Steuern Geldbeutel der Bürger im Staatsgriff

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Steuersparmodelle im Visier

Der Fiskus dreht auch noch an anderen Stellschrauben. Das trifft zum Beispiel Käufer denkmalgeschützter Immobilien, die laut Gesetz Anspruch auf Steuervorteile haben, wenn sie das Gebäude modernisieren. Doch häufig verweigern Finanzbeamte den Steuerbonus – selbst wenn die Denkmalschutzbehörde bestätigt hat, dass die Modernisierung „zur Erhaltung des Gebäudes als Kulturdenkmal“ notwendig war. Die Beamten argumentieren dann gerne, dass es sich nicht um eine Modernisierung, sondern um einen Neubau handele. 

Einem anderen Steuersparmodell will die Bundesregierung gleich per Gesetz den Garaus machen: den „6b-Fonds“, benannt nach Paragraf 6b des Einkommensteuergesetzes. Demzufolge dürfen Unternehmer und Freiberufler, die Immobilien mit Gewinn verkauft haben, eine Rücklage bilden und diese zu einem Immobilienfonds transferieren. Dadurch müssen sie den Gewinn nicht sofort versteuern, sondern erst in den folgenden Jahren – wenn sie, so das Kalkül, ein niedrigeres Einkommen und damit einen niedrigeren Steuersatz haben. Damit dürfte von 2011 an Schluss sein.

Das zeigt: Bei Steuersparmodellen sollten Anleger wachsam sein. Bisweilen kann es sogar vorkommen, dass der Staat Steuervorteile nachträglich streicht.

Staatliche Zusagen zählen nicht

Hobbits Quelle: dpa

Zehntausende Filmfonds-Anleger können ein Lied davon singen. Seit dem vergangenen Frühjahr hat der Fiskus bei Dutzenden Fonds rückwirkend hohe Steuervorteile gestrichen – bis zu 13 Jahre nachdem die Anleger investiert hatten. Laut einer Umfrage der WirtschaftsWoche unter Fondsanbietern müssen deshalb 72.000 Anleger rund 2,7 Milliarden Euro Steuern nachzahlen. Die Summe dürfte in nächster Zeit deutlich steigen, weil zahlreiche Fonds noch auf dem Prüfstand stehen.

Einzelne Fondsanbieter dürften zwar tatsächlich gegen die Vorschriften verstoßen haben. Dass jedoch flächendeckend bei Fonds nahezu sämtlicher Anbieter Verluste aberkannt werden, spricht dafür, dass die Aktion von fiskalischen Interessen geleitet ist. Zumal Finanzbeamte die Fondskonstrukte genau kannten und die Anbieter jahrelang gewähren ließen. Die Interessengemeinschaft Medienfonds, ein Zusammenschluss der Anbieter Hannover Leasing, KGAL und LHI, kritisiert: „Das Vorgehen der Finanzbehörden ist nicht nachvollziehbar, denn es widerspricht der bisherigen Verwaltungspraxis, der bisherigen Rechtsauslegung und den erteilten unverbindlichen Auskünften.“

Besonders perfide: Für den Fiskus ist es ein prima Geschäft, möglichst lange zu warten, bis er Steuervorteile streicht. Denn betroffene Anleger müssen nicht nur die Steuern nachzahlen, sondern zusätzlich 0,5 Prozent Strafzinsen – pro Monat. Je später die Finanzbehörden den Rotstift ansetzen, desto lukrativer ist es also für die Staatskasse. Da vom aktuellen Streichkonzert auch Filmfonds betroffen sind, die vor 13 Jahren aufgelegt wurden, müssen Anleger Strafzinsen in Höhe von bis zu 78 Prozent der Steuerschuld zahlen.

Strafzinsen für Steuersparer

Auch angesichts aktuell weit niedrigerer Marktzinsen ist das fragwürdig. Allerdings hat das Niedersächsische Finanzgericht in einem aktuellen Urteil entschieden: Auch wenn Anleger wegen einer unberechtigten Steuerersparnis einen Zinsvorteil von deutlich weniger als sechs Prozent jährlich hatten, darf das Finanzamt Strafzinsen in dieser Höhe ansetzen (15 K 400/07). Es sei kein Grund für den Erlass von Strafzinsen, wenn der Steuerpflichtige „einen Zinsvorteil erzielt, der deutlich unterhalb des angesetzten Betrages von 0,5 v. H. pro Monat liegt“, so die Richter.

Dass staatliche Zusagen wenig zählen, wenn die Kasse leer ist, wissen Käufer von Sozialwohnungen in Berlin längst. Der Hauptstadt-Senat um den damaligen Finanzsenator Thilo Sarrazin verkündete Anfang 2003, dass es nach Ablauf der 15-jährigen Grundförderung keine Zuschüsse mehr für Anleger gebe, die in Sozialwohnungen investiert haben. Bis dahin galt die Verlängerung um weitere 15 Jahre als reine Formsache. Wegen der Streichung schlitterten zahlreiche Immobilienfonds in die Pleite.

Der Fall beschäftigt noch heute die Gerichte. Laut Bundesgerichtshof gab es zumindest keine rechtsverbindlichen Zusagen des Senats, auf die Anleger pochen können. Wenn Fondsanbieter diesen Eindruck erweckt hätten, könnten Anleger aber womöglich Schadensersatz von ihnen fordern, urteilten die Bundesrichter (II ZR 66/08). Betroffene Fondsgesellschaften wollen jetzt in einem Folgeverfahren belegen, dass es doch verbindliche Zusagen gab.

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