
Jetzt ist es raus: Die gefürchtete deutsche schwarze Liste unkooperativer Steuerparadiese bleibt zunächst leer.
Das Bundesfinanzministerium hat am Dienstag verkündet, dass derzeit "kein Gebiet" die Voraussetzungen für einen Platz auf der Liste erfüllt.
Das ist nicht nur für Steuerparadiese eine gute Nachricht, sondern auch für viele Unternehmer. Denn wer Geschäftspartner in Steuerparadiesen hat, muss vorerst keine Sanktionen und intensive Nachfragen des Fiskus fürchten. Das wäre der Fall gewesen, wenn das jeweilige Land auf der Liste gelandet wäre
Dass Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble kein Land für "unkooperativ" erklärt, ist aus zwei Gründen richtig.
Erstens macht er damit deutlich, dass die Zeit der Indianerrhetorik seines Vorgängers Peer Steinbrück vorbei ist - jetzt geht es um konstruktive Lösungen im Einvernehmen mit Schweiz & Co., nicht mehr um Sanktionsdrohungen mit Schaum vor dem Mund.
Zweitens gibt es derzeit tatsächlich keinen Grund, ein Land auf die Liste zu setzen. Schließlich haben sich alle Steuerparadiese kompromissbereit gezeigt. Einige haben ihr Bankgeheimnis bereits aufgeweicht (wie Liechtenstein), die anderen verhandeln derzeit mit Deutschland über ein neues Steuerabkommen (wie die Schweiz) oder haben zumindest Gesprächsbereitschaft signalisiert (wie Singapur).
Druck auf Steueroasen bleibt hoch
Die leere Liste ist aber keineswegs das "Ende des Kampfs gegen Steueroasen", den Grünen-Finanzpolitiker Gerhard Schick offenbar befürchtet.
Denn aus dem Schreiben des Bundesfinanzministeriums geht eindeutig hervor, dass "Staaten und Gebiete" jederzeit nachträglich auf die Liste gesetzt werden können. Das Ministerium werde "zum jeweils gegebenen Zeitpunkt" bekannt geben, ob ein Land die Voraussetzungen erfülle, heißt es.
Die Botschaft ist klar: Wenn Steuerparadiese von bereits gemachten Zusagen abrücken oder sich in den laufenden Verhandlungen gegen echte Zugeständnisse sträuben, können sie ruck-zuck doch noch auf der Liste landen. Das Damoklesschwert, das die schwarze Liste von Anfang an sein sollte, schwebt also weiter über den betroffenen Ländern.
Wer wie die Berliner "taz" meint, dass Steuerhinterzieher jetzt "aufatmen" können, liegt deshalb falsch und hat den Sinn des "Steuerhinterziehungsbekämpfungsgesetzes", das die schwarzen Liste vorsieht, nicht verstanden.
Das bereits im vergangenen Jahr verabschiedete Gesetz war von Anfang an vor allem eines: eine Drohgebärde, die untermauern sollte, dass Deutschland im Ernstfall zu Sanktionen bereit ist.
Bisher hat diese Strategie funktioniert. Schäuble macht also alles richtig, wenn er erstmal auf weitere Drohungen verzichtet und den weiteren Verlauf der Verhandlungen mit Steuerparadiesen wie der Schweiz abwartet.