet werden (VI R 75/14). Im Ergebnis senken außergewöhnliche Belastungen das zu versteuernde Einkommen stärker. Der Steuervorteil steigt.
Die zumutbare Belastung drückt auch die steuerlich zu berücksichtigenden Krankheitskosten, also Ausgaben, die der Heilung oder Linderung einer Krankheit dienen. Der Kampf einiger Steuerzahler, dass hier keine zumutbare Belastung abgezogen werden dürfe, blieb vergeblich. Nachdem der BFH sie abgewiesen hatte (VI R 32/13 und VI R 33/13), nahm das Bundesverfassungsgericht eine Beschwerde nicht an (2 BvR 180/16).
Wann Rückfragen drohen
Rein vorbeugende Aufwendungen sind immer Privatsache. Der vom Arzt empfohlene Besuch eines Fitnessstudios lässt das Finanzamt kalt (Sächsisches Finanzgericht, 8 K 1403/09).
Wer muss eine Einkommensteuererklärung machen?
Alleinstehende Arbeitnehmer, die nur bei einem Arbeitgeber beschäftigt sind, müssen in der Regel keine Steuererklärung abgeben. Das ändert sich, wenn ...
- wenn Nebeneinkünfte von mehr als 410 Euro pro Jahr erzielt wurden.
- der Arbeitnehmer bei mehreren Arbeitgebern gleichzeitig beschäftigt ist oder war.
- keine Einkünfte aus einer Arbeitnehmertätigkeit mit Lohnabzug erzielt wurden, aber der Gesamtbetrag der Einkünfte bei einem Ledigen im Jahr 2016 beispielsweise durch eine Rente über 8.652 Euro liegt.
- Lohnersatzleistungen wie beispielsweise Arbeitslosen- und Elterngeld über 410 Euro pro Jahr bezogen wurden.
- auf der Lohnsteuerkarte ein Freibetrag eingetragen wurde (– beispielsweise ein Freibetrag für Werbungskosten) und der Arbeitslohn über11.000 Euro liegt (20.900 Euro für zusammen veranlagte Ehegatten)
- der Arbeitnehmer verheiratet ist und einer der Ehegatten nach der Steuerklasse V oder VI besteuert wurde.
- der Arbeitnehmer verheiratet ist und die Ehegatten nach dem sogenannten Faktorverfahren besteuert wurde.
- der Arbeitnehmer nacheinander bei verschiedenen Arbeitgebern beschäftigt war und ein Arbeitgeber einen sonstigen Bezug (beispielsweise Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld oder Abfindungen) versteuert hat, bei dem der Arbeitslohn beim anderen Arbeitgeber nicht mit einbezogen wurde.
- der Arbeitnehmer geschieden wurde – oder der Ehegatte gestorben ist – und er im gleichen Jahr wieder geheiratet hat.
- zum Ende des Vorjahres ein sogenannter Verlustvortag festgestellt wurde – beispielsweise Verluste aus Vermietung und Verpachtung.
Grundsätzlich zählen als außergewöhnliche Belastung nur notwendige, angemessene und zwangsläufig entstandene Ausgaben. Sind Behandlungsmethoden anerkannt und unzweifelhaft, reicht meist ein vorab ausgestelltes Attest vom Arzt – das gilt beispielsweise auch für Laser-Augenoperationen.
Je umstrittener Behandlungen sind, desto skeptischer wird das Finanzamt sie beäugen. Hier ist dann ein, ebenfalls vorab ausgestelltes, amtsärztliches Gutachten oder eine Bescheinigung des Medizinischen Dienstes der Krankenkasse nötig (BFH, VI R 85/13 und VI R 68/14). Das betrifft etwa Bade- oder Heilkuren und psychotherapeutische Behandlungen, aber auch den Kauf alltäglicher Gegenstände wie einer besonders rückenschonenden Matratze. Beim Einbau eines Treppenlifts ist aber kein Attest vom Amtsarzt nötig, die Bescheinigung eines normalen Arztes reicht (BFH, VI R 61/12).
Angesichts der oft komplizierten Regeln fühlen sich viele Steuerzahler genötigt, professionellen Rat zu nutzen oder eine Steuersoftware zu kaufen. Doch private Steuerberatungskosten können sie nicht geltend machen. Angestellte können damit in der Praxis meist nur anteilig Beratungskosten absetzen, wenn ihre Werbungskosten den Pauschbetrag von 1000 Euro überschreiten. Die Kosten müssen dann aufgeteilt werden: in einen privaten und einen beruflichen Anteil.
Ausgaben bis 100 Euro dürfen aus Vereinfachungsgründen ganz eingetragen werden. Darüber dürfen pauschal 50 Prozent abgesetzt werden oder (von 100 bis 200 Euro) eben 100 Euro.