Steuerschätzung 2020 1,7 Milliarden Euro weniger Steuereinnahmen als geplant

In diesem Jahr sind die Steuereinnahmen trotz schwächelnder Konjunktur nicht so niedrig wie erwartet. Quelle: dpa

Für die Einnahmen des Staates hatten viele angesichts der schwachen Konjunktur schon Rot gesehen. Doch ganz so schlimm kommt es nicht – zumindest in diesem Jahr.

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Die schwächelnde Konjunktur schlägt weniger auf die Staatseinnahmen durch als bisher befürchtet. Bund, Länder und Kommunen müssen im nächsten Jahr zwar mit 1,7 Milliarden Euro weniger Steuereinnahmen auskommen als zuvor erwartet. Für das laufende Jahr bleiben nach der Steuerschätzung vom Mittwoch aber erst einmal 2,6 Milliarden Euro mehr in den Kassen.

Mittelfristig dagegen sind die Prognosen schlechter: Bis 2023 rechnen die Steuerschätzer wegen der trüben Konjunktur mit insgesamt 7,1 Milliarden Euro weniger Steuereinnahmen als noch im Frühjahr vorhergesagt, wie das Bundesfinanzministerium bekanntgab. Mindereinnahmen von rund zehn Milliarden Euro für die Teil-Abschaffung des Solidaritätszuschlags sind darin noch nicht einmal berücksichtigt. Diskutiert wird nun, was die neue Prognose für die Projekte der Bundesregierung bedeutet, für die das erwartete Steuerplus eigentlich schon verplant war.

Auf den Steuerschätzungen basieren die Haushaltspläne der Bundesregierung und der Länder. Bereits im Mai hatten die Schätzer vorhergesagt, dass die Einnahmen des deutschen Staates nicht mehr so stark steigen würden wie in den Jahren zuvor. Für die Zeit bis 2023 hatten sie im Vergleich zur Vorprognose ein Minus von 124,3 Milliarden Euro berechnet.

Seitdem jedoch musste die Bundesregierung ihre Wachstumsprognose für das kommende Jahr noch einmal nach unten korrigieren. Inzwischen erwartet sie, dass das Bruttoinlandsprodukt nur noch um 1,0 Prozent wachsen wird, statt wie bisher um 1,5 Prozent. Auch die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute gehen nur von 1,1 Prozent Wachstum aus - und davon entfallen 0,4 Punkte allein auf mehr Arbeitstage im Kalender.

Scholz hält trotz der schwächelnden Konjunktur und hoher Ausgaben für den Klimaschutz an der schwarzen Null im Haushalt fest und stemmt sich vehement gegen Forderungen, die Niedrigzinsphase für neue Schulden zu nutzen. Vor allem mittelfristig könnte es aber enger werden - denn zusätzlich stehen ab 2021 womöglich Milliarden-Ausgaben für eine Grundrente an, über die Union und SPD schon seit Monaten verhandeln. Außerdem hat der Bund hoch verschuldeten Kommunen versprochen, bei der Tilgung von Altschulden zu helfen.

123 Euro Miete – pro Quadratmeter
Mit der Gründung der bundeseigenen Autobahn GmbH ist der Bund der Steuerzahler grundsätzlich zufrieden Quelle: ddp images
„Es ist eine große politische Blamage – und vor allem bitter für die Steuerzahler“, lautet das Urteil des Steuerzahlerbund zum Pkw-Maut-Desaster des Bundesverkehrsministeriums Quelle: dpa
Das Gästehaus der Bundesregierung ist das idyllisch gelegene Schloss Meseberg in Brandenburg Quelle: dpa
Deutsche Rentenversicherung Bund Mit ihrem Bauprojekt „Campus Hohenzollerndamm“ in Berlin hat es die Deutsche Rentenversicherung Bund in das Schwarzbuch geschafft. Für 241,5 Millionen Euro wollte sie einen Büroturm sanieren und ein neues Dienstgebäude errichten. Durch die Bauprojekte sollten eigentlich Funktionen gebündelt werden, die früher an verschiedenen Standorten untergebracht waren. Das Hochhaus, das Mitte der Siebzigerjahre gebaut wurde, sollte grundlegend saniert werden. Recherchen des Steuerzahlerbundes ergaben, dass der Neubau, ursprünglich mit 74,5 Millionen Euro veranschlagt, mittlerweile mit 90,5 Millionen Euro veranschlagt wird. Die Kosten für die Sanierung des Turms sind geradezu explodiert: Statt 29 Millionen soll diese mittlerweile 196 Millionen Euro kosten. Damit kosten die Baumaßnahmen nun insgesamt 45 Millionen mehr als ursprünglich geplant. Und damit nicht genug. Die tatsächlichen Mehrkosten dürften laut Steuerzahlerbund sogar noch darüber liegen. Das Fazit: „Verzögerungen im Vergabeverfahren sind ein häufiger Grund dafür, dass öffentliche Bauten später als geplant fertig werden und die Kosten steigen. Hier ist der Gesetzgeber gefragt, dem Problem ausufernder Nachprüfungsklagen einen Riegel vorzuschieben.“ Quelle: imago images
Immer wiederkehrend ist die Bundeswehr unter den Kritisierten des Steuerzahlerbundes. Quelle: dpa
„Bauvorhaben des Staates werden mit trauriger Regelmäßigkeit teuer als geplant“, kommentiert der Steuerzahlerbund im aktuellen Schwarzbuch. Quelle: dpa
„Bonn leistet sich ein teures Fass ohne Boden“, kommentiert der Bund der Steuerzahler die Sanierung der Beethovenhalle in der Bundesstadt. Quelle: dpa

Im laufenden Jahr hat Scholz dagegen plötzlich mehr Spielraum als erwartet. Der Bund allein nimmt vier Milliarden Euro mehr ein als gedacht. Hauptgrund sind nach wie vor robuste Einnahmen aus der Einkommen- und der Umsatzsteuer. Sie sprudeln, weil Beschäftigung und Gehälter nach wie vor steigen. Das wirkt sich positiv auf den Konsum der Bürger und so auch auf die Umsatzsteuer aus. Doch nicht nur die Steuereinnahmen stiegen in den ersten neun Monaten stärker als gedacht. Gleichzeitig musste der Bund weniger Zinsen für seine Schulden zahlen - und viel Geld, das für Investitionen gedacht war, wurde nicht abgerufen.

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