
Die Bauzinsen sind weiter niedrig. Wer einen alten Immobilienkredit mit hohen Zinsen hat, würde lieber aussteigen. In der Regel geht das nur, wenn die Bank dem zustimmt und der Bauherr sie für entgangene Zinsen entschädigt.
Derzeit nutzen jedoch viele Kreditnehmer einen Notausgang aus teuren Darlehen, Widerrufsjoker genannt. Wenn die Banken ihre Kunden unzureichend über ihr Recht aufgeklärt haben, innerhalb von 14 Tagen einen Immobilienkredit widerrufen zu können, lief die Widerrufsfrist bisher unbegrenzt. Vergangene Woche hat der Bundestag jedoch beschlossen, den Widerruf für neue Kredite auf maximal zwölf Monate zu begrenzen. Bei alten Darlehen läuft die Widerrufsfrist im Juni dieses Jahres ab.





Fehler im Kleingedruckten des Kreditvertrags zum Widerruf finden sich vor allem in Darlehen aus den Jahren 2002 bis 2010. Kreditnehmer, die über einen Widerruf nachdenken, sollten folgende Punkte beachten:
- Widerrufsklauseln: Nicht jeder Kredit lässt sich wegen fehlerhafter Klauseln widerrufen. Einige Banken haben die gesetzlichen Musterformulierungen wörtlich übernommen. „Diese Institute sind in der Regel auf der sicheren Seite, ein Widerruf hätte keine Aussicht auf Erfolg“, sagt Mathias Corzelius, Rechtsanwalt der Kanzlei Göddecke in Siegburg. Andere Banken haben die Vorlagen des Gesetzgebers geändert, was sie aber nicht automatisch unwirksam macht. Ob ein Widerruf des Baukredits möglich ist, kann meist nur ein Rechtsanwalt klären.
- Anschlussfinanzierung: Vor einem Widerruf sollten sich Kreditnehmer Angebote anderer Banken einholen, die den Kredit übernehmen. Wer wirksam seinen Kredit widerruft, muss die Restschuld innerhalb von 30 Tagen zurückzahlen. Da bleibt wenig Zeit für eine Anschlussfinanzierung.
- Kommunikation: Betroffene sollten mit offenen Karten spielen: zunächst den Kredit widerrufen und dann mit der Bank verhandeln. Drohen die Schuldner vorm Verhandeln mit Widerruf, könnte die Bank vor Gericht argumentieren, die Schuldner missbrauchten das Widerrufsrecht.
Auch wenn Kanzleien mit dem Widerrufsjoker werben, einen günstigen Ausstieg aus teuren Krediten können sie nicht garantieren. Bisher hat der Bundesgerichtshof (BGH) nicht über die wichtigsten Streitpunkte entschieden. „Banken, die ihren Prozess beim BGH verlieren könnten, geraten innerhalb der Branche unter Druck“, sagt Atif Yildirim, Kölner Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht. Ein BGH-Urteil zugunsten der Schuldner könnte viele Kredite angreifbar machen. Banken einigten sich daher oft vor einem BGH-Entscheid mit Kunden.
Mitunter entscheidet der BGH jedoch zugunsten der Banken. So hielt der BGH kürzlich die Widerrufsklauseln zweier Sparkassen für korrekt (XI ZR 549/14, XI ZR 101/15). Es ging darum, ob diese Klauseln in Kreditverträgen optisch hervorzuheben sind und ob zusätzliche Optionen zum Ankreuzen die Aufklärung über das Widerrufsrecht unwirksam machen. In beiden Fällen, so der BGH, seien die Kunden korrekt aufgeklärt worden.