Steuerhinterziehung Fragen und Antworten zum Prozess

Im Prozess gegen Uli Hoeneß tauchen ständig neue Summen auf, die Faktenlage ändert sich täglich. Offenbar wusste die Staatsanwaltschaft von den 27,2 Millionen Euro, die Summe war allerdings nicht verifizierbar.

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Uli Hoeneß spricht am dritten Prozesstag vor dem Münchner Landgericht mit einem seiner Anwälte, Markus Gotzens. Quelle: AP

Der Prozess gegen den Präsidenten des FC Bayern München, Uli Hoeneß, ist gespickt mit Überraschungen. Zunächst gestand Hoeneß zum Prozessauftakt am Montag, er habe in den Jahren 2003 bis 2009 weitere 15 Millionen Euro Steuern hinterzogen. In der Anklage war nur von 3,5 Millionen Euro die Rede gewesen. „Ich habe Steuern hinterzogen“, sagte Hoeneß. „Mir ist bewusst, dass daran auch die Selbstanzeige nichts ändert. Ich habe gehofft, mit einer Selbstanzeige einer strafrechtlichen Verfolgung zu entgehen.“ Insgesamt hatte sich die hinterzogene Summe am Montag entsprechend auf 18,5 Millionen Euro erhöht.

Am Dienstag folgte der zweite Paukenschlag: Eine als Zeugin befragte Steuerfahnderin sagte vor Gericht aus, Hoeneß habe mindestens 27,2 Millionen Euro hinterzogen. Und das, so die Zeugin, sei lediglich eine konservative Rechnung der Fahnder. Sprich, die Summe kann sich noch erhöhen. Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Prozess und den möglichen Folgen:


Wie kommt es zu diesen neuen Summen?

Die Aussagen der Steuerfahnderin beziehen sich hauptsächlich auf Dokumente, die erst kurz vor Prozessbeginn Ende Februar von Hoeneß eingereicht worden waren. Der Fahnderin zufolge handelt es sich um eine vor über einem Jahr erstellte Datei zu seinem geheimen Schweizer Konto. Diese wurden der Steuerfahndung per USB-Stick übermittelt. Die neue hinterzogene Summe wurde von der Verteidigung anerkannt. „Die Zahlen hält die Verteidigung für sachgerecht, da zweifeln wir nicht dran“, sagte Hoeneß' Anwalt Hanns W. Feigen am Mittwoch vor dem Münchner Landgericht. Auch die Staatsanwaltschaft kannte offenbar die neue Summe in Höhe von 27,2 Millionen Euro. Die Summe sei aber aufgrund fehlender Unterlagen nicht verifizierbar gewesen, somit lautete die Anklage zuvor lediglich auf 3,5 Millionen Euro.

Wie wirken sich die höheren Summen auf die Strafe aus? Ist manches davon möglicherweise verjährt?

Bei Steuerstrafsachen beträgt die Verjährung zehn Jahre. Die Steuern, die Hoeneß vor 2003 hinterzogen hat, spielen daher für das Strafmaß keine Rolle. Da die Verteidigung die 27,2 Millionen Euro allerdings anerkannt hat und Hoeneß' Anwalt Feigen offenbar am Mittwoch vor Gericht erklärte, in der Selbstanzeige seien sämtliche Zahlen bereits enthalten, ist davon auszugehen, dass die 27,2 Millionen Euro nicht verjährt sind. Auch der Richter Rupert Heindl will bei einem Urteil von den neuen Zahlen ausgehen und nicht mehr von den 3,5 Millionen Euro, die in der Anklage genannt wurden.

Kann die von Hoeneß hinterzogene Summe noch weiter steigen?

Möglicherweise ja. Denn die Steuerfahnderin sagte aus, die bisherige Summe basiere lediglich auf einer "Best Case"-Rechnung zugunsten des Angeklagten. Eine vollumfassende Rechnung war aufgrund der kurzen Zeit noch nicht möglich.

