Steuern Geldbeutel der Bürger im Staatsgriff

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Flugsteuer und GEZ-Gebühren

Geld neben einer Quelle: dpa

Überraschend zauberte Finanzminister Schäuble auf der Sparklausur im Juni eine ökologisch begründete „Luftverkehrsabgabe“ aus dem Hut. Flüge aus Deutschland bis 2500 Kilometer Entfernung könnten von 2011 an neun Euro zusätzlich kosten, Tickets für Langstrecken sogar 40 Euro teurer werden. Schäuble gibt sich in den Details noch verhandlungsbereit – Hauptsache, für den Fiskus springt am Ende eine Milliarde zusätzlich heraus.

Auch für Arbeitnehmer wird’s teurer: Der Beitragssatz zur Krankenversicherung steigt im Januar von 14,9 auf 15,5 Prozent des Bruttolohns. Der Arbeitgeberanteil klettert damit auf 7,3 Prozent, der Arbeitnehmeranteil gar auf 8,2 Prozent. Gutverdiener, die monatlich 3750 Euro und mehr verdienen – die Beitragsbemessungsgrenze – kostet die Maßnahme rund elf Euro im Monat. Obendrauf kommt im schlechtesten Fall ein Zusatzbeitrag, den jede Kasse selbst festlegen kann. Bislang darf dieser maximal ein Prozent des beitragspflichtigen Lohns betragen, künftig dürfen die Kassen bis zu zwei Prozent fordern.

Für Gutverdiener könnte der Krankenkassenbeitrag so um weitere 75 Euro im Monat steigen. Damit nicht genug. Der Beitrag zur Arbeitslosenversicherung steigt 2011 ebenfalls, und zwar von 2,8 auf 3,0 Prozent. Bei einer Beitragsbemessungsgrenze von 5500 Euro (West) werden die Versicherten, die die Hälfte der Beiträge tragen, mit bis zu 5,50 Euro im Monat zusätzlich belastet. Und die Deutsche Rentenversicherung warnt, dass der Rentenbeitrag 2014 wohl nicht (wie ursprünglich geplant) von 19,9 auf 19,8 Prozent sinken wird.

Nicht zu vergessen die Rundfunkgebühren. Von 2013 an wird die GEZ-Gebühr von 17,98 Euro im Monat einheitlich von allen Haushalten erhoben – egal, ob ein Radio oder Fernsehen vorhanden sind, und unabhängig davon, ob man statt des öffentlich-rechtlichen Angebots eigentlich lieber die Privatsender einschaltet.

Staat treibt den Strompreis

Die Unternehmen bleiben von der Abgabenwelle nicht verschont, fast alle Branchen müssen sich auf neue Belastungen einstellen. Eine Bankenabgabe soll von 2012 an jährlich 1,2 Milliarden Euro in die Kasse spülen. Und Spediteure werden künftig stärker zur Kasse gebeten, obwohl die Lkw-Maut laut Koalitionsvertrag eigentlich nicht erhöht werden sollte. Stattdessen will das Verkehrsressort die Maut nun auf Bundesstraßen ausweiten und so bis zu 200 Millionen Euro pro Jahr einnehmen. „Auf einzelne Unternehmen kommen da sechsstellige Summen zu“, klagt Karlheinz Schmidt, Geschäftsführer des Bundesverbandes Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung.

Die Betreiber von Atomkraftwerken sollen künftig eine Brennelementesteuer zahlen, wofür Schäuble jährlich 2,3 Milliarden Euro eingeplant hat. Die Kraftwerksbetreiber sprechen sogar von 2,8 Milliarden Euro. Wie auch immer: Durch die neue Steuer droht ein weiterer Anstieg der Strompreise. Bei rund 60 Milliarden Euro Gesamtstromkosten entspräche das Einnahmevolumen einer Verteuerung der Produktion um etwa vier Prozent.

Dabei sind Verbraucher ohnehin schon gebeutelt – durch die hohen Subventionen für Fotovoltaikanlagen, die im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) geregelt sind. Dort ist festgeschrieben, dass fast alle Verbraucher die in Deutschland installierten Solarstromanlagen über ihre Stromrechnung mitfinanzieren.

Gebeutelte Verbraucher

Das Instrument dafür ist die sogenannte EEG-Umlage, die Stromversorger auf den Strompreis aufschlagen müssen. Sie liegt zurzeit bei rund zwei Cent pro Kilowattstunde und verteuert eine durchschnittliche Stromrechnung um etwa zehn Prozent. Experten warnen nun, dass sich diese Umlage in den nächsten Monaten verdoppeln könnte.

Ursache ist der Fotovoltaikboom: Dieses Jahr werden laut Branchenprognosen mehr Solarpanele auf deutsche Dächer geschraubt als in allen Jahren seit 2000 zusammen. Allein im vergangenen Jahr flossen Subventionen in einer Größenordnung von 17 Milliarden Euro, hat das Rheinisch-Westfälische Institut für Wirtschaftsforschung (RWI) ausgerechnet. Insgesamt betragen die Solarschulden laut RWI bereits 85 Milliarden Euro.

Schon nächstes Jahr, schätzt RWI-Energieexperte Manuel Frondel, werde dieser Solarschuldenberg die 100-Milliarden-Euro-Grenze überschreiten – mit drastischen Auswirkungen auf den Strompreis: Schon Ende 2010 dürfte die EEG-Umlage „auf mindestens drei Cent zulegen“, schätzt Frondel. Für nächstes Jahr sei eine Umlage von rund vier Cent realistisch.

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