Wenn es der designierte Präsident Donald Trump und der Kongress mit der Ankurbelung der US-Wirtschaft ernst meinen, sollten sie – wie von Trump angekündigt – die Steuern auf Unternehmensgewinne kräftig senken.
US-Unternehmen würden im globalen Wettbewerb dann besser bestehen können. Und sie würden nicht mehr so viel Zeit und Energie in Steuervermeidungstaktiken stecken. Vor allem aber würden sie Billionen Dollar an gehorteten Gewinnen aus dem Ausland zurück in die USA holen.
All das scheint Trump klar zu sein. Im Wahlkampf trat er mit der Aussage an, die Steuer auf Unternehmensgewinne von 35 Prozent auf 15 Prozent senken zu wollen.
Zum Autor
Die beste Geschichte aus der aktuellen Ausgabe von Barron's, dem führenden amerikanischen Magazin für Geldanleger. Hier geht es zu Barron's Online.
Das wäre zu viel des Guten. Die Steuereinnahmen würden einbrechen, die Staatsverschuldung zulegen. Ein Satz von 22 Prozent könnte ein guter Kompromiss sein, bei dem genau so viel mehr versteuert würde, dass trotz des niedrigeren Steuersatzes für den Staat am Ende gleich viel herausspringt.
Die Idee, dass niedrigere Steuersätze dem Staat wenigstens gleich hohe Einnahmen bringen, geht auf den Ökonomen Arthur Laffer zurück. Laffers „dynamische“ Analyse von 1978 bezieht alle Verhaltensänderungen durch eine Steuersenkung ein. Unternehmen haben einen Anreiz, mehr Gewinn zu erzielen, wenn sie mehr davon behalten dürfen. Und sie müssen weniger Aufwand betreiben, Steuern geringzuhalten.
Es geht um viel Geld. So viel, dass US-Unternehmen bislang äußerst kreativ nach Steuerschlupflöchern suchen. Etwa mit einer mittlerweile eingeschränkten Praxis, die sich „Inversion“ nennt. Dabei wird ein international tätiger US-Konzern von einem Unternehmen gekauft, das seinen Sitz in einem Niedrigsteuerland wie Irland (12,5 Prozent Steuerquote) oder Kanada (26,7 Prozent) hat. Die in den USA erwirtschafteten Gewinne werden weiter nach US-Regeln besteuert, aber für die ausländischen Profite gilt der niedrigere Satz.
Oder US-Unternehmen eröffnen Töchter in Niedrigsteuerzonen und belassen die Gewinne dort. Eine Taktik, die dazu geführt hat, dass US-Unternehmen rund zwei Billionen Dollar außerhalb des Landes bunkern, die bei Rückführung den hohen US-Steuern unterliegen würden.
Dann gibt es das trickreiche Thema Verrechnungspreise. Zum Beispiel kann ein US-Unternehmen Material von einer Tochter in Irland beziehen, wo die Steuer wesentlich niedriger ist. Dabei werden nun – innerhalb gewisser Grenzen – überhöhte Preise für die eingekauften Güter verrechnet, was den Gewinn des US-Unternehmens drückt, jenen im steuergünstigen Ausland hingegen steigen lässt. Die Verrechnungspreise für Käufe und Verkäufe zwischen Unternehmen des Konzerns werden also, je nach Transaktionsrichtung, zu hoch oder zu niedrig angesetzt. Durch eine Steuersenkung würden all diese Manöver an Attraktivität verlieren. Und weil dadurch ein Anreiz entsteht, mehr in die Wirtschaft im Inland zu investieren, würden die Gewinne und damit letztlich das Steueraufkommen steigen.
