Steuersünder Wie Schleuser Schwarzgeld in Steueroasen verschieben

Die Deutschen verstecken Milliarden im Ausland – aus Angst vor Steuerfahndern, Erbstreitigkeiten oder einer teuren Scheidung. Weil Regierungen das Bankgeheimnis ausgehebelt haben, offerieren dubiose Anwälte jetzt Geldtransfers über anonyme Tarnfirmen. Einblicke in die dunklen Machenschaften professioneller Geldschleuser.

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Viele Schwarzgeldparadiese befinden sich auf Inseln in der Karibik Quelle: fotolia.com

Schon nach 2 Minuten und 23 Sekunden redet der Rechtsanwalt Klartext: „Geld verstecken ist total einfach, also, es ist wirklich sehr einfach.“ Viel über seine Gesprächspartnerin weiß er bislang nicht. Nur, dass sie einen Teil des Geldes aus dem Verkauf ihres Unternehmens am Fiskus vorbeischleusen will – mithilfe einer diskreten Tarnfirma. Für den Juristen mit Kanzlei in Miami gar kein Problem. „Wir nennen jemand anderen als Besitzer und machen eine Firma, in der Sie einfach überhaupt nicht erscheinen. Damit sind Sie völlig anonym“, versichert er.

Der Amerikaner mit deutschen Wurzeln gehört zu einer Szene von Anwälten und Beratern, in der jeder weiß, wie man Geld ins Ausland schleust und dort versteckt – vorm Fiskus, der Exfrau oder erbberechtigten Angehörigen. Dienstleistungen dieser Art sind derzeit mehr gefragt denn je: Weil Regierungen das Bankgeheimnis weltweit aushebeln, haben schlichte Schwarzgeldkonten ausgedient. Wer Geld sicher deponieren will, muss heutzutage Tarnfirmen im Ausland gründen, statt auf eigenen Namen ein Konto zu eröffnen. Und spezialisierte Anwälte wissen, wie das am besten funktioniert.

10 bis 20 Milliarden Euro fließen jährlich in solche Scheinfirmen, schätzt Dieter Ondracek, Chef der Deutschen Steuer-Gewerkschaft. Das zeigt: Der Kampf gegen Steuerbetrug und Geldwäsche ist mit dem Aus fürs Bankgeheimnis nicht vorbei. Wer sich gewiefte Berater leisten kann, hat weiter gute Chancen, den Fiskus in die Irre zu führen. Die Financial Action Task Force (FATF), die von 35 Staaten getragen wird, will deshalb im Februar eine schwarze Liste der Länder vorlegen, die dunkle Geschäfte mit Scheinfirmen dulden.

Die WirtschaftsWoche hat zum Schein Beratungsgespräche mit professionellen Geldschleusern geführt, um herauszufinden, wie sie Schwarzgeld ohne Bankgeheimnis sicher verstecken wollen – und welche Länder sie dafür empfehlen.

Voller Service für Hinterzieher

Der deutschstämmige Anwalt, für den Geld verstecken „total einfach“ ist, organisiert seine diskreten Dienste von einer kleinen Insel vor der Küste Miamis aus – ein guter Standort, um Kontakte in den Finanzzentren der Karibik zu pflegen. Auf die Insel führt eine schmale Brücke, an deren Ende ein Wärterhäuschen steht. Mit einem freundlichen Spruch schaffen es Besucher am Wachpersonal vorbei. Der Bungalow, in dem die Kanzlei residiert, ist nicht gerade ein Juwel: Die Farbe ist abgeblättert, die ramponierte Auffahrt braucht dringend eine neue Teerschicht.

Nach großem Geld sieht es hier nicht gerade aus. Aber das täuscht. Der umtriebige Anwalt weiß nicht nur, wie man Vermögen versteckt, sondern auch, wie man es sicher transferiert. Mandanten könnten das Geld „zum Beispiel auf mein Treuhandkonto“ überweisen, erklärt er. Von dort aus leite er es weiter auf die British Virgin Islands. Dorthin habe er seit „15 oder sogar 18 Jahren“ gute Kontakte. Die Gründung der Offshore-Firma könne er selbst in die Hand nehmen, persönlich erscheinen müssten Mandanten nicht.

Auf Tarnfirmen stoßen Fahnder oft. „Das ist ein Standardmodell, vor allem bei der organisierten Kriminalität, aber auch im Bereich Steuerhinterziehung“, sagt Georg Schmidt, Chef der Düsseldorfer Steuerfahndung. Bisher zeigten in der Regel aber nur Multimillionäre Interesse an den teuren und aufwendigen Konstruktionen. Doch seit das Bankgeheimnis geknackt wurde, steigt auch bei kleineren Fischen die Nachfrage. Die dubiosen Berater können ihnen ausgeklügelte Modelle präsentieren. „Die Konstruktionen werden immer komplexer“, sagt Klaus Olbing, Steueranwalt bei der Kanzlei Streck Mack Schwedhelm in Berlin.

Tarnfirmen und Treuhänder

Eine zentrale Rolle in diesen Modellen spielt der Treuhänder, der die Gesellschaft nach außen vertritt – und dem wahren Eigentümer damit ermöglicht, anonym zu bleiben. Die Rolle des Strohmanns übernimmt oft der Anwalt selbst. Einige Anwälte bieten zusätzlich Vermögenstransfers über unverdächtige Konten an. Schließlich ist es zu riskant geworden, Geld direkt in eine Steueroase zu überweisen oder gar mit einem Bargeldkoffer auf Reisen zu gehen.

Und für den Fall, dass die Behörden den Klienten nach dem Grund für den Transfer fragen sollten, liefert mancher Berater gleich noch eine Rechnung über eine angebliche Dienstleistung. „Das ist der perfekte Service zur Steuerhinterziehung“, sagt Steuer-Gewerkschaftschef Ondracek.

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