BGH verhandelt Dürfen Inkassodienstleister juristische Hilfe anbieten?

Legaltech-Dienstleister wenigermiete.de sieht den Prozessverlauf vor dem BGH bisher positiv. Quelle: dpa

Der Bundesgerichtshof hat verhandelt, ob Inkassodienstleister juristische Hilfe anbieten dürfen. Wenigermiete.de, das zu viel gezahlte Miete für Mieter eintreibt, sieht sein Geschäftsmodell durch den Prozess bestätigt.

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Der Prozess um den Legaltech-Dienstleister wenigermiete.de ist eine Hängepartie. Erst wurde die Verhandlung auf Oktober vertagt. Jetzt wird das Urteil erst am 27. November verkündet. Im Gerichtssaal in Karlsruhe war bisher nur eine vage Tendenz erkennbar.

Der BGH habe angedeutet, dass er die für Inkassounternehmen zulässigen Dienstleistungen weit fassen werden, sagt Daniel Halmer, Gründer von wenigermiete.de. Die Vorinstanz, das Landgericht Berlin, hatte das Geschäftsmodell von wenigermiete.de noch als unzulässige Rechtsberatung eingestuft. Die Berliner Richter bemängelten unter anderem einen Online-Vergleichsrechner, der für jeden Einzelfall ausrechne, ob eine Miete gegen gesetzliche Vorschriften verstößt. Eine andere Kammer des Berliner Landgerichts hatte mit dem juristischen Service von wenigermiete.de dagegen kein Problem.

Hinter wenigermiete.de steht das Legal-Tech-Unternehmen Lexfox. Es prüft für Mieter über ein Online-Portal, ob sie überhöhte Mieten zahlen, die gegen die Vorgaben der Mietpreisbremse verstoßen. Laut Mietpreisbremse dürfen Neuvertragsmieten maximal zehn Prozent über dem ortsüblichen Niveau gemäß Mietspiegel liegen. Überschreitet die Miete dieses Limit, treten die Mieter ihre Forderungen gegenüber dem Vermieter an Lexfox ab. Die Inkassospezialisten treiben die zu viel gezahlte Miete beim Vermieter ein.

Daniel Halmer sieht den Prozessverlauf „sehr positiv“. Schließlich habe der BGH auf Urteile des Bundesverfassungsgerichts von 2002 und 2004 verwiesen, dass Inkassounternehmen bestimmte Rechtsdienstleistungen erlaube (1 BvR 423/99, 1 BvR 725/03). Auch das 2008 eingeführte Rechtsdienstleistungsgesetz ändere nichts an der Gültigkeit der Urteile der Verfassungsrichter.

Kritiker der Legaltech-Branche hätten eingewandt, dass der Entscheid des Bundesverfassungsgerichts nach der Gesetzesreform von 2008 nicht mehr greife. Im BGH-Prozess ging es um einen Mieter, der 24 Euro pro Monat mehr Miete zahlen sollte als nach der Mietpreisbremse zulässig gewesen wäre.

Alexander Birkhahn

Rechtsanwalt Alexander Birkhahn, Partner der Kanzlei Dornbach in Koblenz, erklärt im Interview mit der WirtschaftsWoche, was sich aus dem bisherigen BGH-Verfahren ableiten lässt:

WirtschaftsWoche: Herr Birkhahn, sind Legal-Techs noch aufzuhalten?
Alexander Birkhan: Nach der geltenden Rechtslage ist zumindest fraglich, ob sie Rechtsberatung leisten dürfen. Aber die Rechtsprechung und die Gesetze können sich ändern. Ich glaube nicht, dass sich das Monopol der Rechtsberatung für Anwälte dauerhaft halten lässt.

Erst Ende November verkündet der BGH sein Urteil, es ist aber eine Tendenz erkennbar.
Allein der Verweis auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus 2004 belegt nicht, dass das Geschäftsmodell von wenigermiete.de tatsächlich legal ist. Denn die Verfassungsrichter haben damals nur außergerichtliche Leistungen als zulässig eingestuft. Es ging um Rechtsberatung durch Inkassodienstleister, bei denen es zwischen den streitenden Parteien zu einer außergerichtlichen Einigung gekommen ist. Unklar ist, was gilt, wenn Anwälte im Auftrag des Inkassounternehmens deren Kunden vor Gericht vertreten.

Inwieweit ließe sich ein BGH-Urteil auf andere Legal-Tech-Unternehmen übertragen?
Das hängt vom Geschäftsmodell ab. Was für das Mietinkasso zulässig ist, muss für andere Legal-Tech-Dienstleistungen nicht legal sein. Wenn etwa ein Inkassounternehmen Forderungen auf Abfindungen von einem Mandanten abkauft, wären das gegebenenfalls Finanzdienstleistungen, für die eine Banklizenz nötig wäre. Dass der BGH die Verkündung vertagt hat, zeigt, dass noch eine Reihe von Details zu klären sind.

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