Steuerhinterziehung Schwarzgeld-Kunden klagen Schweizer Banken an

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Anleger müssen schlechte Konditionen in Kauf nehmen

Das gilt auch für die Initiative des Bayern Herbert Notz und seiner Züricher De iure AG. Der Vorteil hier: „Bei uns müssen Anleger ihre Ansprüche nicht vorher abtreten“, sagt Notz. „Wir prüfen kostenlos, und die Mandanten können danach frei entscheiden, ob sie abtreten oder nicht.“ Voraussetzung sei, dass Kunden Vermögensausweise der letzten zehn Jahre und den Vertrag mit der Bank vorlegen. Wer eine Selbstanzeige abgegeben hat, hat diese Unterlagen längst.

Für die Prüfung ohne vorherige Abtretung müssen Anleger schlechtere Konditionen in Kauf nehmen: Satte 50 Prozent der etwaigen Erstattung fließen an die De iure AG, die wie Gebauer zunächst auf außergerichtliche Vergleiche setzt. Dafür meiden Anleger das Risiko, auf hohen Kosten sitzen zu bleiben. Prozesse in der Schweiz sind teuer: Bei einer Niederlage sind schnell fünfstellige Gebühren fällig. In Zürich etwa gehen bei einem Streit um 40.000 Franken (33.000 Euro) 7950 Franken Gebühren ans Gericht. Hinzu kommen Stundensätze von 500 Franken und mehr für den Anwalt. Und die Rechtsschutzpolice greift oft nicht, weil Kapitalanlagen ausgeklammert sind.

Fragen und Antworten zum deutschen Vermögen in der Schweiz

Das macht Offerten wie die von Gebauer und Notz für viele attraktiv. „Bisher war das vor allem ein Thema für Schweizer, weil die Medien hier intensiv darüber berichten“, sagt Notz. „Jetzt kommen die ersten größeren Fälle aus Deutschland.“ Um nicht von Anfragen überrollt zu werden, prüft Gebauer vorerst nur bei Depotwerten ab einer Million Euro, Notz wird ab 300.000 Euro aktiv: „Darunter lohnt sich der Aufwand für uns nicht“, sagt Notz. Die Summe der Kickbacks variiere stark. In Depots mit vielen Einzelaktien sei sie überschaubar. Wurden vor allem Fonds und Zertifikate gekauft und häufig umgeschichtet, könnten sich Retrozessionen auf bis zu drei Prozent des Depotwerts pro Jahr summieren.

Die Münchner Kanzlei Rotter empfiehlt, ab einem Depotwert von 500.000 Euro Ansprüche in jedem Fall prüfen zu lassen. „Wir entscheiden mit unseren Schweizer Partnern von Fall zu Fall, ob eine individuelle Klage oder eine Abtretung von Ansprüchen an eine Treuhandgesellschaft sinnvoller ist“, sagt Partner Bernd Jochem. Das Ergebnis hänge in erster Linie davon ab, wie risikobereit ein Mandant sei.

Denn klar ist: Wer Ansprüche trotz Kostenrisiko selbst durchficht, erhält den vollen Schadensersatz. Und die unterliegende Bank muss dann sämtliche Anwalts- und Gerichtskosten übernehmen.

Steueroasen

Doch Vorsicht: Trotz der eindeutigen Rechtslage gibt es einige Haken. So ist die Verjährungsfrist umstritten. Banken wie die UBS gehen von fünf Jahren aus. Wer jetzt klagt, könnte demnach nur Kickbacks zurückfordern, die ab Juli 2009 flossen.

Treuhänder Gebauer, der im Juni für die ersten deutschen Bankkunden Auflistungen sämtlicher Kickbacks angefordert hat, wirft der Branche „gezielte Verunsicherung“ und Spielen auf Zeit vor. Die Mehrheit der Juristen gehe von einer zehnjährigen Frist aus. Da eine taggenaue Verjährung gelte, könnten mit jedem weiteren Tag Ansprüche verfallen, warnt er.

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