
77 Jahre waren Versicherungsvermittler gut geschützt. Sie durften Kunden keine "Sondervergütungen gewähren", ihnen Provisionen nicht zurückzahlen. Für
Lebensversicherungen erhalten Vermittler rund vier Prozent der Gesamtbeiträge. Die dürfen sie behalten, selbst wenn der Kunde nach einigen Jahren kündigt.
Doch nun kippte das Verwaltungsgericht Frankfurt das Weitergabeverbot (9 K 105/11.F): Es sei zu unbestimmt. Geklagt hatte der Vertrieb AVL, der Kunden den
Abschluss von Fondspolicen anbietet – ohne Beratung. Dafür erstattet AVL die meisten Provisionen. Die Finanzaufsicht BaFin hatte deshalb 100.000 Euro Bußgeld
angedroht.
Billiger Versicherungsvermittler gesucht
Die Versicherungslobby ist vom Urteil enttäuscht. Ohne Verbot würde sich der Fokus des Verbrauchers weg vom besten Produkt hin zum billigsten Vermittler verlagern, sagt Jörg von Fürstenwerth vom Branchenverband GDV. Dass Beratung gegen Provision zum besten Produkt führt, bezweifeln Verbraucherschützer. Fällt das Abgabeverbot, bekämen auch Berater, die für ein fixes Honorar arbeiten, mehr Auswahl.
Bislang bieten Honorarberater nur Policen ohne Provisionen an. "Künftig könnten Honorarberater auch Provisionsprodukte anbieten und Provisionen weiterreichen", sagt Dieter Rauch vom VerbundDeutscher Honorarberater. Er hält provisionsfreie Policen aber meist für besser, da auch andere versteckte Gebühren wegfielen. Noch ist es nicht so weit: Die BaFin kann Berufung einlegen oder direkt vor das Bundesverwaltungsgericht ziehen.