Steuergerechtigkeit So kämpft die EU um Steuern von Apple, Facebook und Co.

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Die globale Neuordnung

Steuerschlupflöcher stopfen

„Es muss klar sein, dass die Erhebung der Gewinnsteuer eine globale Neuordnung bedeuten würde“, so Doerfer. Die Unternehmen könnten nicht mehr massiv Steuern sparen, nur weil sie ihren Unternehmenssitz beispielsweise in Irland haben. Und das sei auch gut so: „Ich kann nicht beispielsweise Daimler heißen und alles in Deutschland produzieren und dann einen Sitz auf den Caymans anmelden und dort meine Gewinne versteuern“, erklärt der Anwalt.

Diese Steuerschlupflöcher schmälern den gesamten Steuerumsatz der Länder weltweit. Es müsse dafür gesorgt werden, dass Missbrauch beseitigt werde. Ein Beispiel dafür: Wenn ein Unternehmen in Kalifornien das Management sitzen hat und den Hauptsitz in Irland anmeldet, muss dieses Unternehmen faktisch keine Gewinnsteuer zahlen. „Die USA versteuern nach dem Registersitz und die Iren nach dem Sitz des Managements“, sagt Doerfer. Er meint nicht, dass Länder keine niedrigen Steuersätze anbieten dürfen sollen. „Es ist wichtig, dass Länder ihre eigenen Steuersätze festlegen. Da darf die EU auch nicht regulieren. Steuerwettbewerb ist wichtig, solange er funktioniert“, so Doerfer.

Nur die Gewinnsteuer anzupassen, reicht nicht

Die globale Umverteilung dürfe also nicht bei der Gewinnsteuer aufhören. „Die Staaten müssen sich zusammensetzen und Schlupflöcher schließen, sich einigen, welcher Firmensitz steuerlich gilt.“ Am Ende des Tages sei es im Interesse aller Länder, das Steueraufkommen zu steigern. Wichtig sei aber: Der Steuerwettbewerb muss erhalten bleiben. Länder sollten ihre Steuersätze nicht als Standortfaktor verlieren. Wichtiger sei, dass die Unternehmen dort zahlen, wo ihre Kunden sitzen und nicht die gesamte Gewinnsteuer am Firmensitz. Würde dies umgesetzt werden, könnten Firmen nach anderen Standortfaktoren schauen, als nach dem niedrigsten Steuersatz. Wo lebt es sich am besten? Wo habe ich die besten Verkehrsanbindungen? Die Mitarbeiter würde es sicher freuen. 

Hier schmeißt der Staat das Geld zum Fenster raus
Das Schwarzbuch 2017/18, herausgegeben vom Bund der Steuerzahler Deutschland. Quelle: dpa
Münchner Maximilianeum Quelle: dpa
Schutzwürdige Bäume in Hameln Quelle: dpa
Wohncontainer für Flüchtlinge Quelle: dpa
Bundestag Quelle: dpa
Frankfurt am Main Quelle: dpa
Ehrenbürg-Gymnasium in Forchheim Quelle: dpa

Wie viel würde Deutschland einnehmen und auf wessen Kosten?

Wenn Apple und Co. also künftig auch in Deutschland Gewinnsteuer zahlen müssten, hätten in diesem Beispiel die USA automatisch geringere Einkünfte durch das Unternehmen. Der Steuerkuchen würde dann auf alle Länder aufgeteilt werden, in denen Apple seine iPhones verkauft.

„Ich frage mich, was Schäuble sich an Wert vornimmt. Wie viel will er denn dadurch einnehmen? Haben wir vielleicht sogar Verluste durch die Regelungen, weil die Regelung ja auch deutsche Technologie-Unternehmen betreffen wird?“, fragt sich Doerfer. Diese müssen ja ähnliche Steuer-Spar-Strategien nutzen wie Google und Co., um mit den Internetgiganten überhaupt mithalten zu können.

Mehreinnahmen könnten Mittelstand entlasten

Der Autor fordert, dass die Wähler gesagt bekommen, „was das in Pfennig bedeutet“. „Schäuble macht das so unterm Radar und verbastelt das dann in seinem Haushalt.“

Doerfer vermisst die Diskussion, was mit den Mehreinnahmen passieren soll. Sein Vorschlag: Die Mehreinnahmen nutzen und die Einkommenssteuer in Deutschland senken. Davon profitiere der deutsche Mittelstand. Deutschland würde auch als Standort attraktiver werden, weitaus weniger deutsche Unternehmen müssten in die Steueroasen fliehen, um mit der Konkurrenz mithalten zu können. Doch bis es so weit ist, müssen diverse Länder es schaffen, sich zu einigen. Und das kann dauern.

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