Das neue Dienstfahrzeug wiegt weniger als neun Kilo, hat einen Rahmen aus Carbon und sieht fast so aus, als stamme es aus dem Peloton der Tour de France. Für Thomas Holzapfel ist der Renner einer amerikanischen Edelmarke mehr als nur ein Mittel, um von Punkt A (Wohnort Langenfeld) nach Punkt B (Arbeitsstätte in Bonn) zu gelangen. Es ist zugleich Dienstfahrrad, Sportgerät und Spaßmobil, auf dem sich Holzapfel mehrmals die Woche verausgabt, entweder in der Freizeit in den Hügeln des Kölner Umlands oder gar auf den rund 60 Kilometern auf dem Weg zu Arbeit. Bezahlt hat es sein damaliger Arbeitgeber, die Telekom.
Das Dienstfahrrad: Das klingt nach Amtsschimmel und erinnert an die Heerscharen gleichfarbiger Drahtesel auf Werksgeländen der Größenordnung Bayer und die gelbe Fahrradflotte der Post. Aber jetzt entwickelt es sich zum Schlüsselreizwort unter Arbeitgebern, die einerseits ihren Mitarbeitern etwas bieten wollen, aber auch deren körperliche Ertüchtigung und damit Gesundheit fördern wollen.
Bundesweit dürften es mehr als 200.000 geleaste Diensträder geben, schätzt Ulrich Prediger. Der Gründer des Freiburger Leasing-Anbieters JobRad gilt als Pionier der Branche. Zu seinen Kunden gehören nicht nur Großkonzerne, sondern auch tausende kleinere Firmen, darunter Arztpraxen, Werbeagenturen und mittelständische Produktionsbetriebe.
So wie bei Holzapfel, einem von 300 Mitarbeitern der Telekom, die 2015 das Programm gestartet hat. "Es wurde super angenommen, deshalb haben wir das Angebot auch bundesweit ausgeweitet", sagt Peter Kespohl von der Telekom. Der Kommunikationskonzern folgt auf Unternehmen wie Commerzbank, die 2012 erstmals den Mitarbeitern anboten, Teile des Gehalts in eine Dienstwagen-Regelung nur eben für Fahrräder umzuwandeln. Oder SAP: Der Softwarekonzern aus Walldorf hat bereits 1100 der 17.000 Beschäftigten in Deutschland mit Fahrrädern beglückt.
Für die steuerliche Anerkennung ist es mitnichten nötig, ein Vernunfts-Modell zu nehmen, das vor allem für Stadtfahrten geeignet ist. Die Bandbreite reicht von Mountain-Bikes über Hollandräder bis zu reinrassigen Rennmaschinen von Spezialisten wie der Marke Cervelo. Und selbstverständlich sind auch E-Bikes im Angebot.
Meist kooperieren die Unternehmen mit Leasing-Agenturen, die sich auf Fahrräder spezialisiert haben. Zu denen zählt das Unternehmen JobRad aus Freiburg. Mehr als 7500 Arbeitgeber mit 1,5 Millionen Arbeitnehmern hat JobRad in Deutschland bereits als Partner. Angestellten, die Ihren Arbeitgeber davon überzeugen wollen, so ein Programm ebenfalls aufzusetzen, finden auf der Webseite gleich einen Link, um die Personalabteilung darüber zu informieren.





Für die Unternehmen fallen Kosten für die Verwaltung und Entgeltabrechnung an, ein Beitrag des Mitarbeiters zum Dienstrad selbst ist nicht nötig. Im Gegenzug sinkt das zu versteuernde Bruttoeinkommen und somit die Sozialabgaben dank der Gehaltsumwandlung. Möglich wurde dieses Modell nach einer Gesetzesänderung 2012.
Hier kommen die Leasing-Firmen wie JobRad, der Münchener Anbieter Company Bike Solutions oder die Kölner Eurorad ins Spiel. Sie organisieren das Leasing über Online-Portale, bringen die Kunden mit Fahrradhändlern zusammen und bieten Dienstleistungen wie Versicherungen und Inspektionen an.
„Ziel ist es, die Administration für den Arbeitgeber so gering wie möglich zu halten“, sagt Ulrich Prediger. Denn den vermeintlichen Aufwand scheuen die meisten Firmen, ist seine Erfahrung: „Viele haben weiterhin Dienstwagen im Kopf, Themen wie Strafzettel, Führerscheinkontrollen, Halterhaftung. Beim Dienstrad ist das alles unendlich viel einfacher. Sobald wir den Arbeitgebern darstellen können, wie gering der Aufwand ist, haben wir sie schnell überzeugt.“