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Steuern Elektronische Lohnsteuerkarte kommt erst 2013

Die neue elektronische Lohnsteuerkarte sorgt weiter für Chaos. Elstam soll nun erst 2013 eingeführt werden. Das Finanzministerium hatte vorher bereits mehrere Termine gerissen. Was Steuerzahler nun beachten müssen.

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Lohnsteuerkarte: Die elektronische Variante kommt erst 2013. Quelle: dpa

Berlin Die elektronische Lohnsteuerkarte soll erst 2013 und damit ein Jahr später als geplant eingeführt werden. Das beschlossen die Finanzminister der Länder sowie der Bund in Berlin. Handelsblatt Online hatte exklusiv von der Verschiebung berichtet. Als Grund für die Verspätung wurden EDV-Probleme genannt.

Damit verschiebt das Finanzministerium wieder einen seiner Termine. Im November hieß es noch: Der Start soll "zu irgendeinem Datum im zweiten Quartal 2012" erfolgen, erklärte Silke Bruns, Sprecherin im Finanzministerium, im November auf Anfrage von Handelsblatt Online. Ursprünglich sollte die elektronische Lohnsteuerkarte schon zum 1. Januar 2012 eingeführt werden. Deswegen galt die eigentlich schon abgeschaffte bunte Lohnsteuerkarte aus Karton für das laufende Jahr noch weiter.

Viele Steuerzahler hatten bereits Benachrichtigungen erhalten. Grund für die Verschiebung seien laut Probleme bei der technischen Erprobung des Abrufverfahrens auf der Datenbank, hieß es. Von dem elektronischen Verfahren verspricht sich die Verwaltung eine wesentliche Erleichterung bei der Kommunikation zwischen Arbeitgebern, Arbeitnehmern, Finanzämtern und Meldebehörden.

Thomas Eigenthaler, Chef der Steuergewerkschaft der Finanzbeamten, hatte bereits im Sommer vor einem "Chaos bei der Lohnsteuer" gewarnt, weil die rechtzeitige Umstellung auf das elektronische Verfahren "Elstam" keineswegs gesichert sei.

Auch der Bund der Steuerzahler hatte schon vor einiger Zeit darauf hingewiesen, dass es technische Probleme gebe. Nach der Verschiebung fordert er das Finanzministerium zur Eile auf: "Ganz wichtig ist, dass jetzt ganz schnell Klarheit hergestellt wird, wie es weitergeht und welche Übergangsregelung gilt", fordert Isabel Klocke, Referentin für Steuerrecht beim Steuerzahlerbund. "Unternehmen und Arbeitgeber brauchen Planungssicherheit, damit sie zum 1. Januar die Lohnsteuer abführen können." Außerdem müsse das Finanzministerium dafür Sorge tragen, dass den Betroffenen der technischen Panne kein Mehraufwand entstünde.

Das neue System sieht vor, dass die Lohnsteuerdaten elektronisch gespeichert werden – in Form der so genannten Elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale, kurz: ELStAM. Dieses System wird häufig als "Elektronische Lohnsteuerkarte" bezeichnet. Zu den Abzugsmerkmalen gehören die Steuerklasse, die Religionszugehörigkeit und die Anzahl der Kinderfreibeträge. Sammelstelle für die Daten ist das Bundeszentralamt für Steuern.


Was Steuerzahler beachten sollten

In den vergangenen Wochen haben einige Arbeitnehmer bereits ein Schreiben von der Finanzverwaltung erhalten, in dem steht, welche elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale über sie gespeichert wurden. In einigen Bundesländern gab es dabei bereits jede Menge Probleme. Die Oberfinanzdirektion Niedersachsen beispielsweise sprach von "verschiedenen Fehlerquellen". So wurden zahlreiche Verheiratete in die falsche Steuerklasse eingetragen, weil die Identifikationsnummer ihrer Ehepartner nicht vorlag. Auch bei der Übermittlung der Meldedaten sei es durch Softwareprobleme zu Fehlern gekommen. In Nordrhein-Westfalen wurden zum Teil die Behindertenpauschbeträge nicht im System gespeichert.

