Steuern und Recht kompakt Rechtstipp der Woche: Kapitalerträge richtig versteuern

Die Abgeltungsteuer soll Anlegern bei der Versteuerung von Kapitalerträgen Arbeit ersparen. Oft lohnt eine Steuererklärung trotzdem. Außerdem: Immobilienkaufverträge, verjährte Erbschaften und verlorene Gebisse.

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Seit 2009 gibt es die Abgeltungsteuer. Sie sollte nicht nur Steuerhinterzieher ausbremsen, sondern Anlegern auch Arbeit bei der Steuererklärung ersparen. Sie funktioniert so: Banken berechnen laufend, was von den Gewinnen, Verlusten und Gebühren eines Depots als Gewinn bleibt. Davon ziehen sie, inklusive Soli und eventuell Kirchensteuer, zwischen 26 und 28 Prozent ab. Die Summe überweist die Bank ans Finanzamt. Damit ist die Sache erledigt. Eigentlich – denn wie so oft gibt es Ausnahmen. Wer die kennt, hat zwar etwas Aufwand, kann aber viel sparen.

  • Freibetrag: Jeder, der mit seinem Kapital ein Einkommen erzielt, muss darauf Steuern zahlen. Allerdings erst ab einer Grenze. Darunter greift der Sparer-Pauschbetrag. Alleinstehende dürfen Kapitalerträge bis 801 Euro pro Jahr steuerfrei kassieren, bei Ehepaaren ist es doppelt so viel. Den Freibetrag berücksichtigen Banken aber nur, wenn Kunden ihn beantragt haben. Neben persönlichen Daten benötigen sie für diesen Freistellungsauftrag deren Steuer-ID. Anleger mit Depots bei verschiedenen Banken müssen das Prozedere mehrfach durchlaufen, wenn sie den Freibetrag auf mehrere Depots aufteilen. Wer den Freistellungsauftrag vergessen oder die Summe nicht richtig aufgeteilt hat, kann sich zu viel gezahlte Steuer per Steuererklärung zurückholen (Anlage KAP). Mit der Anlage kann man die Steuer zurückfordern. Bei komplett besteuerten 801 Euro Ertrag wären das bis zu 225 Euro.
  • Geringere Sätze: Die Abgeltungsteuer sieht pauschal 25 Prozent Steuer vor. Das passt nicht immer. Manche Anleger sind gänzlich befreit, andere zahlen weniger. Gar nichts zahlen müssen Anleger, die nicht einkommensteuerpflichtig sind. Wer 2015 ein Einkommen unter 8472 Euro hatte, fällt in diese Kategorie. Oft sind das Rentner oder Studenten. Aber auch von den Eltern für ihre Kinder geführte Depots können davon profitieren. Um tatsächlich befreit zu werden, müssen Anleger beim Finanzamt eine Nichtveranlagungsbescheinigung beantragen.

Schnellgericht

Der geringere Satz gilt für Sparer, deren persönlicher Steuersatz unter 25 Prozent liegt. Sie zahlen nur diesen Satz. Dafür müssen sie in der KAP-Anlage das Feld „Günstigerprüfung“ ankreuzen.

  • Verluste anrechnen: Anleger, die im Jahresverlauf Gewinne und Verluste einfahren, müssen nur den tatsächlich verzeichneten Gewinn versteuern. Ihre Bank verrechnet dafür laufend Verluste und Gewinne verschiedener Anlagen. Aktienverluste dürfen allerdings nur mit Aktiengewinnen verrechnet werden. Andere Erträge werden separat verrechnet. Meistens reicht diese Routine. Wer jedoch mehrere Depots bei verschiedenen Banken führt, sollte nachrechnen. Hat ein Depot Verlust geschrieben, übernimmt die Bank diesen ins nächste Jahr und rechnet ihn dann an. Es kann sich lohnen, die Verluste stattdessen auf ein anderes Depot mit Gewinn zu übertragen, um dort direkt die Steuerlast zu schmälern (Heft 36/2015). Für die Übertragung müssen Anleger bis 15. Dezember bei ihrer Bank eine Verlustbescheinigung beantragen und sie mit der Steuererklärung einreichen.

Immobilien, Erbschaft, Onlinebanking

Immobilien: Nur was im Kaufvertrag steht, zählt

Ein Ehepaar kaufte im Dezember 2009 ein Einfamilienhaus für 550.000 Euro. Laut Grundrissen, die der Verkäufer den Käufern ausgehändigt hatte, ergab sich eine Wohnfläche von 215 Quadratmetern. Im Internetinserat mit dem Kaufangebot war von etwa 200 Quadratmetern die Rede. Nach dem Kauf ließ das Paar die Wohnfläche von einem Architekten berechnen. Der kam auf eine Wohnfläche von 172 Quadratmeter. Das Paar fühlte sich von den Verkäufern getäuscht und verlangte von ihnen nachträglich eine Minderung des Kaufpreises. Als die ehemaligen Eigentümer dies ablehnten, gingen die Käufer vor Gericht. Der Bundesgerichtshof entschied, dass die Käufer keinen Anspruch auf Schadensersatz haben (V ZR 78/14). Die exakte Wohnfläche sei nicht Teil des notariellen Kaufvertrags gewesen. Die vom Architekten ermittelte Wohnfläche bewege sich im Toleranzbereich von etwa 200 Quadratmetern. Schließlich sei die Differenz lediglich auf unterschiedliche Maßstäbe für eine Dachterrasse und einen Hauswirtschaftsraum zurückzuführen.

Recht einfach: Gebisse

Erbschaft: Nach drei Jahren verjährt

Im Januar 2008 verstarb der Vater eines Erben. Weil der seinen Pflichtteil nicht anmeldete, ging das Vermögen des Verstorbenen an die Stiefmutter des Erben. Als diese im Januar 2011 ebenfalls verstarb, erbte der Stiefsohn. In seiner Steuererklärung wollte er seinen früheren Pflichteilsanspruch steuermindernd geltend machen. Er argumentierte, dass sein Pflichtteilsanspruch nicht verjährt sei und er seinerseits die Verpflichtung zur Herausgabe des Pflichtteils von seiner Stiefmutter geerbt habe. Diese spitzfindige Begründung zog beim Hessischen Finanzgericht nicht (1 K 1059/14). Es lasse sich nur dann ein Pflichtteilsanspruch als Erbschaftsverbindlichkeit steuermindernd geltend machen, wenn der Steuerzahler tatsächlich wirtschaftlich belastet werde, so die Richter. Bei dem Kläger sei dies jedoch nicht der Fall. Ohnehin sei der Pflichtteilsanspruch nach drei Jahren bereits verjährt. Das Verfahren läuft am Bundesfinanzhof weiter (II R 1-16).

Onlinebanking: Korrekte PIN reicht nicht

Allein daraus, dass beim Onlinebanking die korrekte PIN- und TAN-Nummer verwendet wurde, kann die Bank nicht schließen, dass der Kontoinhaber das Geld überwiesen hat (Bundesgerichtshof, XI ZR 91/14 ). Vielmehr müsse die Bank belegen, dass das Sicherheitssystem zum Zeitpunkt der Überweisung funktioniert habe. Dies gelte insbesondere dann, wenn es zu Störungen im Onlinebanking gekommen sei. Die Vorinstanz, das Landgericht Lübeck (3 O 418/12), müsse erneut prüfen, ob die Bank oder der Kontoinhaber für die Überweisung haftet.

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