Wann kommt das Urteil?

Welche Zeugen werden noch vernommen?

Aufgrund der neuen Faktenlage wurden am Mittwoch noch zwei weitere Zeugen vernommen, darunter ein EDV-Experte des Finanzamtes Rosenheim. Dieser sollte klären, wann die Dateien auf dem USB-Stick erstellt wurden, die Hoeneß erst Ende Februar übermittelte. Laut der am Dienstag befragten Steuerfahnderin seien nämlich die Grunddateien der PDF-Dokumente bereits am 18. Januar 2013, also einen Tag nach der Selbstanzeige, erstellt worden. Zu klären war demnach, warum Hoeneß' Verteidigung erst jetzt mit den Dokumenten rausrückt. Allerdings hat der Zeuge Hoeneß entlastet. Die entscheidende Datei wurde demnach erst am 20. Februar dieses Jahres erstellt.
Neben dem EDV-Fachmann wurde ein Betriebsprüfer zusätzlich als Zeuge gehört, der Hoeneß regelmäßig überprüft hat. Damit ist die Zeugenbefragung abgeschlossen.

Kommt das Urteil wie geplant am Donnerstag?

Da der dritte Prozesstag am Mittwoch bereits nach etwa zwei Stunden abgeschlossen war, könnte es weiterhin am Donnerstag zu einem Urteil kommen, sollten keine weiteren Zeugen geladen werden. Das erklärte Gerichtssprecherin Andrea Titz. Die Schöffen wollen den Mittwoch nutzen, um Dokumente zu lesen. Am Donnerstag folgen dann die Plädoyers und die Urteilsverkündung. Insgesamt waren nur vier Prozesstage angesetzt, da Hoeneß bereits eine Selbstanzeige abgegeben und damit die Steuerhinterziehung eingestanden hatte. Im Prozess sollte es daher vor allem um die Bewertung dieser Selbstanzeige gehen.

Droht Hoeneß eine Gefängnisstrafe?

Entscheidend dafür ist, ob Hoeneß seine Vergehen mit Hilfe der Selbstanzeige so rechtzeitig und umfassend beim Finanzamt angezeigt hat, dass er eine Strafe abwenden kann. Am Mittwoch erklärte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft erneut, die Anzeige sei wirkungslos, da sie die Summe von 27,2 Millionen Euro nicht enthalten habe. Die Verteidigung behauptet allerdings, die Zahlen seien genannt worden; sie dürfte am Donnerstag darauf plädieren, dass die Anzeige wirksam ist. Ist die Anzeige tatsächlich wirkungslos, spricht vieles für eine Haftstrafe.


Grundsätzlich stehen auf Steuerhinterziehung bis zu fünf Jahre Haft, in besonders schweren Fällen zehn Jahre. Bewährung gibt es nur auf Haftstrafen von bis zu zwei Jahren. Der Fußballmanager beruft sich darauf, dass das Gesetz Steuersündern bei einer Selbstanzeige Straffreiheit gewährt. Einige Experten gehen davon aus, dass Hoeneß' bisher untadeliger Lebenswandel, sein großes soziales Engagement und auch die - wenngleich fehlerhafte - Selbstanzeige strafmildernd wirken. Die Wirtschaftskammer hat damit auch einen Präzedenzfall. Denn bisher gibt es keine Urteile, wie eine missglückte Selbstanzeige eines Prominenten zu bewerten ist.

Welche Deals machte Hoeneß?

Angesichts derart hoher Summen fragen sich alle, welche Deals Uli Hoeneß an der Börse abzog. Zwischen 2001 und 2010 habe es auf Hoeneß' Konto rund 50.000 Transaktionen gegeben, manchmal habe er nachts bei seiner Bank angerufen, so der Bayern-Präsident. Laut Aussagen der Steuerfahnderin soll Hoeneß unter anderem Devisenspekulationen betrieben, beispielsweise also auf die Auf- oder Abwertung des US-Dollars gewettet haben.

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