Ganz überraschend kamen die Probleme für die Behörden wohl nicht. "Wegen den unterschiedlichen EDV-Systemen in den Meldebehörden und Finanzämtern rechnet die Finanzverwaltung derzeit in ein Prozent aller Fälle mit Übertragungsfehlern", sagte Daniel Moritz vom Finanzministerium NRW dem Handelsblatt vergangene Woche. "Steuerzahler sollten die Angaben genau kontrollieren", rät deshalb Reiner Holznagel, Vizepräsident des Bundes der Steuerzahler (BdSt). Wer einen Fehler entdeckt, sollte diesen möglichst umgehend seinem zuständigen Finanzamt melden - unabhängig davon, wann das neue System jetzt tatsächlich kommt.

Neben der Steuerklasse und den Freibeträgen finden sich in der Datensammlung auch so genannte melderechtliche Daten wie Heirat, Geburt eines Kindes sowie Kircheneintritte oder -austritte. Diese geben die Gemeinden automatisch an die Finanzverwaltung weiter. Möchte der Steuerzahler beispielsweise nicht, dass sein Chef von seiner Hochzeit erfährt, kann er einzelne Angaben oder auch die gesamten ElStAM-Daten für einen oder alle Arbeitgeber sperren lassen. Den Zugang komplett zu sperren, ist aber nicht unbedingt zu empfehlen, denn der Arbeitgeber muss die Lohnsteuer dann pauschal nach Steuerklasse VI abziehen - und das ist für die Angestellten meist sehr ungünstig.

Neben der Beschränkung des Zugangs hat der Arbeitnehmer jedoch eine weitere Kontrollmöglichkeit: Über die ElStAM-Plattform kann er künftig einsehen, welche Arbeitgeber seine Daten in den vergangenen zwei Jahren abgerufen haben.

Die alten Lohnsteuerkarten auf Papier gab es seit 1925 - und das System funktionierte. Allerdings sei der Aufwand für die Gemeinden, die Arbeitnehmer und die Arbeitgeber sehr groß gewesen und angesichts der technischen Möglichkeiten nicht mehr zeitgemäß, so das Bundesfinanzministerium. Das neue System soll nun schneller und bequemer werden.

Wenn die elektronische Karte irgendwann mal eingeführt wird, funktioniert nicht alles nicht automatisch. Freibeträge – etwa für Werbungskosten, die Arbeitnehmer für ihre Fahrtkosten zur Arbeitsstelle oder für längerfristige Fortbildungsmaßnahmen geltend machen können – muss der Steuerzahler jedes Jahr aufs Neue selbst beantragen. Das ist eigentlich nicht neu, im vergangenen Jahr gab es aber eine Sonderregelung: Weil die Lohnsteuerkarte für 2010 und 2011 galt, mussten auch die Freibeträge nicht neu beantragt werden, sofern sich an der persönlichen Situation nichts geändert hatte. „An diese bequeme Lösung dürfen sich die Steuerzahler aber leider nicht gewöhnen“, sagt Holznagel.

Trotz des Aufwands kann es für Arbeitnehmer vorteilhaft sein, einen Freibetrag zu beantragen, denn dadurch ergibt sich jeden Monat ein höheres Netto-Einkommen. Alternativ dazu können die Freibeträge auch in der Lohnsteuererklärung geltend gemacht werden. Doch dann muss der Steuerzahler warten, bis die Rückzahlung vom Finanzamt kommt.

„Freibeträge sollten noch in diesem Jahr beantragt werden“, empfiehlt Holznagel. Wer den Antrag erst im neuen Jahr stellt, laufe Gefahr, dass der Freibetrag nicht rechtzeitig berücksichtigt wird und im Januar zu viel Steuern einbehalten werden. Dann müssen sich die Steuerzahler ihr Geld doch wieder vergleichsweise umständlich über die Steuererklärung zurückfordern.

Mit Material von dpa

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