Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble und Vizekanzler Sigmar Gabriel haben sich in WirtschaftsWoche-Interviews bereits für Änderungen bei der Abgeltungsteuer ausgesprochen (Ausgaben 24 und 26/2015). Jetzt stößt auch der Bundesrat ins gleiche Horn. Sobald es ab 2017 mehr Steuertransparenz gebe und einen weltweiten Informationsaustausch über Finanzkonten, so die Ansicht der Politiker, gebe es keinen Grund mehr, Kapitaleinkommen mit nur 25 Prozent Abgeltungsteuer niedriger zu belasten als Arbeitseinkommen. Kapitaleinkünfte könnten wieder mit dem persönlichen Steuersatz belastet werden, so die Vorschläge. Deutschland hatte 2009 die Abgeltungsteuer eingeführt, weil verhindert werden sollte, dass Kapital ins Ausland verlagert wird.
Bisher kassiert der Fiskus auf Unternehmensebene mit Körperschaft- und Gewerbesteuer je nach Standort etwa 30 Prozent des Gewinns. Die restlichen 70 Prozent fließen etwa als Dividende an Aktionäre. Von diesen 70 Prozent gehen 25 Prozent Abgeltungsteuer ans Finanzamt. Inklusive Soli beträgt die Besteuerungsquote gut 48 Prozent.
„Sollte die Bundesregierung die Abgeltungsteuer abschaffen, wäre mit einer höheren Steuerbelastung von Kapitalerträgen zu rechnen“, sagt Oliver Schultze, auf Kapitalanlagen spezialisierter Steuerberater in Pinneberg. Er rechne nicht mit höheren Sparerfreibeträgen und der Wiedereinführung der Spekulationsfrist von einem Jahr, nach deren Ablauf Kursgewinne früher ganz steuerfrei geblieben sind. Ein Ausweg wäre die Rückkehr zum alten Anrechnungsverfahren, bei dem die auf Unternehmensebene bereits gezahlte Steuer beim Aktionär angerechnet wird. Steuerberater und Finanzämter bekämen viel zu tun. „Werden Kapitalerträge mit dem normalen Steuersatz von bis zu 45 Prozent besteuert, müsste der Fiskus auch den Abzug von Werbungskosten, also den Nebenkosten der Geldanlage, zulassen, und Verluste müssten gegen Gewinne aufgerechnet werden können“, sagt Schultze.
Recht einfach
Eine Münchnerin fuhr abends bei stockendem Verkehr. Polizisten sahen, dass die Bayerin ein Handy am Ohr hielt und ihr Mund „Sprechbewegungen“ machte. 60 Euro Bußgeld und einen Punkt in Flensburg sollte das Telefonat kosten. Die Betroffene zog vor Gericht. Sie ließ eine Zeugin auftreten. Diese bezeugte, dass der Wagen im Stop-and-go „kaum vorwärts gekommen“ sei. Die Strafe sei trotzdem gerechtfertigt, urteilten die Richter. Telefonieren ohne Freisprechanlage sei nur bei stehendem Fahrzeug mit ausgeschaltetem Motor zulässig (Amtsgericht München, 912 OWi 416 Js 101706/15).
Ein Brandenburger konnte sich die PIN-Nummer seiner SIM-Karte partout nicht merken. Die Abhilfe: Er schrieb den Zahlencode auf die Handykarte. Kurz danach wurde bei einem Wohnungseinbruch besagte Karte gestohlen. Die Telefonrechnung, die die Einbrecher produzierten, musste der Bestohlene begleichen. Die Richter fanden die Verbindung von PIN und SIM „grob fahrlässig“ (Oberlandesgericht Brandenburg, 5 U 105/13).
Die Beweisaufnahme in einem Strafprozess vor dem Landgericht Frankfurt am Main zog sich in die Länge. Als die angesetzte Verhandlungsdauer deutlich überschritten war, hielt es die Richterin nicht mehr aus: Sie griff zu ihrem Privathandy, beantwortete einen Anruf und erwiderte eine SMS, in der es um die Betreuung ihres Kleinkindes ging. Die Anwälte der Angeklagten lehnten die Richterin als „befangen“ ab. Richtig so, entschieden die nächsthöheren Instanzen. Telefonieren während einer Verhandlung ließe auf „mangelndes Interesse“ und eine unzulässige Vorfestlegung schließen (Bundesgerichtshof, 2 StR 228/14).
Auch die Altersvorsorge sei betroffen. „Es wäre eine gigantische Umverteilung, wenn der Bürger spart, der Staat ihm aber mehr von seinen Kapitalerträgen wieder abziehen würde.“ Deutschland sollte dann nach dem Vorbild der USA oder Großbritanniens steuerbegünstigte Vorsorgekonten mit hohen Freibeträgen einführen, rät Schultze.
