Steuerfachanwalt Brender "Selbstanzeige nutzen, bevor es zu spät ist"

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Gesetzestexte zum Quelle: dpa

Inhaltlich muss die Selbstanzeige so formuliert sein, dass das örtlich und sachlich zuständige Finanzamt alle Informationen erhält, die es bei ordnungsgemäßem Verhalten des Steuerpflichtigen bereits früher gehabt hätte. Dies bedeutet, dass das Finanzamt auf Basis der Selbstanzeige in die Lage versetzt werden muss, einen Steuerbescheid zu erlassen. Sofern keine exakten Zahlen vorliegen, kann dem Finanzamt eine begründete vorläufige Eigenschätzung der Steuer mitgeteilt und zugleich darum gebeten werden, eine Frist für die endgültige Lieferung der Zahlen zu gewähren. Eine Bezeichnung der Erklärung als Selbstanzeige ist nicht erforderlich. In jedem Fall ist zu empfehlen, die Selbstanzeige vor Abgabe mit einem Berater abzustimmen.

Auf welchen Zeitraum die Selbstanzeige zu erstrecken ist, wenn eine mehrjährige Steuerhinterziehung vorliegt, ist im Einzelfall zu prüfen. Einerseits beträgt die strafrechtliche Verjährung im Regelfall fünf Jahre, so dass zum Zwecke der Erlangung der Straffreiheit dann nur für diesen Zeitraum eine Selbstanzeige notwendig ist. Andererseits kann eine Beschränkung der Selbstanzeige auf diesen Zeitraum Ermittlungen der Steuerfahndung provozieren, ob und inwieweit im Hinblick auf die längere zehnjährige steuerliche Festsetzungsfrist eine weitergehende Beitreibung hinterzogener Steuern möglich ist.

Was ist zu tun, wenn dem Steuersünder das Geld für die Steuernachzahlung fehlt?

Die Wirksamkeit der Selbstanzeige setzt neben der Erklärung der bisher nicht versteuerten Beträge dann aber auch die Zahlung der anfallenden Steuer voraus. Eine Selbstanzeige ist daher nur dann sinnvoll, wenn der Betroffene tatsächlich in der Lage ist, die nachzuzahlenden Steuern nebst Hinterziehungszinsen zu leisten. Da es sich hierbei um erhebliche Beträge handeln kann, ist die tatsächliche Leistungsfähigkeit Vorfrage jeder Selbstanzeige. Sofern keine hinreichenden Eigenmittel vorhanden sind, kommt eventuell auch eine Kreditfinanzierung der nachzuzahlenden Beträge in Betracht.

Wann ist eine Selbstanzeige ungültig oder zu spät? Wie sind ungültige Selbstanzeigen zu verhindern?

Der Weg zur strafbefreienden Selbstanzeige ist unter bestimmten Voraussetzungen versperrt: Straffreiheit tritt nicht ein und die Selbstanzeige kommt zu spät, wenn bereits der Prüfer erschienen ist, dem Täter oder seinem Vertreter die Einleitung des Verfahrens wegen der Tat bekannt gegeben wurde oder die Tat entdeckt war und der Täter dies wusste oder davon ausgehen musste.

Vor allem die letztgenannte Frage, ob im konkreten Fall bereits eine Entdeckung der Tat gegeben ist, kann in der Praxis erhebliche Abgrenzungsprobleme bereiten: Wie der Bundesgerichtshof bestätigt hat, ist etwa eine bloß bevorstehende Tatentdeckung gerade noch keine Tatentdeckung im Sinne der gesetzlichen Regelung. Insofern reicht es daher nicht, wenn die Finanzbehörde zu dem Ergebnis gelangt, dass eine Steuerverkürzung vorliegt, den Tatverdacht bejaht und Ermittlungen aufnimmt. Erst wenn der Entdecker einer vermeintlichen Steuerhinterziehung seinen Tatverdacht derart konkretisiert, dass bei vorläufiger Tatbewertung eine Verurteilung wahrscheinlich ist, ist es zu spät für eine Selbstanzeige. Das aber setzt jedenfalls die Kenntnis des konkreten Hinterziehungsablaufes voraus.

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