Gerade hat der Bundesfinanzhof (BFH) ein Urteil gefällt, über das sich Steuerpflichtige und Steuerberater gleichermaßen freuen dürften. Der BFH wies nämlich übereifrige Finanzbeamte in ihre Schranken.
Der Fall: Ein Paar aus Niedersachsen hatte mehrmals seine Steuererklärung verspätet abgegeben. Im Folgejahr beauftragten beide einen Steuerberater mit der Erstellung der Steuererklärung. Dadurch verlängert sich die Abgabefrist für die Steuererklärung vom 31. Mai bis zum 31. Dezember eines Jahres. Dessen ungeachtet verlangte das zuständige Finanzamt die Abgabe der Steuererklärung bis zum 31. August – wegen der Verspätung in den Vorjahren. Das Amt verlangte zudem gleich eine Strafzahlung von 880 Euro. Dagegen hatte das Paar geklagt.
Der BFH gab den Klägern auf ganzer Linie Recht: Sowohl die Strafzahlung als auch das Vorziehen der Abgabefrist durch die Finanzbeamten erklärten die Richter als rechtswidrig. Das Finanzamt muss den Strafzuschlag zurückzahlen und die Prozesskosten übernehmen. In der Vorinstanz hatte das Gericht noch zugunsten des Finanzamtes entschieden.
Wer in diesem Jahr einen Steuerberater oder einen Lohnsteuerhilfeverein einschaltet, hat also Anspruch auf die verlängerte Abgabefrist für seine Steuererklärung bis zum 31. Dezember 2017. Nur wegen der Fristverlängerung den Steuerberater einzuschalten, lohnt sich für den durchschnittlichen Gehaltsempfänger allerdings kaum. Denn schon bei einem durchschnittlichen Arbeitnehmereinkommen von 30.000 Euro im Jahr können Steuerberater laut Gebührenordnung zwischen 165 und 1160 Euro verlangen. Da sich Steuerberater oft an der Mitte dieser Spanne orientieren, können schnell rund 700 Euro fällig werden. Ein Säumniszuschlag vom Finanzamt käme voraussichtlich billiger. Wer rund 60.000 Euro im Jahr verdient, muss schon mit 230 bis 1700 Euro rechnen, im Mittel mit knapp 1000 Euro.
Verlangen Steuerberater ein Honorar am oberen Ende der Spanne, müssen sie dies laut Rechtsprechung ausführlich begründen, so dass sich die meisten in der Mitte orientieren. Dennoch: Dieses Geld muss durch die hoffentlich erzielbare Steuerrückzahlung erst einmal reingeholt werden.
Wer muss eine Einkommensteuererklärung machen?
Alleinstehende Arbeitnehmer, die nur bei einem Arbeitgeber beschäftigt sind, müssen in der Regel keine Steuererklärung abgeben. Das ändert sich, wenn ...
- wenn Nebeneinkünfte von mehr als 410 Euro pro Jahr erzielt wurden.
- der Arbeitnehmer bei mehreren Arbeitgebern gleichzeitig beschäftigt ist oder war.
- keine Einkünfte aus einer Arbeitnehmertätigkeit mit Lohnabzug erzielt wurden, aber der Gesamtbetrag der Einkünfte bei einem Ledigen im Jahr 2016 beispielsweise durch eine Rente über 8.652 Euro liegt.
- Lohnersatzleistungen wie beispielsweise Arbeitslosen- und Elterngeld über 410 Euro pro Jahr bezogen wurden.
- auf der Lohnsteuerkarte ein Freibetrag eingetragen wurde (– beispielsweise ein Freibetrag für Werbungskosten) und der Arbeitslohn über11.000 Euro liegt (20.900 Euro für zusammen veranlagte Ehegatten)
- der Arbeitnehmer verheiratet ist und einer der Ehegatten nach der Steuerklasse V oder VI besteuert wurde.
- der Arbeitnehmer verheiratet ist und die Ehegatten nach dem sogenannten Faktorverfahren besteuert wurde.
- der Arbeitnehmer nacheinander bei verschiedenen Arbeitgebern beschäftigt war und ein Arbeitgeber einen sonstigen Bezug (beispielsweise Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld oder Abfindungen) versteuert hat, bei dem der Arbeitslohn beim anderen Arbeitgeber nicht mit einbezogen wurde.
