Verkehrsrecht Expertenrat zum Thema Radarfallen

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Richter streiten über das Verfassungsgerichtsurteil zu automatischen Aufnahmen von Rasern. Was die Verfassungshüter entschieden haben – und wie andere Gerichte das Urteil interpretieren.

Bundesverfassungsgericht. Ein Autofahrer wurde auf der A 19 von einer automatischen Videokamera erfasst. Die Aufnahme ergab: Er hatte 129 Stundenkilometer drauf, obwohl nur 100 erlaubt waren. Gegen das Bußgeld von 50 Euro und die drei Punkte in Flensburg wehrte sich der Mann: Für die verdachtsunabhängige, automatisierte Überwachung gebe es keine Rechtsgrundlage. Stimmt, sagten die Richter. Die automatische Aufzeichnung sei ein Eingriff in das Persönlichkeitsrecht. Das Amtsgericht Güstrow müsse den Fall neu aufrollen und prüfen, ob es eine gesetzliche Grundlage gebe (2 BvR 941/08).

Amtsgerichte. Eine solche Grundlage gibt es nicht, meinen viele Richter. Mit diesem Argument sprach das Amtsgericht (AG) Grimma einen Autofahrer frei, der geblitzt worden war. Fotos dürfen ebenso wie Videos nicht mehr als Beweis verwertet werden, denn im Urteil der Verfassungshüter sei „ausdrücklich von Bildern die Rede, nicht nur vom Video“ (003 Owi 153 Js 30059/09). Auch das AG Eilenburg sieht keine gesetzliche Basis für die Verwertung von Blitzer-Fotos (5 Owi 253 Js 53556/08). Das AG Saarbrücken hält Fotos und Videos dagegen für verwertbar. Zwar sei eine gesetzliche Basis wohl „bundesweit nicht vorhanden“. Das führe aber nur zu einem Beweiserhebungs- und nicht zu einem Verwertungsverbot (22 Owi 68 Js 734/09).Oberlandesgericht Bamberg. Die Richter erklärten eine Videomessung für zulässig, bei der zunächst zwei Übersichtskameras den Verkehr filmten. Erst als auf den Bildern ein Raser zu erkennen war, aktivierte ein Beamter die „Identifizierungskamera“. Für deren verdachtsabhängige Aufnahmen gebe es eine gesetzliche Grundlage, so die Richter – und zwar Paragraf 100 h der Strafprozessordnung, der Ermittlern erlaubt, außerhalb von Wohnungen „Bildaufnahmen“ von Verdächtigen zu machen (2 Ss Owi 1215/09).

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