
Im Jahr 2005 hatte das hessische Unternehmen Ille GmbH von der Deutschen Bank einen sogenannten Spread-Ladder-Swap gekauft, bei dem auf die Differenz zwischen kurz- und langfristigen Zinsen gewettet wird. Steigen die langfristigen Zinsen stärker als die kurzfristigen, verdient der Käufer. Doch bei Abschluss des Deals hatte das Produkt - wie fast alle komplexen Finanzprodukte - einen negativen Marktwert, den die Bank verschwieg. Die Zinswette ging in die Hose, die Ille GmbH kostete das eine halbe Million Euro. Doch nicht nur diese Firma verlor mit den riskanten Zinswetten: Rund 200 Mittelständler, Städte und Kommunen sollen mit dem Produkt Verluste eingefahren haben. Die Ille GmbH klagte, dass man sie nicht richtig über die Risiken aufgeklärt habe. Sogar der Vorwurf der arglistigen Täuschung stand im Raum, den die Karlsruher Richter aber nicht für beweisbar hielt. Dass sich das Unternehmen überhaupt auf den Deal einließ, lag laut Anwalt Jochen Weck daran, dass "die Swaps hochkomplizierte Derivate aus der spezialisiertesten Abteilung sind, die es bei der Deutschen Bank gibt." Sein Mandant habe das Produkt überhaupt nicht richtig durchschauen können. Dagegen hieß es vom Anwalt der Gegenseite, Reiner Hall, dass jeder Abiturient eine solche Formel problemlos verstehen könne.
540.000 Euro schadensersatz wegen schlechter Beratung
Das Unternehmen aus Altenstadt kämpfte sich gegen die größte Deutsche Bank vom Oberlandesgericht Frankfurt bis vor den Bundesgerichtshof in Karlsruhe. Nach der ersten mündlichen Verhandlung Anfang Februar vertagten die Karlsruher Richter die Entscheidung auf den heutigen 22. März. Doch schon im Februar war das heutige Urteil absehbar. Der Vorsitzende Richter, Ulrich Wiechers, äußerte nämlich bereits da Zweifel daran, dass die Deutsche Bank ihre Kunden richtig aufklärte. Insbesondere auf den negativen Marktwert hätte sie hinweisen müssen. "Vielleicht hätte es von der Bank eher heißen müssen: Finger weg", sagte er. Heute gab Wiechers dem Kläger Recht, die Deutsche Bank muss 540.000 Euro Schadensersatz zahlen. Ein Urteil, der eine enorme Tragweite für das Bankenwesen haben kann, abgesehen davon, dass nach diesem Erfolg die anderen Unternehmen und Stadtkämmerer nachziehen und die Bank verklagen könnten. Dann drohten Schadensersatzklagen in Millionenhöhe. Außerdem sind beim BGH noch acht Verfahren egen der Zinswetten anhängig, 17 in Vorinstanzen. Da Ille Recht bekommen hat, werden diese Unternehmen mit sicherheit auch Recht bekommen.
Folgen für die Banken
Deutsche Bank Verteidiger Hall hatte im Vorfeld davor gewarnt, dass ein Urteil zugunsten des Klägers eine zweite Finanzkrise hervor rufen könnte. So schlimm wird es nicht kommen, aber die Banken dürften es jetzt deutlich schwerer haben, komplexe bis undurchschaubare Finanzprodukte an den Mann zu bringen. Vor allem, wenn sie nicht mehr nur auf Chancen und Risiken hinweisen, sondern auch die Strukturen der Produkte offenlegen müssen.