Streitfall des Tages Wenn Banker die Erben enteignen

Nach dem Todesfall des nahen Angehörigen droht immer wieder Ärger mit der Bank. Einige Banken weigern sich, den Erben alte Sparbücher auszuzahlen. Nicht der einzige Fall, bei dem Banker mauern. Wie Erben gegen halten.

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Der Schmu des Tages. Illustration: Tobias Wandres

Der Fall


Am Ende eines ereignisreichen Lebens bleibt oft nicht viel übrig. Ein voller Kleiderschrank, ein altes Auto oder der Lieblingsstock. Beim Blick in die Unterlagen eines Verstorbenen werden Erben trotzdem oftmals unverhofft fündig.

So entdeckte ein Erbe etwa ein uraltes, gedrucktes Sparbuch im Nachlass. Der letzte Eintrag war von 1959. Das Guthaben belief sich auf 106.000 Mark. Der Finder rieb sich verwundert und erfreut die Augen. Dann machte er sich auf den Weg zur  kontoführenden Bank. Dort bat er um genauere Auskünfte zu dem Sparbuch.

Das Auskunftsersuchen war letztlich vergebens. Denn das Geldinstitut bestritt die Echtheit des Sparbuchs und der darin enthaltenen Unterschriften. Und mauerte. Seitens der Bank hieß es, dass die im Sparbuch vorhandenen Unterschriften nicht von zeichnungsberechtigten Mitarbeitern der Bank stammten.

 

Die Relevanz

Eine bundesweit repräsentative Studie der Postbank in Zusammenarbeit mit dem Institut für Demoskopie Allensbach belegt, dass allein im Jahr 2011 Erbschaften im Wert von rund 233 Milliarden Euro bundesweit vergeben werden. In den vergangenen vier Jahren wurden allein von Kunden der Postbank etwa 3,5 Milliarden Euro vererbt. Rund 250.000 Kundenkonten waren hierbei involviert.

Der auf Erbrecht spezialisierte Rechtsanwalt Andreas Buntz aus München geht allerdings davon aus, dass ein gezieltes Zurückhalten von Informationen der Banken gegenüber eher die Ausnahme darstellt. Denn meist verfügte der Verstorbene über entsprechende Unterlagen wie Kontoauszüge, Depotübersichten oder Sparbücher. Diese gelangen dann nach seinem Tod regelmäßig in den Besitz der Erben.

Im darauf folgenden Prozess stellte ein Gutachter fest, dass es keinerlei Anhaltspunkte für eine Fälschung des Sparbuchs und der enthaltenen Einträge gibt. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main verurteilte die Bank deswegen zur Erteilung der verlangten Auskünfte (Az. 19 U 180/10).

Wenn Erben dann die verlangten Auskünfte von der Bank bekommen haben, sollten sie darauf achten, dass für diese nicht auch noch zahlen. Denn Entgelte für die Bearbeitung von Erbfällen sind grundsätzlich nicht zulässig. So sind die Meldung ans Finanzamt und die Kontoumschreibung auf die Erben kostenlos. Das belegen zwei Urteile (Landgericht Frankfurt, Az. 2/2 O 46/99 und Landgericht Dortmund, Az. 8 O 57/01).

Anders ist es, wenn Erben eine ausgiebige Beratung der Bank zur Verwendung des geerbten Vermögens wünschen. Dann darf die Bank ein gesondertes Honorar fordern.

 


Welche Gefahren bei Erben lauern

Der Experte

Der Erbrechtspezialist Andreas Buntz sieht grundsätzlich gute Chancen für Erben, wenn diese Auskünfte von Banken verlangen. „Sie können dort den Erbschein, oder das Testament vorlegen, und dann haben sie einen umfassenden Auskunftsanspruch“. Und dieser, so der Anwalt, erstrecke sich eben auch auf Vorgänge aus der Vergangenheit.

Allerdings reicht hier das Testament allein nicht aus. Sondern es muss dann noch das Protokoll der Eröffnungsverhandlung des Nachlassgerichts hinzugefügt werden. Doch auch das wird nicht immer von Banken akzeptiert. Wer sicher gehen will, legt den Erbschein vor.

Buntz unterscheidet zwei Fälle: Zum einen verweigern Banken die Auskunft mit der Begründung, diese sei bereits dem Kontoinhaber (oder beispielsweise auch einem Testamentsvollstrecker) erteilt worden. Zum anderen gibt es die Fälle, in denen Banken die Auskunft verweigern, weil die Legitimation der Erben nicht ausreicht. „In letzterem Fall wird die Auskunft aber in der Regel zu Recht verweigert“, weiß Buntz aus seiner Praxis.

Denn Banken dürfen gegenüber Erben schweigen, so lange deren Legitimation nicht vorliegt. Ist die Berechtigung jedoch geklärt, haben Erben laut Buntz grundsätzlich alle Rechte, die der Verstorbene selbst hatte.

Das Fazit

Erben können vorsorgen. Rechtsanwalt Buntz rät, rechtzeitig, also schon zu Lebzeiten eine vollständige, übersichtliche Aufstellung der Vermögenswerte anzufertigen, die dann später mal übertragen werden. Die Liste sollte bei Veränderungen stets aktualisiert werden. Quasi wie eine geordnete Buchhaltung.

Sind in diesen Listen dann auch die Bankkonten und Depots des Vererbenden enthalten, gibt es später mit den Banken weniger Probleme. Noch eine weitere Maßnahme macht den Deal mit den Banken später leichter. Dem überlebenden Ehegatten oder den Kindern sollten für die Konten Vollmachten über den Tod hinaus oder für den Todesfall erteilt werden, so der Anwalt.

So können diese gleich ohne umständliche Prozedur notwendige Verfügungen treffen. Die meisten Banken haben entsprechende Vollmachtformulare.

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