Steuern Steueroasen – oder warum Steuern etwas für Arme sind

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Steuerrückerstattung

Laut einer Oxfam-Schätzung verfügen neun von zehn großen Unternehmen mindestens über eine Niederlassung in einer Steueroase. Großkonzerne wie Amazon, Apple, Starbucks, Facebook oder Walmart (betreibt in Luxemburg nicht einmal einen Kiosk, aber dafür 22 Briefkastenfirmen) profitieren von staatlich finanzierten Maßnahmen wie Straßen, Flughäfen, Telekommunikation oder Bildungseinrichtungen – einen Beitrag in Form von Steuern leisten sie dazu aber nicht. Haben Sie sich schon einmal gefragt, warum auf Ihrer Amazon-Rechnung eine Luxemburger Adresse steht? Ganz einfach. Wegen Jean-Claude Juncker.

Im globalen Wettbewerb der Steuervermeidung lockte der damalige Premier- und Finanzminister von Luxemburg, unser derzeitiger EU-Präsident Juncker, Amazon mit dem Versprechen nach Luxemburg, dem Konzern unter die Arme zu greifen. Dies geschah mit illegalen Staatshilfen. In Großbritannien hat Amazon den Steuerbehörden 2014 trotz eines Umsatzes von über 8 Milliarden Pfund gerade mal ein paar Millionen Pfund überwiesen.

Der Internetriese Google hat nach eigenen Angaben 2014 rund 11 Milliarden Euro durch legale Steuerschlupflöcher aus Europa geschleust. Google transferierte diese Summe über die Niederlande auf die Bermudas, wo für Unternehmen keine Einkommensteuer anfällt.

Den Vogel abgeschossen hat aber Apple, eines der profitabelsten Unternehmen der Welt. Apple erhielt in Deutschland 2011 sogar eine Steuerrückerstattung.

Während seiner Luxemburger Amtszeit lockte Jean-Claude Juncker insgesamt 340 Unternehmen in das kleine Herzogtum, Hunderte von Milliarden Euro wurden steueroptimierend durchgeschleust. Und zwar von Unternehmen wie FedEx, Pepsi, Deutsche Bank, E.ON, auch des Deutschen liebstes Möbelhaus IKEA war dabei, wie 2014 durch die »Luxemburg Leak«-Affäre bekannt wurde. Für den stolzen Gewinn von 2,5 Milliarden Euro musste IKEA lediglich den homöopathischen Steuersatz von 0,002 Prozent zahlen – nämlich 48.000 Euro. Kein Spaß!

Unter anderen Umständen wären dafür mehr als 500 Millionen Euro fällig gewesen und Privatpersonen oder nicht ganz so mächtige Unternehmer hätten wohl mit Gefängnisstrafen rechnen müssen. Es ist eine Schande für Europa und ein Schlag in das Gesicht eines jeden Steuerzahlers, dass Jean-Claude Juncker immer noch EU-Präsident ist. Dank solcher Typen verwundert es wenig, dass immer weniger Menschen die EU und deren politische Elite ernst nehmen.

Nach wie vor bunkern Firmen Hunderte Milliarden in Steueroasen. 2,1 Billionen Dollar allein die 500 größten US-Konzerne. Darunter sind so schillernde Namen wie:

Unternehmen

Milliarden Dollar

Apple

181

General Electric

119

Microsoft

108

Pfizer

74

IBM

61,4

Merck

60

*Quelle: CTJ

Die Zahlen in der Tabelle beziffern die in Steueroasen gebunkerten Milliardenbeträge.

Allein die Entwicklungsländer verlieren jährlich mindestens 100 Milliarden Dollar Einnahmen, weil multinationale Konzerne Steuern vermeiden. 2014 waren die Investitionen von Unternehmen in Steueroasen fast viermal so hoch wie noch 2001. Laut Oxfam verstecken Einzelpersonen in Steueroasen rund 7,6 Billionen Dollar. Das ist mehr als das Bruttosozialprodukt Deutschlands und Großbritanniens zusammen. Den Heimatländern gehen dadurch rund 190 Milliarden Dollar an Steuereinnahmen verloren.

Vor diesem Hintergrund wird klar, warum es dem einzelnen Bürger kaum noch vermittelbar ist, dass er Steuern zahlen soll, während sich Großkonzerne und Superreiche davor drücken. Und so sie erwischt werden, wird die Strafe aus der Portokasse beglichen. Das System fördert die Falschen. Zwar wird die Demokratie stets hochgehalten, in punkto Steuergerechtigkeit versagt sie aber komplett. Gierig wie die Raupe Nimmersatt zieht die Karawane dorthin, wo am wenigsten abgegeben werden muss.

Trotz teilweise exorbitanter Gewinne zahlen Superreiche und multinationale Konzerne lächerlich niedrige oder gar keine Steuern, während wir gnadenlos zur Kasse gebeten werden. Wie kann es sein, dass in einem demokratischen Land wie Deutschland ein kleiner Buch- oder Computerhändler, der seine Mitarbeiter fair bezahlt, mit hohen Steuern belegt wird, während ein Unternehmen wie beispielsweise Amazon, das seinen Mitarbeitern oftmals einen miesen Lohn gibt, fast keine Steuern bezahlt? Politiker sprechen gerne von Gerechtigkeit und Fairness. Würden sie ihre Worte ernst nehmen, dann würden sie die Steueroasen vom internationalen Zahlungsverkehr abschneiden und der ganze Spuk wäre auf der Stelle vorbei.

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