Steueroasen "Ikea hat Steuervermeidung perfektioniert"

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Warum wird die Marke Ikea innerhalb des Konzerns verkauft?

Ist das eine übliche Masche, um Steuern zu sparen, oder zeichnet sich das Modell der Marke IKEA durch besondere Tricks aus?
Kasperlik: Schon wenn man die Unternehmensteile skizziert, sieht man wie extrem verschachtelt das Konzept ist. Teilweise fließt das Geld dabei gleich zwei Mal durch dasselbe Land. Von „üblich“ würde ich also nicht sprechen. Dass die Marke IKEA innerhalb des Konzerns verkauft wurde, wirft zudem die Frage auf, warum ein Unternehmen so etwas macht. Das sehe ich in dieser Konstellation als sehr fragwürdig an. Und in meiner Arbeit kam ich zu dem Ergebnis, dass diese Konstruktion der Steuervermeidung dient.

Sehen Sie das auch so, Herr Würfele? Unterscheidet sich das Steuersparmodell von IKEA von anderen der von Ihnen untersuchten Konzerne?
Würfele: Im Detail hat jedes der von uns untersuchten Unternehmen seine eigene Konstruktion. Aber ich teile die Einschätzung von Frau Kasperlik, dass IKEA die Steuervermeidung besonders weit entwickelt hat. Was ich besonders auffällig finde ist, dass die Lizenzgebühren unter diesen Bedingungen der Aufspaltung von Namensrechten und Nutzungsgebühren sehr hoch erscheinen. 

 

Ist diese Art der Steuervermeidung illegal?
Kasperlik: In meiner Arbeit bin ich zu dem Ergebnis gekommen, dass die verwobene Konzernstruktur der Steuervermeidung dient. Meines Erachtens könnte hier ein Fall des Missbrauchs von Gestaltungsmöglichkeiten vorliegen. Der tatsächliche Sachverhalt müsste von den Finanzämtern genau geprüft werden. Wenn es sich um eine missbräuchliche Gestaltung handelt, müsste IKEA die vermiedenen Steuern nachzahlen. Es könnte also ein Steuernachzahlungsanspruch des Deutschen Staats gegen eine IKEA Gesellschaft bestehen. In diesem Fall wäre die Steuervermeidung illegal.

Ist diese Art der Steuervermeidung auch als Steuerhinterziehung zu werten Herr Würfele?
Würfele: Wie Frau Kasperlik ausgeführt hat, ist die erste Frage, ob die spezielle Unternehmenskonstruktion im Fall IKEA ausschließlich zum Zweck der Steuervermeidung geschieht und sich auch nicht durch einen anderen Grund rechtfertigen lässt. Dann könnte man in einem ersten Schritt von Missbrauch sprechen, der zu einem Nachzahlungsanspruch gegen das Unternehmen führen kann. Die nächste Stufe wäre zu untersuchen, ob sich deshalb eine natürliche Person, zum Beispiel die Geschäftsführung, strafbar gemacht hat. Sofern ein Vorsatz auf die Umgehung des deutschen materiellen Steuerrechts vorliegt, kann sich aus einem Missbrauch grundsätzlich auch eine Strafbarkeit, etwa Steuerhinterziehung, ergeben. Dies wäre die Frage einer Einzelfallprüfung.

Wie könnte der Gesetzgeber solche Steuerschlupflöcher schließen?
Kasperlik: Innerhalb der EU müsste die Steuergesetzgebung für große Unternehmen vereinheitlicht werden. Damit hätten die Unternehmen gar nicht die Möglichkeiten, durch so verschachtelte Unternehmensstrukturen Steuern zu vermeiden.
Würfele: Die Körperschafts- und Einkommenssteuersätze sollten innerhalb der EU generell harmonisiert werden. Damit wäre das Thema innerhalb Europas schon mal vom Tisch. Gleichzeitig haben wir aber schon Gesetze wie z. B. die Abgabenordnung, nach denen man diese Konstruktionen schon jetzt besteuern könnte. Auf kleine Mittelständler werden diese Gesetze ja auch ganz problem- und kompromisslos angewandt. Natürlich ist das bei großen Konzernen schwieriger, aber eben keineswegs unmöglich. Weil die Gesetze aber nicht gleichmäßig angewendet werden, haben wir de facto eine "Zwei-Klassen-Steuerpolitik".  

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