Steuerfreie Extras Besser als Bares

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Dienstlich erflogene Bonusmeilen können steuerfrei für den Familienurlaub eingesetzt werden, wenn der Wert 1080 Euro im Jahr nicht übersteigt. Allerdings hat das Bundesarbeitsgericht im Frühjahr klargestellt, dass der Arbeitgeber verlangen kann, dienstlich entstandene Meilenguthaben auch für Dienstflüge zu nutzen (9 AZR 500/05). Anwältin Schuster rät von solch strikten Regeln ab. „Mitarbeiter mögen es sehr, wenn sie die Meilen privat nutzen dürfen. Das erhöht die Motivation.“ Und für Dienstreisen sind die Buchungsregeln für Gratisflüge ohnehin oft zu starr. Daumen runter. Die Liste steuerfreier Extras ist zwar lang, allerdings nicken Finanzbeamte und Richter längst nicht alles ab. Vermuten sie ein „erhebliches Eigeninteresse“ des Arbeitnehmers, diagnostizieren sie schnell einen „geldwerten Vorteil“ und fordern Steuern nach. Die Grenzen setzen sie oft willkürlich. Bestes Beispiel: Während die Autofahrt zur Arbeit und zurück steuergünstig bezuschusst werden kann, ist ein kostenloser Parkplatz voll steuerpflichtiges Einkommen. So sieht es jedenfalls das Kölner Finanzgericht. Eine Unternehmensberatung in der Rheinmetropole hatte ihren Mitarbeitern kostenlose Stellplätze in der Tiefgarage nebenan zur Verfügung gestellt. Als Finanzbeamte zur Lohnsteueraußenprüfung anrückten, errechneten sie daraus einen monatlichen „geldwerten Vorteil“ von 60 Euro pro Person und forderten Steuern nach. Zu Recht, sagten die rheinischen Richter. Ein Parkplatz in der City sei bares Geld wert – selbst wenn man nur im Büro sitzt (11 K 5680/04). Ebenfalls in die Steuerfalle tappte das Vorstandsmitglied einer großen Bank. Der Manager hatte sich eine moderne Sicherheitsausrüstung für seine Privatvilla mit rund 17 300 Euro bezahlen lassen. Die Gefahr von Übergriffen auf Bankvorstände sei besonders hoch, deshalb seien die Schutzvorkehrungen beruflich veranlasst und damit steuerfrei, argumentierte er. Der Bundesfinanzhof sah jedoch ein „nicht unerhebliches Eigeninteresse“ und verdonnerte den Mann zur Steuernachzahlung (IX R 109/00). Zur Kasse gebeten wurden auch Mitglieder der Geschäftsleitung eines Herrenausstatters, die jährlich Stücke der neuesten Kollektion zum Vorzugspreis erhielten. Der zulässige Mitarbeiterrabatt von 1080 Euro im Jahr wurde dabei weit überschritten. Eindeutig steuerpflichtig, urteilte erst das Finanzamt und dann der Bundesfinanzhof (VI R 60/02, WirtschaftsWoche 29/2006). Dass die Kleiderordnung die Manager verpflichtete, hauseigene Markenprodukte zu tragen, ließ die Münchner Finanzrichter kalt. Auch wenn die Herren repräsentativ auftreten müssten, sei der private Vorteil schicker Klamotten doch beachtlich.

Stufen die Beamten Boni als steuerpflichtiges Gehalt ein, wird’s für Arbeitnehmer schnell teuer: Häufig müssen sie für mehrere Jahre Steuern und Sozialabgaben nachzahlen. „Arbeitgeber zeigen sich dann oft kulant und übernehmen das“, sagt Anwältin Schuster. Das Problem: Die vom Unternehmen geleistete Nachzahlung gilt wiederum als Gehalt und ist damit selbst steuerpflichtig. Immerhin: Zahlt der Arbeitgeber, zeigt sich auch das Finanzamt häufig kulant und gibt sich mit einer pauschalen Summe von 25 Prozent zufrieden. Schuster: „Zusätzliche Sozialabgaben fallen dann in der Regel nicht an.“ Vorsicht sollten Arbeitgeber auch bei Betriebsfeiern und Ausflügen walten lassen. „Das prüfen Finanzbeamte besonders streng“, sagt Steuerberaterin Sorge. Wer Mitarbeitern Besuche in teuren Restaurants oder Übernachtungen in Luxushotels spendiert, legt ihnen schnell ein Steuer-Ei ins Nest. Denn die Kosten dürfen pro Person und Veranstaltung maximal 110 Euro betragen. Wenn es teurer zugeht, ist die komplette Summe auf einen Schlag steuerpflichtiges Gehalt. Zudem akzeptieren Lohnsteuerprüfer höchstens zwei Events im Jahr. Sorge: „Das Dritte ist in jedem Fall steuerpflichtig.“ Hellhörig werden Finanzbeamte auch, wenn Arbeitnehmer in einer Wohnung des Arbeitgebers leben. Die Frage: Zahlen sie eine marktgerechte Miete oder wohnen sie mit Rabatt? Das vermuteten die Prüfer bei einem Kirchenmitarbeiter. Er und seine Frau zahlten für eine 140-Quadratmeter-Wohnung pro Monat und Quadratmeter 5,16 Euro Kaltmiete. Zu wenig, fanden die Beamten. Das sei schließlich die Untergrenze der im Mietspiegel der Gemeinde für vergleichbare Wohnungen genannten Spanne von 5,16 bis 6,28 Euro. Die Kirche müsse mindestens den Mittelwert verlangen, sonst liege ein geldwerter Vorteil vor. Doch der Bundesfinanzhof in München entschied, die Untergrenze des Mietspiegels sei zulässig (IX R 10/05), und zeigte damit ein Herz für Seelsorger.

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