Urteil zur Richterbesoldung Verfassungsgericht schafft endlich klare Regeln für Beamtengehälter

Das Bundesverfassungsgericht entwickelt erstmals konkrete Maßstäbe für die Angemessenheit von Beamtenbezügen. Das könnte eine lange schwelende Gerechtigkeitsdebatte befrieden.

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Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe mit Herbert Landau, Präsident Andreas Voßkuhle und Peter Huber, verkündet das Urteil zur Richterbesoldung. Quelle: dpa

Wenn es um die Gehälter von Beamten geht, stehen sich seit einiger Zeit zwei unvereinbare Positionen gegenüber. Auf der einen Seite Menschen aus dem marktwirtschaftlichen Teilen der Gesellschaft, die Staatsbedienstete grundsätzlich für überbezahlt halten. Auf der anderen Seite die Beamten selbst, die sich beschweren, dass sie alleine die Kosten der Sanierung öffentlicher Haushalte tragen müssten. Mit Argumenten war diesem Streit kaum beizukommen. Der eine nannte die Pensionsansprüche, der andere die Nullrunden. Der eine die Beihilfe, der andere das gestrichene Weihnachtsgeld. Im Kern aber steckt dahinter ein anderes Problem: das Alimentationsprinzip. Da Beamte dem Staat in besonderem Maße loyal gegenüber sein sollen, dürfen sie nicht streiken. Im Gegenzug soll der Staat stets für eine angemessene Besoldung sorgen. Doch damit fehlt auch der Ansatzpunkt, um die Angemessenheit von Gehältern grundsätzlich und öffentlich zu diskutieren. Anstatt Tarifverhandlungen zu führen, beschließen Bund und Länder einfach, wie sich die Besoldung der Beamten entwickeln soll. Der Beamte jammert, mal lauter, mal leiser. Oder genießt still.

Nebentätigkeiten der deutschen Bundesrichter

Diesem Problem könnte das jüngste Urteil des Bundesverfassungsgerichts nun erstmals ein Stück weit abhelfen. Die Obersten Richter haben sich mit den Richterbezügen in drei Bundesländern – Sachsen-Anhalt, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz – auseinandergesetzt. Sie stellen das Alimentationsprinzip dabei nicht infrage, beschränken aber erstmals den unbegrenzten Spielraum des Gesetzgebers anhand konkreter Parameter. So dürften sich zum einen die Tariflöhne im Öffentlichen Dienst nicht fundamental anders entwickeln als die Beamtenbezüge. Zudem dürften diese nicht komplett von der Entwicklung der Verbraucherpreise abgekoppelt sein. Auch müsse die Besoldung im Verhältnis der Berufsgruppen, sowie im Verhältnis zu anderen Bundesländern und zum Bund betrachtet werden. Werden bei der Mehrzahl dieser Parameter Fehler festgestellt, ist von einer fehlerhaften Besoldung auszugehen.

Für die klagenden Richter ist das nur ein teilweiser Erfolg: Die Beschwerden aus NRW und Rheinland-Pfalz wurden abgewiesen, die Besoldung von Jungrichtern in Sachsen-Anhalt hingegen ist demnach unzulässig und muss angepasst werden.

Für die gesellschaftliche Akzeptanz von Beamtengehältern aber ist das Urteil ein Erfolg. Denn das Gericht liefert hier einen nachvollziehbaren Baukasten an Kriterien, anhand derer sich die Besoldung von Richtern, Polizisten und Lehrern in Zukunft nachvollziehbar beurteilen lässt. Dass nimmt den Scharfmachern auf beiden Seiten die Luft aus den Segeln. Und erfüllt eine Vorschrift, die aus Kaisers Zeiten stammt, endlich mit demokratisch-transparentem Leben.

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