Steueroasen Es kommen harte Zeiten für Steuerbetrüger

Heute startet ein weltweit automatischer Austausch von Finanzdaten im Steuerbereich. Kriminellen soll das Handwerk weiter erschwert werden. Doch sind damit alle Steuer-Schlupflöcher dicht?

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Steuerhinterziehung wird erschwert: Ab Samstag tauschen 50 Staaten Finanzdaten untereinander aus, um den Transfer von Schwarzgeld ins Ausland einzudämmen. Quelle: dpa

Berlin Für hartnäckige Steuerbetrüger brechen harte Zeiten an. Vom 30. September an wird es für sie noch schwieriger, Geld illegal am Fiskus vorbei ins Ausland und in die verbliebenen Steueroasen zu schleusen. Dann nämlich starten Deutschland und zunächst 49 weitere Staaten mit dem automatischen Austausch von „Informationen über Finanzkonten in Steuersachen“ – wie es offiziell heißt.

Im Klartext: Heimische Finanzbehörden bekommen Einsicht in Auslandsgeschäfte ihrer Bürger. Konsequenz: Wer den Staat prellt, wird schneller auffliegen als bisher. Teuer vom Staat eingekaufte Steuer-CDs könnten damit der Vergangenheit angehören.

Denn von Ende September an wollen Staaten erstmals umfassend und automatisch nach einheitlichen Regeln Daten über Konten von Ausländern bei ihren Banken mit deren Heimatländern austauschen - und zwar beginnend mit Vorgängen für 2016.

Es geht nicht nur um Name, Anschrift und Kontonummer von „Steuer-Ausländern“, sondern auch um Zinsen, Dividenden, Guthaben auf Konten sowie Erlöse aus der Veräußerung von Finanzvermögen, die automatisch an den Wohnsitzstaat des Kontoinhabers gemeldet werden.

Auch der deutsche Fiskus erhält so Informationen über Steuerzahler, die Geld im Ausland angelegt haben. Im Fokus steht nicht nur Privatvermögen. Auch Konten von Treuhändern, Trusts und Stiftungen, die „Reiche“ gern zur Verschleierung ihrer Geschäfte nutzen, fallen darunter. Wichtige Finanzzentren ziehen zu Beginn ebenso mit wie einstige Steueroasen und Inselstaaten mit ihren unzähligen Briefkastenfirmen – etwa die Cayman-Inseln und Liechtenstein.

In bisherigen Steueroasen werden die letzten undeklarierten Vermögen vermutet. Von September 2018 an machen dann – nach jetzigem Stand – insgesamt 102 Länder mit - darunter Länder wie Panama, die Schweiz und Singapur. Was aktuellen Steuerbetrügern nichts mehr bringt, denn der erste Datenaustausch bezieht sich schon auf das Jahr 2017. Die USA sind zwar dabei, aber auf Basis eines anderen Systems.


Umfassend verschärfte Gesetze

Klar ist schon länger: Die Zeit des in vielen Ländern über Jahrzehnte hochgehaltenen Bankgeheimnisses neigt sich dem Ende. Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) jubelte schon Ende Oktober 2014, als die ersten Länder den Informationsaustausch in Berlin besiegelten: „Das Bankgeheimnis in seiner alten Form hat ausgedient.“ Das Entdeckungsrisiko sei nun sehr viel größer.

Und das war noch vor den Enthüllungen der „Panama Papers“ über dubiose Briefkastenfirmen vor mehr als einem Jahr. Als Konsequenz wurden mit dem „Panama-Gesetz“ die Daumenschrauben nochmals angezogen – national wie international. Ende April verabschiedete der Bundestag ein Gesetzpaket, mit dem weitere Steueroasen ausgetrocknet und Geldwäsche eingedämmt werden sollen. Die Maßnahmen treten im Januar 2018 in Kraft.

Unter anderem wird die seit mehr als zehn Jahren geltende Kontenabfrage ausgebaut. Damit wird das „steuerliche Bankgeheimnis“ abgeschafft, der in der Abgabenordnung geregelte besondere Schutz von Bankkunden wird aufgehoben. Das eigentliche, zivilrechtliche „Bankgeheimnis“ ist umfassender.

Im Mai billigte der Bundestag auch das Transparenzregister – ebenfalls als Folge aus der Aufdeckung Hunderttausender anonymer Briefkastenfirmen in Panama. Darin sollen die wahren Eigentümer von Unternehmen aufgeführt werden. Für erheblich Unruhe unter kriminellen Geld- und Steuerjongleuren dürfte auch die Nachricht von Anfang Juli gesorgt haben, dass das Bundeskriminalamt den riesigen Datensatz der „Panama Papers“ gekauft hat. Das Material wird auf mögliche straf- und steuerrechtliche Tatbestände hin abgeklopft.

Wird also das Ende von globalen Steuerbetrügereien im großen Stil eingeläutet? Eher nicht – auch wenn der Druck auf Steueroasen wirkt: Zuletzt stand nur der Karibikstaat Trinidad und Tobago auf einer „schwarzen Liste“ der Industrieländerorganisation OECD. Die Inselgruppe will aber 2018 beim Austausch mitziehen. Schäuble selbst räumt ein, dass der Kampf gegen immer neue „kreative“ Steuersparmodelle weitergehen wird.

Man laufe Gestaltungen immer ein Stück weit hinterher: „Das ist ein Kampf gegen Hydra.“ Aus Sicht von Markus Meinzer vom Netzwerk Steuergerechtigkeit wurde zwar einiges getan. Es gebe aber trotz der Reformen Schlupflöcher. So werde der automatische Informationsaustausch umgangen durch „Wohnsitz-Zertifikate“, mit denen Schattenfinanzplätze Vermögende locken.

Die könnten sich dort als ansässig melden und so den Datenaustausch aushebeln – Informationen zu Konten und Geldströmen würden an Schattenfinanzzentren gesendet statt an den richtigen Wohnsitz, sagt Meinzer: „Die „fake residencies“ sind eine weit verbreitete Masche.“

Und wer es sich leisten könne, werde immer wieder verschachtelte und komplexe Firmenkonstrukte einfädeln. Geht es nach Meinzer, sollten über Transparenzregister mehr Investoren und Hintermänner erfasst und diese auch öffentlich gemacht werden.

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