
Es war keine Überraschung mehr nach den vorangegangenen Urteilen, etwa zum Adoptionsrecht. An diesem Donnerstag erklärten die Karlsruher Richter auch die Ungleichbehandlung von Ehen und eingetragenen Lebenspartnerschaften beim Ehegattensplitting für verfassungswidrig. Damit können auch Homo-Ehen die steuerlichen Vorteile eines Ehegattensplittings in Anspruch nehmen. Dies ist laut Karlsruher Urteil sogar rückwirkend bis ins Jahr 2001 möglich. Allerdings ist dies nur bei noch offenen Steuererklärungen möglich bzw. wo ein entsprechender Widerspruch gegen den Steuerbescheid erhoben worden ist. Für die Zukunft werden jährliche Mindereinnahmen von 30 Millionen Euro erwartet.





Bei der Ausweitung des Ehegattensplittings auch auf Homo-Ehen sind die Kosten eher untergeordnet. Vielmehr tobte bis zuletzt ein gesellschaftspolitischer Streit - insbesondere in der CDU. Konservative hielten daran fest, dass die Ehe den besonderen Schutz des Staates genießt. Dies betont auch das Grundgesetz in Artikel 6. Im Steuerrecht führte dies - bisher - zu dem Ergebnis, dass Familien eben dank Ehegattensplitting- wie eine Gewinngemeinschaft besteuert werden. Dieses steuerliche Privileg auch gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften einzuräumen fällt Konservativen schwer. Insbesondere die CSU widersetzte sich allen Änderungswünschen und wollte sich allenfalls vom Bundesverfassungsgericht zum Homo-Splitting zwingen lassen. Dies ist nun geschehen.
Für die Opposition ist das Urteil Grund genug, wieder einmal zu frohlocken. Die SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles erklärte: "Es ist beschämend, dass wieder einmal erst das Bundesverfassungsgericht angerufen werden musste, um die Bundesregierung auf den Boden des Grundgesetzes zu holen." Aber auch die FDP als Juniorpartner der Union begrüßt das Urteil. Ihr Generalsekretär Patrick Döring sagte, das Urteil sei ein "Schuss vor den Bug der Union, die sich in dieser Frage als Blockierer erwiesen hat". Moderater äußerte sich Außenminister Guido Westerwelle, der bekanntlich seit mehreren Jahren in einer gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaft lebt: "Es ist jetzt an der Zeit, dass das deutsche Steuerrecht so modern wird wie unsere Gesellschaft."
Steuern & Recht
Andere Unions-Politiker, allen voran Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen, plädierten schon vorher für die Einbeziehung vom Homosexuellen beim Ehegattensplitting. Auch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble war dafür, allein schon aus der politischen Überzeugung heraus, sich nicht vom Bundesverfassungsgericht treiben zu lassen. Nach dem Urteil erklärte etwa der CDU-Rechtspolitiker Jan-Marco Luczak: "Jetzt gilt es, das Heft des Handelns in die Hand zu nehmen und das Urteil unverzüglich umzusetzen. Bis zur Sommerpause haben wir noch zwei Sitzungswochen, das ist ausreichend Zeit."