Unterbietungswettbewerb läuft
Die in Washington ansässige Tax Foundation, ein unabhängiges Forschungsinstitut, erwartet geringere Staatseinnahmen durch Trumps Steuersenkungsplan. Denn damit würden kurzfristig „mehr Investitionen gefördert, was zu höheren Investitionsabschreibungen führen und damit die besteuerbaren Unternehmensgewinne reduzieren“ würde. Bei einer Betrachtung über einen Zeitraum von zehn Jahren jedoch – den die Tax Foundation selbst untersucht – zeigt sich, dass die zusätzlichen Investitionen mehr Gewinne und damit eine Erhöhung der besteuerbaren Einnahmen zur Folge hätten. Und selbst auf kürzere Sicht dürfte das Steueraufkommen durch indirekte Effekte steigen. Etwa wenn Aktionäre mehr Dividenden und Kursgewinne einstreichen und diese Einnahmen versteuern müssen. Oder wenn Angestellte dann mehr verdienen. Alles zusammengerechnet, könnte die Steuersenkung die Staatseinnahmen daher steigen lassen. Zunächst aber wäre vor allem die Ankurbelung der Wirtschaft fühlbar. Die meisten Handelspartner der USA setzen daher schon auf niedrige Steuersätze.
In den vergangenen 35 Jahren haben andere Länder bei den Spitzensteuersätzen auf Unternehmensgewinne wesentlich stärkere Einschnitte gemacht als die USA. Bei praktisch jedem Vergleich zwischen der Steuerlast in den USA (einschließlich lokaler Abgaben) und der Unternehmensbesteuerung im Rest der Welt zeigt sich, dass die Belastung in Amerika höher ist.
So beträgt der Spitzensteuersatz in den USA 35 Prozent – dazu kommen weitere vier Prozentpunkte auf lokaler Ebene. Das ist zum Beispiel mehr als der vergleichbare Satz in Deutschland oder Japan.
Gegner einer Senkung der Körperschaftsteuer weisen auf die vielen Schlupflöcher hin, die mit kreativer Buchhaltung schon heute genutzt werden. Eine Studie kam jedoch zum Schluss, dass die USA selbst bei Berücksichtigung dieser Schlupflöcher noch immer die zweithöchste effektive Steuerquote weltweit aufweisen.
Der Ökonom Gregory Mankiw von der Harvard University vertritt den Standpunkt, dass Steuersenkungen nicht den Unternehmen selbst nützen, denn sie seien letzten Endes gar nicht wirklich Steuerzahler. Stellt sich die Frage, wen die Hauptlast der Unternehmensbesteuerung trifft. Vielfach wird angenommen, das seien vor allem die Eigentümer wie Aktionäre, aber auch Anleiheinvestoren und selbst die Kunden würden einen Beitrag leisten.
Arbeitnehmer profitieren
Chris Edwards und Daniel J. Mitchell vom libertären Thinktank Cato Institute argumentieren plausibel, dass die Steuerzahler in der heutigen Welt vor allem die Arbeitskräfte sind: „In der globalisierten Wirtschaft wird die Last der Unternehmensbesteuerung hauptsächlich in Form niedrigerer Löhne von den Arbeitskräften getragen. Wenn amerikanische und ausländische Halbleiterhersteller und Pharmafirmen wegen der höheren Steuern keine Fabriken in den USA bauen, leiden die amerikanischen Arbeitnehmer darunter.“
Doch ganz entziehen kann sich niemand. Irgendwo muss jedes Unternehmen Steuern zahlen. Wenn die Körperschaftsteuern in vielen Ländern über die Jahre gesenkt wurden, dann sollte man annehmen – sofern man nicht an den „Laffer-Effekt“ glaubt –, dass die entsprechenden Steuereinnahmen gesunken sind; insbesondere da die Unternehmen tendenziell in Niedrigsteuerländer ausweichen.
Doch eine statistische Analyse zeigt, dass dies nicht der Fall ist. Tatsächlich deuten die Ergebnisse eher daraufhin, dass eine niedrigere Körperschaftsteuer einen Zuwachs und keinen Rückgang des Steueraufkommens gebracht hat. Eine Steuersenkung könnte somit nicht nur aufkommensneutral sein, sondern die Einnahmen steigen lassen. Das würde gut zu Laffers Analyse passen.
Für die zwei Billionen Dollar von US-Firmen im Ausland geparkte Gewinne wäre ein „Amnestiesteuersatz“ von zehn Prozent angemessen, um eine Rückführung zu erreichen. Die Unternehmen haben ja bereits dort Steuern entrichtet, wo sie die Profite gemacht haben, sodass ein Nachlass gerechtfertigt ist. Zehn Prozent wären daher ein guter Kompromiss. Nun müssen den Worten nur noch Taten folgen.