Das gilt auch für die Initiative des Bayern Herbert Notz und seiner Züricher De iure AG. Der Vorteil hier: „Bei uns müssen Anleger ihre Ansprüche nicht vorher abtreten“, sagt Notz. „Wir prüfen kostenlos, und die Mandanten können danach frei entscheiden, ob sie abtreten oder nicht.“ Voraussetzung sei, dass Kunden Vermögensausweise der letzten zehn Jahre und den Vertrag mit der Bank vorlegen. Wer eine Selbstanzeige abgegeben hat, hat diese Unterlagen längst.
Für die Prüfung ohne vorherige Abtretung müssen Anleger schlechtere Konditionen in Kauf nehmen: Satte 50 Prozent der etwaigen Erstattung fließen an die De iure AG, die wie Gebauer zunächst auf außergerichtliche Vergleiche setzt. Dafür meiden Anleger das Risiko, auf hohen Kosten sitzen zu bleiben. Prozesse in der Schweiz sind teuer: Bei einer Niederlage sind schnell fünfstellige Gebühren fällig. In Zürich etwa gehen bei einem Streit um 40.000 Franken (33.000 Euro) 7950 Franken Gebühren ans Gericht. Hinzu kommen Stundensätze von 500 Franken und mehr für den Anwalt. Und die Rechtsschutzpolice greift oft nicht, weil Kapitalanlagen ausgeklammert sind.
Fragen und Antworten zum deutschen Vermögen in der Schweiz
Seit Juli 2011 ist für Anleger aus der EU auf Zinserträge und Dividenden eine Quellensteuer von 35 Prozent fällig - zuvor waren es 20 Prozent. Deutsche Steuerzahler müssen die Erträge in der Steuererklärung angeben. Die Quellensteuer wird vom Finanzamt voll angerechnet. Bislang werden Kapitalerträge auf Schweizer Konten nicht den deutschen Finanzbehörden übermittelt. Experten schätzen, dass bis zu 150 Milliarden Euro Schwarzgeld aus Deutschland in der Schweiz geparkt sind.
Das zwischen beiden Staaten ausgehandelte Steuerabkommen soll Anfang 2013 in Kraft treten. Es sieht wie in Deutschland auf alle Kapitalerträge deutscher Kunden bei Schweizer Banken eine Abgeltungssteuer (inklusive Solidaritätszuschlag) von 26,375 Prozent vor. Steuerhinterzieher müssen je nach Höhe und Dauer der Einlagen 21 bis 41 Prozent ihres Altvermögens an den Fiskus nachzahlen. Dabei dürfen sie anonym bleiben. Sobald das Abkommen gilt, dürfen deutsche Steuerbehörden keine Daten-CDs mehr ankaufen.
Das Schweizer Parlament billigte das Abkommen Ende Mai. In Deutschland haben Bundestag und Bundesrat noch nicht zugestimmt. Die von SPD und Grünen regierten Länder wollen das Vorhaben im Bundesrat stoppen. Sie kritisieren, dass Steuerhinterzieher oft besser wegkämen als ehrliche Steuerzahler. Die deutsche Finanzämter könnten außerdem nichts kontrollieren. Schwarzgeld könne bis zum Inkrafttreten des Abkommens noch beiseitegeschafft werden.
Das Schweizer Bankgeheimnis verbietet es in aller Regel, Kundendaten deutschen Behörden preiszugeben. Deutsche Steuerfahnder sind deshalb auf Informationen über illegale Vermögen angewiesen, die etwa von Mitarbeitern aus Banken herausgeschleust werden.
Das Kopieren von Bankkundendaten auf Datenträger wie eine CD geschieht rechtswidrig und kann sogar strafbar sein. Beim Kauf einer solchen CD zahlt der Staat für gestohlene Daten große Summen. Das Bundesverfassungsgericht hat im November 2010 entschieden, dass die Nutzung gekaufter CDs mit Daten möglicher Steuersünder bei der Strafverfolgung erlaubt ist. Dabei komme es nicht darauf an, ob der Ankauf der Daten ursprünglich rechtmäßig gewesen sei (2 BvR 2101/09).
Unabhängig davon hat die Schweizer Justiz im März 2012 Haftbefehle gegen drei nordrhein-westfälische Steuerfahnder erlassen. Mit dem Ankauf einer Daten-CD hätten sie Beihilfe zur Wirtschaftsspionage geleistet und gegen das Bankgeheimnis verstoßen.
Der Ankauf von Kundendaten Schweizer, Luxemburger und Liechtensteiner Banken dürfte den deutschen Finanzbehörden seit 2006 mehr als eine Milliarde Euro an Straf- und Nachzahlungen eingebracht haben. Das geht aus offiziellen Angaben und Schätzungen der Deutschen Steuer-Gewerkschaft hervor. Allein Nordrhein-Westfalen kassierte bis April dieses Jahres laut Finanzministerium 500 Millionen Euro.
Das macht Offerten wie die von Gebauer und Notz für viele attraktiv. „Bisher war das vor allem ein Thema für Schweizer, weil die Medien hier intensiv darüber berichten“, sagt Notz. „Jetzt kommen die ersten größeren Fälle aus Deutschland.“ Um nicht von Anfragen überrollt zu werden, prüft Gebauer vorerst nur bei Depotwerten ab einer Million Euro, Notz wird ab 300.000 Euro aktiv: „Darunter lohnt sich der Aufwand für uns nicht“, sagt Notz. Die Summe der Kickbacks variiere stark. In Depots mit vielen Einzelaktien sei sie überschaubar. Wurden vor allem Fonds und Zertifikate gekauft und häufig umgeschichtet, könnten sich Retrozessionen auf bis zu drei Prozent des Depotwerts pro Jahr summieren.
Die Münchner Kanzlei Rotter empfiehlt, ab einem Depotwert von 500.000 Euro Ansprüche in jedem Fall prüfen zu lassen. „Wir entscheiden mit unseren Schweizer Partnern von Fall zu Fall, ob eine individuelle Klage oder eine Abtretung von Ansprüchen an eine Treuhandgesellschaft sinnvoller ist“, sagt Partner Bernd Jochem. Das Ergebnis hänge in erster Linie davon ab, wie risikobereit ein Mandant sei.
Denn klar ist: Wer Ansprüche trotz Kostenrisiko selbst durchficht, erhält den vollen Schadensersatz. Und die unterliegende Bank muss dann sämtliche Anwalts- und Gerichtskosten übernehmen.
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Doch Vorsicht: Trotz der eindeutigen Rechtslage gibt es einige Haken. So ist die Verjährungsfrist umstritten. Banken wie die UBS gehen von fünf Jahren aus. Wer jetzt klagt, könnte demnach nur Kickbacks zurückfordern, die ab Juli 2009 flossen.
Treuhänder Gebauer, der im Juni für die ersten deutschen Bankkunden Auflistungen sämtlicher Kickbacks angefordert hat, wirft der Branche „gezielte Verunsicherung“ und Spielen auf Zeit vor. Die Mehrheit der Juristen gehe von einer zehnjährigen Frist aus. Da eine taggenaue Verjährung gelte, könnten mit jedem weiteren Tag Ansprüche verfallen, warnt er.