Joachim Borggräfe, Anwalt bei Castle Law in Frankfurt, gibt zu bedenken, dass die Abgeltungsteuer nicht nur die zweite Steuerbelastung des bereits auf Unternehmensebene belasteten Einkommens sei. Als dritte Besteuerung komme später Erbschaftsteuer hinzu. Rechne man die kumulative Steuerwirkung aus, lohne es sich mitunter nicht, zu investieren. „Steigt die Belastung des Einkommens mit Steuern in Deutschland auf 60 Prozent absolut, ist das das falsche Zeichen, weil Deutschland als Investitionsstandort im offenen Wettbewerb steht mit London, Singapur oder der Schweiz“, sagt Borggräfe. Und da die Grenzen offen blieben, sei ein Umzug für Privatpersonen und Unternehmen möglich.
Mietrecht - Begründete Zweifel am Eigenbedarf
Eine Mieterin bewohnte eine Drei-Zimmer-Wohnung im dritten Stock eines Mietshauses in Bonn. Ihr Sohn hatte eine Mansardenwohnung im selben Haus gemietet. Im März 2012 kündigte die Eigentümerin beide Mietverträge wegen Eigenbedarfs. In eine der beiden Wohnungen wollte die Vermieterin selbst einziehen, die andere sollte Teil einer Maisonette-Wohnung für ihre Tochter sein. Da sich beide Mieter weigerten auszuziehen, wurde zunächst nur die Wohnung unterhalb der gekündigten Mansardenwohnung umgebaut.
Nach wie vor wollte die Tochter der Vermieterin die Mansarde mit ihrer Wohnung verbinden. Die Eigentümerin klagte auf Räumung der beiden Wohnungen. Beim Bundesgerichtshof kam sie damit jedoch nicht durch (VIII ZR 297/14). Die Klägerin habe bei der Verhandlung vor dem Amtsgericht ihren Eigenbedarf an der gekündigten Drei-Zimmer-Wohnung nicht hinreichend begründen können.
Schnellgericht
§ Wer als Arbeitnehmer in Deutschland an im Ausland lebende Kinder Unterhalt zahlt, kann diese Zahlungen nicht als außergewöhnliche Belastung geltend machen, wenn diese im erwerbsfähigen Alter sind und ein Nachweis fehlt, dass sie alles getan haben, um eine Arbeit zu finden (Finanzgericht Rheinland-Pfalz, 4 K 2254/14).
§ Gemeinnützige Vereine, die Tanzkurse anbieten, müssen für diese Kurse keine Umsatzsteuer zahlen, weil es sich um steuerfreie Sportveranstaltungen handelt (Finanzgericht Baden-Württemberg, 12 K 2582/12).
§ Das Internetportal für Flugtickets opodo.de darf seinen Kunden mit einer speziellen Prepaid-Karte nicht ausschließlich ein kostenloses Bezahlsystem anbieten, das vergleichsweise gering verbreitet ist (Landgericht Hamburg, 327 O 166/15). Für die Zahlung über Kreditkarte oder Sofortüberweisung verlangte opodo.de zusätzliche Kosten.
§ Infiziert sich eine Krankenschwester als Mitarbeiterin eines Blutspendedienstes bei der Arbeit mit Hepatitis C, das zu Leberschäden führt, ist dies als Berufskrankheit zu entschädigen (Hessisches Landessozialgericht, L 3 U 132/11).
Zudem ging es in den Gesprächen mit den Mietern im Februar 2012, also kurz vor der Kündigung, ausschließlich um die Nutzung der Mansardenwohnung. Es bestünden daher Zweifel daran, dass die Vermieterin tatsächlich in das Mietshaus einziehen wolle. Die Vorinstanz, das Landgericht Bonn, müsse die Klägerin erneut anhören und dann ein neues Urteil fällen.
Soli-Zuschlag - Vorläufiger Schutz für Steuerzahler
Das Niedersächsische Finanzgericht gewährt einem Steuerzahler, der gegen die Erhebung des Solidaritätszuschlags geklagt hatte, vorläufigen Rechtsschutz (7 V 89/14). Der Steuerbescheid des Klägers aus dem Jahr 2012, der die Höhe des Solidaritätszuschlags festlegt, wird damit zunächst nicht vollzogen. Derzeit läuft ein Verfahren am Bundesverfassungsgericht, das klären soll, ob das Gesetz zum Solidaritätszuschlag von 1995 verfassungsgemäß ist oder nicht (2 BvL 6/14). Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Gegen den Beschluss des Finanzgerichts kann die Finanzverwaltung eine Revision beim Bundesfinanzhof beantragen.
Bankgebühren - Kosten für Ersatzkarte unzulässig
Banken, die Kunden eine Ersatz-Bankkarte ausstellen, dürfen keine zusätzlichen Gebühren verlangen, wenn die Originalkarte zuvor gesperrt wurde, weil sie verloren ging (Bundesgerichtshof, XI ZR 166/14). Geklagt hatte der Bundesverband der Verbraucherzentralen, weil die Postbank 15 Euro für den Ersatz einer Bankkarte verlangt hatte. Die Postbank berief sich auf eine Klausel, nach der die Gebühr zulässig sei, wenn der Verlust der Karte nicht in der Verantwortung der Bank liege. Diese Gebühr benachteilige die Kunden unangemessen und verstoße damit gegen das Gesetz, befanden die Richter.