- der Arbeitnehmer geschieden wurde – oder der Ehegatte gestorben ist – und er im gleichen Jahr wieder geheiratet hat.
- zum Ende des Vorjahres ein sogenannter Verlustvortag festgestellt wurde – beispielsweise Verluste aus Vermietung und Verpachtung.
Wann braucht man einen Steuerberater oder einen Lohnsteuerhilfeverein? Und für wen lohnt sich die Hilfe vom Steuerprofi besonders? Im Schnitt bekommen deutsche Steuerpflichtige durch ihre Steuererklärung rund 900 Euro zurück. Die gehen schneller für Steuerberaterkosten drauf, als viele denken.
Ab wann der Rat eines Steuerprofis sinnvoll ist, lässt sich kaum pauschal sagen. Selbst nach steuerrelevanten Änderungen der Lebensumstände wie einer Scheidung mit Unterhaltspflichten und Steuerklassewechsel, dem Eintreten eines Pflegefalls oder einer Erbschaft sind die Steuererklärungen auch für Laien grundsätzlich noch machbar. Sofern man bereit ist, sich mit den nötigen Formularen zu beschäftigen.
Isabel Klocke vom Bund der Steuerzahler betont, dass es keine Sachverhalte gibt, die zwingend die Beteiligung eines Steuerberaters vorschreiben. „Für die meisten Angestellten ist es Geschmacksache, ob sie einen Steuerprofi hinzuziehen oder nicht. Wem der Aufwand schlicht zu hoch ist oder wenn es sachlich zu kompliziert wird, wird sich mit einem Steuerberater wohler fühlen“, sagt Klocke.
Der Lohnsteuerverein als günstige Alternative
Immerhin geht es mit einem Lohnsteuerverein deutlich günstiger. Hier werden die Steuerzahler gegen Jahresbeitrag Mitglied und bekommen dafür im Grunde die gleichen Leistungen wie beim Steuerberater. Auch dafür sind die Kosten in einer Beitragsordnung festgelegt. So zahlen etwa bei der Vereinigten Lohnsteuerhilfe (VLH), dem größten Zusammenschluss von Lohnsteuerhilfevereinen in Deutschland, Arbeitnehmer mit einem Einkommen von 30.000 Euro im Jahr nur 127 Euro Jahresbeitrag pauschal für alle Beratungsleistungen in Sachen Steuer, die binnen eines Jahres in Anspruch genommen werden. Bei einem Jahreseinkommen von 60.000 Euro sind die Beiträge mit 185 Euro im Verhältnis günstig. Hinzu kommt eine geringe, einmalige Aufnahmegebühr. Beim VLH sind es zehn Euro.
Allerdings gibt es für die Lohnsteuerhilfevereine eine gewaltige Einschränkung: Sie sind nur für Arbeitnehmer, Beamte, Auszubildende, Studenten, Pensionäre, Rentner und private Vermieter gedacht. Selbstständige, Freiberufler und Gewerbetreibende können keinem Lohnsteuerhilfeverein beitreten. Auch Arbeitnehmer mit Einnahmen aus einer selbstständigen Tätigkeit, Kapitalerträgen, Mieteinnahmen oder sonstigen Einkünften, die im Jahr 13.000 Euro – 26.000 Euro bei Zusammenveranlagung mit dem Partner – nicht übersteigen, können die Hilfe vom Verein nutzen. Ist bei zusammen veranlagten Paaren ein Partner selbständig, der andere aber angestellt, bleibt nur ein Steuerberater.
Gut auf einen Steuerberater verzichten können vor allem Angestellte, an deren Steuererklärung sich von Jahr zu Jahr ohnehin wenig ändert. Dann kann die Steuererklärung des Vorjahres als Muster genutzt und mit aktualisieren Zahlen an das Finanzamt geschickt werden. Idealer Helfer dabei ist eine Steuersoftware, die auch die Daten des Vorjahres übernimmt, und schon für 15 bis 50 Euro zu bekommen ist.
Die Datenübernahme vom Vorjahr gelingt guter Software ebenso problemlos wie die elektronische Steuererklärung via ELSTER, das die Finanzämter anbieten. Die Programme versenden nicht nur die Steuerformulare online an das Finanzamt, sondern können auch den Steuerbescheid abrufen und auf Abweichungen zu den in der Erklärung gemachten Angaben prüfen. Viele Programme bieten sogar Tipps zur steuerlichen Optimierung durch geschickte Wahl der Steuerklasse, Ausgabenplanung oder Ausschöpfung von Pauschalansätzen. Auch eine vorausgefüllte Steuererklärung kann das ELSTER-System zur Verfügung stellen.
Die elektronischen Helfer können aber nicht das Gespräch mit einem Fachmann ersetzen. „Wer seine Steuererklärung selbst machen will, sollte sich auch nicht überschätzen“, rät Klocke. „Wenn etwa Einkünfte aus Vermietung einer Eigentumswohnung, gewerbliche Einkünfte mit Umsatzsteuerpflicht, Lohnbuchhaltung für Mitarbeiter oder Firmenbeteiligungen hinzukommen, wird es schnell sehr kompliziert und unübersichtlich. Steuerberater sind dann eine große Hilfe.“
Steuerberater für den Streitfall
Der Beruf des Steuerberaters ist in Deutschland geschützt und die notwendige Qualifikation per Gesetz ebenso vorgeschrieben wie die Bandbreite seiner Vergütung in der Gebührenordnung. Grundsätzlich muss sich der Steuerberater im gesamten Steuerrecht auskennen. Welcher Steuerberater gewählt wird, hängt aber auch stark davon ab, wie sich Steuerberater und Kunde verstehen. Schließlich ist der Steuerprofi vor allem dann gefordert, wenn es Streit mit dem Finanzamt gibt oder gewichtige finanzielle Entscheidungen. Gerade die Beratung zu den steuerlichen Auswirkungen von Vermögensübertragungen erfordert neben Fachkenntnis ein stabiles Vertrauensverhältnis.
Im Konfliktfall erhöhen Steuerzahler mit Steuerberater oder Steueranwalt ihre Chancen. Während Einsprüche zum Steuerbescheid auch ohne Berater problemlos möglich sind, ist im Klageverfahren ein Profi zu empfehlen. Spätestens vor dem Bundesfinanzhof und in Steuerstrafsachen ist der sogar Pflicht. Auch bei Betriebsprüfungen, Scheidungen von Unternehmerpaaren, Steuergestaltungen wie einer vorweggenommenen Erbschaft sollten Steuerberater oder auch ein Steueranwalt eingeschaltet werden.
Wer sich aber dafür entscheidet, seine Steuerangelegenheiten selbst zu regeln, muss mit der für viele kryptischen Materie leben. „Es wäre schon ein großer Fortschritt, wenn die Steuerbescheide nicht mehr größtenteils im Steuerchinesisch verfasst wären. Sie entsprechen zwar den gesetzlichen Vorschriften, sind aber nur schwer verständlich und kaum nachvollziehbar“, kritisiert Klocke. „Der Steuerzahlerbund fordert schon seit vielen Jahren eine bessere Gliederung sowie optische und sprachliche Vereinfachung der Steuerbescheide.“ Leider ist der Gesetzgeber bisher noch nicht auf diese Vorschläge eingegangen. „Hier ist noch viel für den Gesetzgeber zu tun!“, mahnt Klocke.
Bis dahin bleibt für die Steuererklärung in Eigenregie eigentlich nur ein zentraler Ratschlag: So sorgfältig wie möglich.
Beispielsweise können Finanzbeamte Werbungskosten nur nachvollziehen, wenn auch der ausgeübte Beruf genau angegeben wurde. Gleiches gilt für die Prüfung des Steuerbescheids. Die meisten lesen nämlich nur bis zur Mitte der ersten Seite – dort steht die Steuererstattung. Am Ende des Bescheids stehen aber auch die Erläuterungen, wie es zu diesem Bescheid gekommen ist, und wo die Finanzbeamten von den Angaben der Erklärung abgewichen sind.
Wer das allein nicht versteht, kann immer noch den zuständigen Sachbearbeiter im Finanzamt kontaktieren. Der darf zwar keine Rechtsberatung leisten, aber beantwortet in aller Regel geduldig alle anderen Fragen – ganz ohne Beitrags- oder Gebührenordnung.